Selten war die Wahl zum Mann des Rennens so einfach wie beim Großen Preis von Singapur. Lewis Hamilton hat beim Nachtrennen seine Gegner einfach deklassiert und die Welt daran erinnert, warum gerade er 2008 den Titel geholt hat. Durch seine kontrollierte Fahrt kam es nicht mal zu ernsthaften Kampfsituationen. Diese fehlende Spannung war dem amtierenden Weltmeister nach dem Rennen auch anzumerken.

Bei ihm war nicht genug Adrenalin vorhanden, um den Sieg mit überschwänglichen Worten nachzuwürzen. Stattdessen eine nüchterne Analyse: "Das Rennen war für mich ziemlich geradeaus. Ich hatte einen guten Start und konnte einen Vorsprung ausbauen. Ich wusste, dass ich später tanken werde als die Jungs hinter mir, also war ich nie ernsthaft unter Druck. Ich habe dafür gesorgt, dass die Reifen halten, und habe das Rennen sehr schön kontrolliert."

Sicher hatte Hamilton auch ein überragendes Auto. Der Silberpfeil machte einen großen Schritt mit dem Singapur-Update. Und sicher fuhr auch Timo Glock ein fehlerloses Rennen auf dem Stadtkurs. Trotzdem ist es eine hohe Kunst, seinen Gegner so unter Kontrolle zu halten, wie es Hamilton tat. Denn die beiden Piloten, die je auf Schlagdistanz auf Hamilton kamen, machten im Eifer des Gefechts Fehler.

Nico Rosberg wollte etwas zu viel, obwohl er hätte wissen müssen, dass für ihn kein Sieg, dafür aber ein ziemlich sicherer zweiter Platz drin war. Weil er an Hamilton dran bleiben wollte, rutsche er nach seinem Boxenstopp bei der Ausfahrt der Boxengasse über die weiße Linie. "Dieses Rennen war unsere Chance, die wir vertan haben", sagte er selbstkritisch. "Ich hätte es so machen sollen wie Lewis. Das hat er super gemacht. Ich nicht. Ich bin sicher, er hätte noch schneller fahren können. Er war die ganze Zeit etwas vom Limit weg, hat alles kontrolliert."

Lewis Hamilton fuhr klar zum Sieg., Foto: Sutton
Lewis Hamilton fuhr klar zum Sieg., Foto: Sutton

Ähnliche Worte waren von dem zweiten Hamilton-Jäger Sebastian Vettel nicht zu hören, obwohl das Gleiche auch für ihn gilt. Er war laut den FIA-Messungen zu schnell in der Boxengasse. Obwohl die Aufzeichnungen von Red Bull die Sache anders sehen und sicher auch stimmen, ändert das insofern nichts, dass Vettel am Limit fuhr. Das ist bei einem WM-Anwärter zwar verständlich, doch die Chance, Hamilton noch einzuholen, war verschwindend klein. Dafür lag die Wahrscheinlichkeit, im Rennen Zweiter zu werden, bei fast hundert Prozent. Vettel agierte im Vergleich zu Hamilton viel zu übereifrig.

Dass es bei Hamilton gelegentlich auch mal anders aussieht, zeigt der völlig unnötige Unfall in der letzten Runde von Monza. Aber wenn Singapur etwas bestätigte, dann das Vermögen von Hamilton, aus seinen Fehlern zu lernen. Am Donnerstag vor dem Rennen war er noch ziemlich kleinlaut: "Der Plan ist, hier zu gewinnen, aber eine Voraussetzung dafür ist, dass ich das Rennen auch zu Ende fahre." Nach Singapur meinte er: "Ich kam hierher, um mich nach dem letzten Rennen rein zu waschen. Das habe ich geschafft und bin jetzt sehr, sehr froh."