Die Formel-1-Saison 2009 hatte von allem etwas - von manchem vielleicht sogar ein bisschen zu viel. Es gab Lügen, Skandale und Intrigen. Es gab Überraschungen, Streitereien und Gerichtsverhandlungen. Das Jahr war eine brisante Mischung aus Hollywoodblockbuster und Seifenoper.

Sportlich krachte es gewaltig: Die Spitzenteams von einst verbockten das neue Reglement, konzentrierten sich zu lange auf den WM-Kampf des Vorjahres und verloren massiv an Boden. An ihre Stelle traten Überraschungsteams wie Red Bull und die Sensationsweltmeister von Brawn GP - ein Team, das vor Saisonbeginn von Honda verlassen, vom Teamchef gerettet und hinterher groß gefeiert und von Mercedes gekauft wurde. Eine Geschichte, wie sie sonst nur in Märchenbüchern geschrieben steht.

Saisonziel erreicht, FIA?

Der Streit zwischen FIA und FOTA, Montezemolo und Mosley wurde geschlichtet., Foto: Sutton
Der Streit zwischen FIA und FOTA, Montezemolo und Mosley wurde geschlichtet., Foto: Sutton

Weniger märchenhaft waren die dunklen Seiten der Saison 2009. Zum einen waren da natürlich die schier endlosen Streitigkeiten zwischen der FIA und der FOTA, die zum Glück ein friedliches Ende fanden und nicht in einer Abspaltung der Hersteller in eine eigene Rennserie endeten. Wohin das geführt hatte, mag man sich angesichts der danach angekündigten F1-Ausstiege von BMW und Toyota und der Ungewissheit bei Renault gar nicht ausmalen. In einer Serie mit Ferrari und Mercedes hätte Luca di Montezemolo tatsächlich mehr als seine erwünschten drei Ferrari einsetzen müssen...

Max Mosley wusste das schon immer - jedenfalls kaute er der F1-Welt seit Jahren vor, dass die Hersteller kommen und gehen würden, wie es ihnen gefalle. Als Teil der FIA-FOTA-Schlichtung zwischen Mosley, Montezemolo und Bernie Ecclestone willigte der FIA-Präsident ein, sich nicht noch einmal zur Wahl zu stellen - obwohl er dies danach immer wieder noch einmal androhte, wenn die Dinge aus den Fugen zu geraten drohten.

Statt Mosley ist seit Ende Oktober Jean Todt neuer Präsident des Weltverbands - er setzte sich deutlich gegen Ari Vatanen durch. Die Wahlschlammschlacht hätten sich beide ersparen können. Genauso wie Bernie Ecclestone einige seiner Kommentare über Hitler, die ihm weltweit Ärger einbrachten.

Saisonziel erreicht, Skandalnudeln?

Der Diffusor sorgte für viel Aufregung in der F1-Welt und jede Menge zusätzlicher Kosten., Foto: P. Filisetti
Der Diffusor sorgte für viel Aufregung in der F1-Welt und jede Menge zusätzlicher Kosten., Foto: P. Filisetti

Das war aber nicht der einzige Skandal: Liegate, Crashgate, Renaultgate (das verlorene Rad von Fernando Alonso in Ungarn und die vorschnelle Rennsperre dafür, die wieder aufgehoben wurde) und Diffusorgate hielten die Berufungsgerichte und den FIA-Weltrat auf Trab. Vor allem der Diffusorstreit überschattete zu Saisonbeginn die sportlich abwechslungsreichen Rennen - immerhin ermöglichte es ausgerechnet die Regelauslegung von Toyota, Williams und vor allem Brawn GP diesen Teams, der Konkurrenz weit zu enteilen.

Die anderen Rennställe rüsteten nach dem verlorenen Einspruch teuer nach und siehe da: Sie holten auf! Ganz allein am Diffusor kann die Überlegenheit von Brawn in den ersten sieben Rennen (in denen Jenson Button sechs Siege einfuhr) allerdings auch nicht gelegen haben. Sonst hätte es nicht mit dem doppelten Titelgewinn geklappt.

Ein weiteres Dauerbrennerthema waren die Starterlisten: Angefangen mit der Auswahl der zunächst drei Neueinsteiger für 2010 bis zum noch andauernden Chaos um den 13. oder gar 14. Startplatz des Sauber Teams. Transparenz stand mal wieder nicht an der Tagesordnung. Stattdessen sorgten der geplatzte Qadbak-Deal (bei dem sich BMW und deren Rechtsabteilung nicht mit Ruhm bekleckerten) und vor allem der Wirbel um einen angeblichen Cosworth-Zwang für neue F1-Teams für Unverständnis. Ein französisches Gericht wies die Klage eines abgelehnten Bewerberteams zwar ab, aber David Richards hatte ebenfalls öffentlich kritisiert, dass er nur 2010 hätte starten dürfen, wenn er einen Cosworth-Motor benutzt hätte.

Saisonziel erreicht, Sparfüchse?

Testverbot: Michael Schumacher musste mit einem 2007er Auto testen., Foto: Ferrari
Testverbot: Michael Schumacher musste mit einem 2007er Auto testen., Foto: Ferrari

Und wie war das nun mit dem Sparen? Wie in jeder Saison wurden vor Saisonbeginn neue Regeln eingeführt, die die Show verbessern, die Formel 1 umweltbewusster machen und die Kosten senken sollten. Gleichzeitig bastelte man bereits eifrig am Reglement für 2010 und danach - zum Glück wurden Dinge wie die Zweiklassen-Formel 1 und die Budgetgrenze in ihrer extremen Form abgewiesen, stattdessen sollen die Kosten zukünftig nach FOTA-Vorbild gesenkt werden.

Schon dieses Jahr sanken die Kosten bei den Teams beträchtlich - etwa durch das Testverbot während der Saison -, wenn da nicht die Mehraufwendungen für Dinge wie KERS oder den Doppeldiffusornachbau gewesen wären. Aber jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten: Keine Tests, keine Kosten, aber auch keine Bewährungsproben für Nachwuchsfahrer, die sich für die Formel 1 empfehlen möchten - oder für Ersatzfahrer, die kurzfristig einspringen müssen.

Jaime Alguersuari beging sein GP-Debüt als jüngster F1-Pilot aller Zeiten mit gerade einmal ein paar Straight-Line-Tests auf dem Buckel - dafür schlug er sich gut. Luca Badoer sprang nach über einem Jahr ohne F1-Test und ohne Erfahrung mit dem neuen Ferrari ins Auto - ein bisschen besser hätte er mit Testfahrten sicher sein können. Ganz zu schweigen von Michael Schumachers Test in einem 2007er Ferrari.

Saisonziel erreicht, neues Reglement?

An den Anblick gewöhnt, mehr Überholmanöver würden die Autos noch ansehnlicher machen., Foto: Sutton
An den Anblick gewöhnt, mehr Überholmanöver würden die Autos noch ansehnlicher machen., Foto: Sutton

Apropos Medaillen: Bernie Ecclestone hätte für 2009 gerne ein Medaillensystem durchgedrückt, bei dem jener Fahrer Weltmeister wird, der die meisten Siege holt. Das wäre so oder so Jenson Button gewesen, allerdings hätte der Brite den Titel nach dem Ecclestone-System viel früher geholt! Am Ende ärgerte sich der F1-Boss sogar, dass die WM nicht bis zum Finale spannend blieb - man kann eben nicht alles haben und sollte manches doch etwas genauer durchdenken.

Nicht ganz so stark wie über die zukünftigen Änderungen für die kommenden Jahre wurde über die Regeln für 2009 diskutiert: KERS ging zunächst wegen des Diffusorstreits unter, danach wurde es von fast allen Teams ausgebaut - nur Ferrari und McLaren setzten es bis zum bitteren Ende ein und wurden dafür mit zusammen drei KERS-Siegen belohnt. Finanziell: Ein Reinfall. Sportlich: Kein Gewinn, da nicht zwingend für alle vorgeschrieben. Wer KERS einsetzte, hatte eine schlechtere Gewichtsverteilung. Wer erst gar nicht damit plante, konnte die neuen Aerodynamikregeln viel besser implementieren.

Apropos neue Aerodynamik: So hässlich die neuen Autos mit ihren Stummelheckflügeln und Schneepflugfronflügeln zu Beginn aussahen, so schnell gewöhnte man sich daran. Nur dumm: Der Plan damit mehr Überholmanöver zu ermöglichen, ging nicht auf. Dafür gab es keine Probleme mit der neuen Motorenregel, die nur noch 8 Motoren pro Fahrer zuließ - nur Nick Heidfeld musste ein neuntes Aggregat einsetzen, das aber aus taktisches Gründen, als er ohnehin schon aus der Box starten musste und dadurch ein frisches Triebwerk mehr hatte. Ansonsten hielten die Motoren aller Hersteller durch - Mercedes kam sogar ohne jeden Motorschaden durch die Saison, und das mit drei Teams und sechs Autos pro Rennen!

Die Teams

Zehn Teams waren in der Saison 2009 am Start. Einige überraschten, einige enttäuschten, einige erlebten eine Achterbahnfahrt der Gefühle von unten nach oben und umgekehrt. Im Tagesrhythmus stellt Motorsport-Magazin.com die traditionelle Saisonrückblicksfrage: Saisonziel erreicht? Den Anfang macht am Mittwoch die Scuderia Toro Rosso.

02.12. - Saisonziel erreicht, Toro Rosso?
03.12. - Saisonziel erreicht, Force India?
04.12. - Saisonziel erreicht, Renault?
05.12. - Saisonziel erreicht, Williams?
06.12. - Saisonziel erreicht, BMW Sauber?
07.12. - Saisonziel erreicht, Toyota?
08.12. - Saisonziel erreicht, Ferrari?
09.12. - Saisonziel erreicht, McLaren?
10.12. - Saisonziel erreicht, Red Bull?
11.12. - Saisonziel erreicht, Brawn GP?