Kaum hat man ein eigenes Team, kommen auch schon die Probleme: Nach dem Abschied von Weltmeister Jenson Button - in dieser Form sicher nicht wirklich geplant - steht Mercedes vor der Frage, wen man als Teamkollegen des bereist feststehenden Nico Rosberg ins gerade neu übernommene Weltmeisterteam von 2009 holt. Die logische Wahl kann eigentlich nur Nick Heidfeld sein.

Das Team will in der kommenden Saison an die Erfolge dieses Jahres anknüpfen, dass man dazu erfahrene Top-Piloten brauche, hat Ross Brawn immer wieder betont. Und dass er viel von Heidfeld hält, zeigt sich daran, dass er in den letzten beiden Jahren auch immer wieder Interesse an ihm zeigte. Brawn-Geschäftsführer Nick Fry ließ in Interlagos unter der Hand durchblicken ließ, er gehe zwar davon aus, dass man sich mit Button einigen werde, sollte das aber wider Erwarten doch nicht klappen, werde man sofort auf Heidfeld zurückkommen.

Hohe Wertschätzung für Heidfeld

Selbst bei McLaren wurde Heidfeld hoch eingeschätzt., Foto: Sutton
Selbst bei McLaren wurde Heidfeld hoch eingeschätzt., Foto: Sutton

Wie hoch "Quick Nick" in Fachkreisen eingeschätzt wird, zeigt sich auch daran, dass McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh eigentlich lieber Nick Heidfeld als Jenson Button zu den Briten geholt hätte - auch wenn er offiziell jetzt natürlich anderes behaupten muss.

Doch der Wunsch von Ron Dennis, der in Wirklichkeit bei McLaren immer noch die Strippen zieht, Mercedes zum Abschied noch eins auszuwischen, in dem man den Stuttgartern den amtierenden Weltmeister und die Startnummer 1 vor der Nase wegschnappt, war stärker, zusammen mit dem Einfluss von Sponsor Vodafone, der sich ja auch für ein rein britisches Team mit den beiden Weltmeistern stark machte. Für Whitmarsh besteht jedenfalls, wie er gegenüber einem ihm sehr eng vertrauten britischen Kollegen erklärte, auch überhaupt kein Zweifel, dass Heidfeld jetzt bei Mercedes unterkommen werde...

Keine Alternativen

Außer dem, wie Norbert Haug zuletzt immer wieder betonte, auch von Mercedes geschätzten Mönchengladbacher bietet sich eigentlich niemand an. Kimi Räikkönen hat über sein Management verkünden lassen, dass er 2010 nicht Formel 1 fahren werde, wohl auch in dem Wissen, dass er bei seinen Gehaltsforderungen für Mercedes noch weniger ein Thema sein konnte wie für McLaren. Namen wie Kovalainen oder Trulli können vom Leistungsvermögen her keine ernsthafte Konkurrenz für Heidfeld sein.

Ralf Schumacher würde gerne zurückkommen., Foto: DTM
Ralf Schumacher würde gerne zurückkommen., Foto: DTM

Auch kein Ralf Schumacher, nach zwei Jahren Formel-1-Pause, obwohl der Mercedes DTM-Pilot wohl bei Norbert Haug in diese Richtung baggert, aber auch schon zu Sauber seine Fühler ausgestreckt hat, also auf jeden Fall an ein Formel-1-Comback denkt. Und auch keiner der Mercedes DTM-Piloten, ob Gary Paffett oder Paul de Resta - nicht bei einem Ross Brawn, der von Formel-1-Neulingen grundsätzlich nichts hält, geschweige denn von solchen, die seit Jahren keine Rennen mehr in einem Formel-Auto gefahren sind...

Das Gerücht um Michael Schumacher

Bleibt noch der in der internationalen Gerüchteküche schon wieder an allen möglichen Stellen als potentieller Mercedes-Pilot gehandelte Michael Schumacher. Der ließ über seine Sprecherin Sabine Kehm zunächst einmal dementieren: "Man sagt in diesem Sport niemals nie, aber das kann man momentan ausschließen. Das ist höchst unwahrscheinlich." Allerdings ist aus gewissen Kreisen rund um Willi Weber zu hören, dass die Idee anscheinend nicht so völlig aus der Welt ist, dass man bei Mercedes tatsächlich mit dem Gedanken spiele und auch Michael Schumacher in Wirklichkeit davon angetan sei - und sich inzwischen gesundheitlich zutraue, wieder zu fahren. Größtes Hindernis sei im Moment, dass Ferrari den siebenmaligen Weltmeister nicht aus seinem Vertrag mit den "Roten" herauslassen wolle.

Kimi Räikkönen hat sich selbst aus dem Spiel genommen., Foto: Sutton
Kimi Räikkönen hat sich selbst aus dem Spiel genommen., Foto: Sutton

Dass das Argument "Geld" im Falle von Schumacher für Mercedes angesichts des sicheren Werbeeffekts keine Rolle spielen würde, ist anzunehmen. Die Probleme, welche die ganze Idee eher wie hoffnungsvolle Traumtänzerei aussehen lassen, sind andere. Wie lange würde es dauern, die Vertragssituation bei Ferrari zu klären? Würden die Italiener überhaupt mitspielen? Ist Schumacher dann auch wirklich fit? Schließlich hatte er sich ja auch vor dem Ferrari-Test im August fit genug gefühlt - nur um dann eines Besseren belehrt zu werden.

Wer Schumacher an die zwei Monate nach jenem Test sah, immer noch mit Problemen, so ganz normal den Kopf zu drehen, stellt sich auch Fragen... Und kürzlich beim Race of Champions war das Argument, warum Schumacher nur in bestimmten Autos fuhr, genau der Nacken - auch wenn da schon gemunkelt wurde, vor allem Ferrari habe sich da gegen gewisse Starts quergelegt... Bevor Schumacher nicht noch einmal zu einem Test im Auto gesessen hat, was nach Reglement rein theoretisch bei den Rookie-Tests im Dezember möglich wäre, lässt sich mit Sicherheit überhaupt nichts sagen...

Risiko oder Sicherheit?

Könnte Schumacher überhaupt wieder fahren?, Foto: Sutton
Könnte Schumacher überhaupt wieder fahren?, Foto: Sutton

Und da liegt ein großes Risiko: Sollte entweder Ferrari bis dahin keine Freigabe geben, womit man durchaus rechnen kann, schließlich sieht Luca di Montezemolo sicher keinen Grund, Mercedes diesen Gefallen zu tun, sich alles noch weiter hinauszögern und sich dann herausstellen, dass es eben aus gesundheitlichen Gründen doch nicht geht, oder Ferrari generell blockiert, steht Mercedes möglicherweise ganz dumm da. Denn ewig kann auch ein Nick Heidfeld, der auch bei Sauber ganz oben auf der Wunschliste steht, sicher nicht warten. Sobald Sauber den Startplatz sicher hat, was hoffentlich nächste Woche der Fall sein soll, wird man dort bei den Fahren Nägel mit Köpfen machen wollen und müssen. Heidfeld wird im eigenen Interesse dann auf Nummer Sicher gehen müssen und wäre weg vom Markt.

Aber vielleicht ist die Sorge ja unbegründet, die ganze Schumi-Story wieder nur aus bestimmten Ecken aufgeblasen, und Mercedes und Ross Brawn kommen relativ bald zur der vernünftigen, sportlich vielversprechenden und nebenbei noch finanziell relativ günstigen Lösung Nick Heidfeld, die auch schnell Ruhe ins Team bringt und nebenbei beweist, dass ab und an in der Formel 1 auch noch realistische und logische Entscheidungen getroffen werden.