Wenn sich das Jahr dem Ende neigt, wollen die Menschen immer viel über das neue Jahr und ihre Zukunft wissen. Sie lassen sich aus Handflächen lesen, befragen Kaffeesatz, Eingeweide und Knochenreste. Sogar Horoskopen sollen manche Glauben schenken.

Fünf Deutsche und ein Schweizer vertrauen lieber auf Altbewährtes: Eine echte Kristallkugel. Damit lässt sich alles vorhersagen: Wetter, Weltmeister und Was auch immer. Kurz vor der Abreise zum Kristallkugeltreffen in Südamerika bemerkte Timo, dass seine Kugel einen Sprung hatte - Pech, so mussten Sebastien, Sebastian, Adrian, Nico und Nick alleine nach Sao Paulo reisen.

Adrian zeigt seine Kugel gerne her., Foto: Sutton
Adrian zeigt seine Kugel gerne her., Foto: Sutton

"Wir wissen in welche Richtung wir uns bewegen müssen", gab Nico die Marschroute vor. Er wusste genau, wie er mit seiner Reisetruppe und dem ebenso wertvollen wie zerbrechlichen Handgepäck sicher ans Ziel kommt. "Es wird auch davon abhängen, wie sich die Strecke entwickelt." Schließlich ist es nach der Ankunft in Sao Paulo nicht damit getan, einfach aus dem Flieger zu steigen und die glitzernde Kristallkugel in die Sonne zu halten. Dann ist man sie schneller los als man denkt. "Man muss immer einen Kompromiss eingehen", betonte Nico und hielt seine Kugel vor allzu interessierten Augen verdeckt.

Adrian störte sich nicht an den Geschichten um gestohlene Kristallkugeln und Raubüberfälle. Er lässt es gerne krachen. Vielleicht hat er sich deshalb auch die Wettervorhersage als seine Kristallkugel-Paradedisziplin ausgesucht. "Das Wetter war ein bisschen verrückt und ich glaube, dass heute jeder mit mehr Regen gerechnet hat." Nur er nicht, denn ihm hatte seine gut polierte Kugel schon gestern gesagt: Das wird nichts mit Monsunregen! Er hatte schon vorher erfahren: "Am Nachmittag war es teilweise feucht und dann wieder trocken. Den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, war heute ganz wichtig."

Sebastian vertraut lieber dem Kaiser als der Kugel., Foto: Sutton
Sebastian vertraut lieber dem Kaiser als der Kugel., Foto: Sutton

Trotz der erfolgreichen Vorhersagen von Adrian blieb Sebastian skeptisch. "Ich glaube, wir können uns nicht ganz auf die Wettervorhersagen verlassen. Wir müssen immer wieder nach oben schauen und sehen, was passiert." So hat er zwar seine eigene Kristallkugel dabei, aber lieber beruft sich Sebastian auf erprobte Mittel des Kaisers: "Schau mer mal, wie es läuft."

Auch sein Namensvetter Sebastien hat so seine Zweifel an der Tauglichkeit der glitzernden Glasteile. "Nach zehn Runden sind sie verbraucht", zweifelt er an ihrer Haltbarkeit. Und siehe da: Kaum kam er einem italienisch-indischenen Kugelimitat zu nahe, zersprang seine teure Schweizer Wertarbeit in tausend Teile. Für ihn ein klarer Fall: Ab sofort setzt er auf moderne Technik. Denn was seine Kristallkugel kann, "das hat schon die Simulation vorhergesagt".

Und was sagt einer zu den ganzen Vorhersagen, der es eigentlich wissen müsste? Immerhin ist Nick schon im zehnten Jahr in der Königsklasse der Wahrsager aktiv. "Es ist ganz okay." Dann legt er kurz den Kopf ein bisschen schief, lächelt aus dem Bart heraus und fügt hinzu: "Man hat zwar nicht mehr daran geglaubt, dass es passieren kann, aber sie haben einen guten Job gemacht."