Ein zweiter Platz zuletzt in Singapur, ausgerechnet vor dem Heimrennen in Suzuka - das ist eigentlich ein optimales Bewerbungsschreiben für eine sichere Zukunft in der Formel 1. Im Falle von Timo Glock und Toyota gilt das allerdings eher nur für ersteren. Glock hat seinen Marktwert, seine Chancen im Fahrerkarussell für 2010, durch einen Klasseauftritt zur rechten Zeit mit Sicherheit erhöht. "Ich bin hundertprozentig sicher, dass er auch nächstes Jahr wieder in der Formel 1 dabei sein wird", sagt Glock-Manager Hans-Bernd Kamps.

Allerdings eher nicht bei seinem bisherigen Arbeitgeber. Was weniger daran liegt, dass man dort seine Leistungen nicht zu schätzen weiß, sondern daran, dass der 2010 selbst nicht mehr in der Formel 1 vertreten sein könnte. Auch das gute Ergebnis von Singapur erhöht wohl die Wahrscheinlichkeit nicht mehr wesentlich, dass Toyota sich doch noch zum Weitermachen entscheidet, dass Suzuka 2009 doch nicht zum letzten Heimrennen der Japaner wird.

Teamchef Tadashi Yamashina vergrößerte am Mittwoch in Tokio die Spekulationen, dass der größte Automobil-Hersteller der Welt angesichts der Weltwirtschaftskrise ernsthaft über einen Abschied aus der Formel 1 nachdenkt. "Wir haben mehrere Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen und dabei auch die Verbindungen zu unserem Mutterkonzern zu beachten", erklärte Yamashina: "Wir müssen es schaffen, dass die Formel 1 nicht mehr so viel Geld kostet." Toyota hatte ja bereits im Laufe des Jahres als Ausrichter des Japan-GP auf seiner Hausstrecke in Fuji, wo man vor drei Jahren noch hohen zweistellige Millionenbeträge in den Umbau investierte, zurückgezogen und das Rennen für die Zukunft wieder komplett Suzuka überlassen.

Wobei angesichts der Weltwirtschaftskrise das Geld natürlich ein wichtiges Argument für einen Ausstieg ist, aber nicht das einzige. Wie schon beim Rückzug von BMW kommen auch hier andere Faktoren mit ins Spiel, vor allem eine generell stärkere Ausrichtung auf "grüne" Themen und Nachhaltigkeit, beim Hybrid-Vorreiter Toyota auch ein wichtiger Punkt. Dazu kommt: Man hat gesehen, wie positiv der Ausstieg von Honda Ende letzten Jahres in der japanischen Gesellschaft und in Wirtschaftskreisen allgemein ankam - da gab es fast nur Zustimmung, kaum Kritik. Dazu kommt, dass Toyota als Gesamtkonzern durch den kürzlichen Regierungswechsel in Japan in zusätzliche Probleme geraten könnte - schließlich waren die Verflechtungen mit der die letzten 50 Jahre herrschenden LDP sehr eng...

Zumindest für einen kam das Podest in Singapur rechtzeitig, Foto: Sutton
Zumindest für einen kam das Podest in Singapur rechtzeitig, Foto: Sutton

Im Moment, so hört man, gebe es im Konzernvorstand bei Toyota eine Mehrheit für den Ausstieg, allerdings auch noch eine kleine, hartnäckige Fraktion, die meine, nach so hohen Investitionen über fast ein Jahrzehnt müsse man unbedingt versuchen, das Ganze durchzuziehen und doch noch einmal Erfolg haben. Deshalb hat man auch im Sommer das Concorde-Agreement vorsichtshalber einmal unterschrieben, für den schon damals eher weniger wahrscheinlichen Fall, dass man sich doch noch zum Bleiben entscheidet. Dass es dann jetzt eine hohe Strafe geben könnte, sollte man sich spätestens am 15. November bei der nächsten großen Vorstandssitzung zum Ausstieg entscheiden, würde laut japanischer Toyota-Kenner niemanden stören. "Wenn der Vorstand einen Schlussstrich ziehen will, dann zieht er den, dann spielt das keine Rolle. Und es würde auch in Japan von niemandem kritisiert, im Gegenteil, es würde als mutige und konsequente Haltung gesehen."

Die Tatsache, dass die Formel-1-Abteilung von Toyota im Moment auf dem Fahrermarkt nichts unternimmt, dass man die Option auf Timo Glock verstreichen ließ, dem Wersauer und seinem Management schon vor Singapur freie Hand gab, sich anderswo umzuschauen, "weil wir im Moment nichts garantieren können", spricht dafür, dass trotz der wochen- und monatelangen gebehtsmühlenartigen Wiederholungen, man werde "natürlich weitermachen", auch der europäische Toyota-F1-Boss John Howett inzwischen ganz genau weiß, was die Stunde wohl geschlagen hat.

Timo Glock träumt trotzdem davon, das Singapur-Ergebnis zu wiederholen, auch in Japan auf dem Podest zu stehen. Zumindest wäre es noch einmal ein schönes Abschiedsgeschenk für die Japaner aus Köln, ein minimaler Hoffnungsschimmer, in Tokio in letzer Sekunde doch noch einen Stimmungsumschwung zu bewirken, und eine weitere Empfehlung für die eigenen Verhandlungen.

Drei Teams haben laut Kamps schon Interesse an dem 27-Jährigen gezeigt. Renault könnte eine Möglichkeit sein, neben Robert Kubica, auch das neue, alte Sauber-Team, wo Glock ja schon einmal Tesfahrer war, bei BMW-Sauber 2007 neben Sebastian Vettel, und auch einer der Neueinsteiger gehört zu den Interessenten, am ehesten wohl Lotus mit Technik-Chef Mike Gascoyne, der ja früher selbst einmal bei Toyota war...