Jenson Button schien unschlagbar. In den ersten sieben Rennen hieß der Sieger sechs Mal Jenson Button. In der Türkei lobte er sein Team dafür, dass es ihm ein "Monster von Auto" gebaut habe. Doch der Hunger des Monsters auf Siege und viele Punkte versiegte. Seit dem Türkei GP Anfang Juni hat Button kein einziges Rennen mehr gewonnen. Sein WM-Vorsprung schmolz und nur der zweite Platz von Monza und jede Menge Glück - oder Fehler und Probleme der anderen - hielten ihn auf derzeit 15 Punkten Vorsprung auf Rubens Barrichello und 25 Punkten Vorsprung auf Sebastian Vettel.

Theoretisch könnte Button beim drittletzten Rennen in Suzuka vorzeitig Weltmeister werden. Er müsste am Sonntag nur fünf WM-Zähler mehr einfahren als sein Teamkollege Rubens Barrichello. Sprich: Button müsste gewinnen und Barrichello bestenfalls Vierter werden, dann würde die höhere Anzahl an Siegen bei Punktgleichheit den Ausschlag für den Briten geben. Sollte Button Zweiter werden, dürfte Barrichello maximal Sechster werden. Wenn Button Dritter wird, darf Barrichello höchstens Achter werden. Und wenn Button auf Platz 4 ins Ziel kommen sollte, dürfte Barrichello gar nicht punkten.

Die Anwärter: Button, Barrichello, Vettel

Darauf ankommen lassen möchte es Button nicht. "Die Leute sagen, wenn ich fünf Punkte vor Rubens ankomme, dann gewinne ich die Weltmeisterschaft", so Button. "Ich weiß, dass das ein Faktum ist, aber mein Ziel ist es, die Weltmeisterschaft zu gewinnen und ich werde keine ungewöhnlichen Risiken eingehen." Er möchte konstant ins Ziel fahren und punkten.

Das Risiko überlässt er der Konkurrenz, wenn Barrichello und Sebastian Vettel doch noch irgendwie aufholen möchten. "Ich kämpfe bis zuletzt, ich werfe nicht das Handtuch", kündigte Barrichello an. "In Suzuka zählt nur Vollgas!"

Eine ähnliche Devise hat Vettel ausgegeben. "Wir werden versuchen, die Pole Position zu holen und zu siegen. Das ist recht simpel", sagt er. Auch sein Teamchef Christian Horner hat die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben: "Es ist niemals vorbei, so lange eine mathematische Chance besteht." Horner muss jedoch gestehen, dass diese Chance bei 25 Punkten Rückstand und nur noch 30 zu vergebenden Punkten sehr gering ist. "Das setzt viel Glück voraus. Aber natürlich geben wir nicht auf."

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Jenson Button hat die beste Ausgangslage., Foto: Brawn GP
Jenson Button hat die beste Ausgangslage., Foto: Brawn GP

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass kleine Wunder im Titelkampf durchaus möglich sind. So setzte sich Kimi Räikkönen in der Saison 2007 im Titeldreikampf überraschend gegen Lewis Hamilton und Fernando Alonso durch. An einen ähnlichen Coup von Vettel glaubt Christian Danner nicht, aber Barrichello traut es der Ex-F1-Pilot zu.

"Der nervenstärkere der beiden Brawn-Piloten ist ganz klar Rubens Barrichello", sagt Danner. "Er hat sich nicht durch die schlechte Anfangsphase aus der Ruhe bringen lassen. Deswegen wird er am Ende vielleicht die Nase vorne haben." Danner empfindet diese Vorstellung als amüsant. "Der Mann, der ein Leben lang hinter Michael Schumacher hergefahren ist, wird jetzt Weltmeister - das ist eine dieser Geschichten, wie sie nur die Formel 1 schreiben kann."

Für Alexander Wurz steht fest: "Theoretisch ist es noch möglich, dass Red Bull aufholt, aber beide Titel sind momentan fest in der Hand von Brawn GP." Feiern dürfe man den Titel aber noch nicht. "Beide müssen aufpassen, denn es kann immer etwas Verrücktes passieren." In Suzuka sieht Wurz Barrichello im Vorteil. "In Suzuka fühlt sich Barrichello sehr wohl. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass Rubens dort in besonderer Form sein wird." Das könnte die WM noch einmal spannend machen.

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh rechnet trotzdem mit dem Titelgewinn für seinen Landsmann Jenson Button. "Es ist nicht die aufregendste Art, um eine WM zu gewinnen, aber man muss die Punkte holen und Jenson machte das, was er tun musste", analysierte er. Eine Spazierfahrt erwartet Whitmarsh nicht. "Er hat viel Druck und wenn man noch keine Weltmeisterschaft gewonnen hat, wird der Druck riesig - vor allem wenn der eigene Teamkollege angreift."

Wenn dann Fehler hinzukommen, könnte der Vorsprung schnell weg sein. "Ein Ausfall nächstes Rennen und ein Sieg von Rubens und es dreht sich um zehn Punkte", betont Whitmarsh. "Wir waren in den vergangenen beiden Saisons an diesem Punkt, das ist nicht lustig. Aber wenn er keine Fehler macht, wird er gewinnen."

Mika Häkkinen weiß aus eigener Erfahrung, wie es im Titelkampf zugeht. "Es ist niemals leicht, vor allem in solch einer Situation, in der sich Jenson derzeit befindet. Als Fahrer muss man wissen, dass man die volle Unterstützung vom Team genießt, aber sowohl Rubens als auch Jenson haben die Chance, am Ende der Saison den Titel zu holen." Das mache es für das Team schwierig zu entscheiden, welchen Fahrer man unterstützt. "Ich mag sowohl Jenson als auch Rubens - beide sind fantastische Typen. Deshalb will ich nur soviel sagen: der Beste wird gewinnen."