Einstimmigkeit zu erzielen ist in der Formel 1 alles andere als ein leichtes Unterfangen. Irgendjemand schießt immer quer - egal worum es geht, Rennkalender, Regeländerungen oder KERS. Bei Suzuka ist das anders. Suzuka lieben alle. "Es ist eine der besten Strecken der Welt", sagt Fernando Alonso. Robert Kubica teilt diese Meinung: "Die Strecke ist eine der aufregendsten überhaupt, für mich eine der besten der Welt." Da kann Timo Glock als Toyota-Fahrer natürlich nicht widersprechen: "Suzuka ist eine Megastrecke, eine der besten der Welt."

Nick Heidfeld gehört ohnehin schon immer zu den Suzuka-Anhängern: "Ich freue mich riesig, dass meine Lieblingsstrecke wieder im Kalender ist." Sogar die Teamchefs sind aus dem Häuschen, wenn es in Richtung Suzukaland geht. "Suzuka gehört neben Spa-Francorchamps zu den tollsten Strecken der Formel 1 und die Fahrer lieben es, dort zu fahren", sagt McLaren Teamchef Martin Whitmarsh.

Mercedes-Benz Motorsportchef Norbert Haug pflichtet ihm bei: "Sportlich ist der Grand Prix in Suzuka eine der größten Herausforderungen aller 17 Rennen des Jahres. Das Layout der Strecke hat alles, von der ultraschnellen Kurve 130 R bis zur langsamen Haarnadel." Sogar ein Freizeitpark mit Riesenrad ist neben der Strecke anzutreffen. Vielleicht macht das ja das besondere Etwas aus, das allen so gefällt.

Fun-Faktor: Esses

Nehmen wir also die einzige Strecke in Form einer "Acht" mit ihren 16 langsamen und schnellen Kurven einmal unter die Lupe. Die Lieblingsstelle Nummer 1 der F1-Piloten kommt gleich nach Start- und Ziel: die sogenannten Esses. "Für mich ist der aufregendste Teil der Strecke der erste Sektor, die Kurven drei, vier und fünf bergauf", erklärte Glock. "Man erreicht über 300 km/h, also sind die Geschwindigkeit und die Richtungswechsel wirklich toll. Es ist einfach eine unglaubliche Kombination von Kurven."

Fünfzehn Sekunden lang stehen Richtungswechsel jeder Art auf dem Programm. "Man muss sich konzentrieren, denn es gibt nur eine Linie und jeder Fehler kostet viel Zeit", mahnt Fernando Alonso. Jarno Trulli fällt die Wahl seiner Lieblingskurve nicht so leicht. "Die Strecke ist zu gut, um nur einen Teil auszuwählen", sagte er. "Die Kombination von schnellen Kurven beim Start macht aber in einem Formel-1-Auto viel Spaß." Einfach sind die Esses deswegen nicht. "Man muss diesen Fluss richtig erwischen", mahnt Heidfeld. "Sonst schleppt man einen Fehler von Kurve zu Kurve, dann passt es einfach nicht mehr."

Fun-Faktor: 130R

Suzuka: Neuasphaltiert und bereit für das F1-Comeback., Foto: Sutton
Suzuka: Neuasphaltiert und bereit für das F1-Comeback., Foto: Sutton

Neben den Esses wird von den Piloten noch eine zweite Kurve immer wieder angesprochen: Die 130R, benannt nach ihrem Kurvenradius. "Das ist eine schnelle Linkskurve, auf die ein harter Bremspunkt für die Schikane folgt, was doch fordernd ist", erklärt Trulli. Auch Kubica ist ein Fan der 130R: "Es gibt eine Menge wirklich anspruchsvoller Hochgeschwindigkeitskurven, vor allem die 130R ist extrem schnell."

Aber nicht nur das: "Sie ist eine meiner Lieblingskurven, weil sie wirklich nichts verzeiht", betont Kazuki Nakajima. Nur Timo Glock bremst die Euphorie: "In der Vergangenheit war glaube ich die 130R recht schwierig, aber jetzt geht sie mit Vollgas, auch mit den neuen Aerodynamik-Regeln."

Eine Frage der Balance

"Suzuka ist ein sehr technischer und fordernder Kurs", erzählt Trulli. Es gibt viele schnelle Kurven und rasche Richtungswechsel. "Spa ist sehr ähnlich, aber ich würde sagen, auch etwas schwerer, weil es länger ist. Es gibt viele verschiedene Kurvenarten, also muss das Auto in allen Bereichen stark sein und weil es eine mittelschnelle bis sehr schnelle Strecke ist, wird die Aerodynamik sehr wichtig."

Auf der fahrerisch sehr anspruchsvollen Strecke sind vor allem der Grip und die Balance des Fahrzeugs entscheidende Faktoren, wobei auch der Bremskraftverstärker eine wichtige Rolle spielt, wenn es kurz vor der Haarnadelkurve darum geht, von über 270 km/h auf knapp 60 km/h herunterzubremsen. "Ähnlich wie in Silverstone oder Istanbul wird es in den schnellen Kurven auf hohen Abtrieb sowie auf eine gute mechanische und aerodynamische Balance ankommen", erklärt Heikki Kovalainen.

"Ein gut ausbalanciertes Auto ist in Suzuka ein Muss", betont Mario Theissen, der auch für den Motor einiges an Arbeit erwartet. "Auch für die Motoreningenieure ist die Strecke eine harte Nuss: In der extrem schnellen 130R-Kurve treten Querbeschleunigungen von bis zu 6 g auf, bei denen die Ölversorgung nicht abreißen darf."

Auf und ab

Fernando Alonso erwartet eine große Herausforderung für die Ingenieure, die vor allem eine gute Fahrzeugfront hinbekommen müssen, um die vielen Richtungswechsel so gut wie möglich hinter sich zu bringen. "Man braucht aber auch ein stabiles Heck, um genügend Vertrauen für die schnellen Kurven zu haben", betont Alonso. "Der Kurs in Suzuka ist eine der anspruchsvollsten Strecken im Formel-1-Kalender, weil er so viele schnelle Kurvenkombinationen aufweist", bestätigt Willy Rampf.

Die Fahrer lieben die flüssigen Passagen., Foto: Sutton
Die Fahrer lieben die flüssigen Passagen., Foto: Sutton

Auch die Steigungen sind zu beachten. "Die S-Kurven im ersten Sektor sind eine Schlüsselstelle für die Rundenzeit", betont Rampf. "Man kann dort sehr viel Zeit verlieren, wenn die Linie nicht optimal passt. Diese Passage ist einzigartig, kein anderer Formel-1-Kurs bietet Vergleichbares. Es gibt zwar auch die enge Haarnadelkurve, aber mittelschnelle und schnelle Kurven dominieren." Das steht klar im Kontrast zum Stadtkurs von Singapur, wo die Fahrer eher in einem Stop-and-Go-Rhythmus unterwegs waren. "Für Suzuka muss das Auto sehr gut ausbalanciert sein. Bei der Fahrzeugkonfiguration werden wir ein ähnlich hohes Abtriebsniveau fahren wie in Singapur."

Viele Suzuka-Neulinge

In der Saison 2006 stand Suzuka zum bislang letzten Mal im Formel-1-Rennkalender. Die Rookies der letzten Jahre kennen somit nur Fuji, aber nicht Suzuka. Aber selbst für die alten Haudegen gibt es Neues zu entdecken: "Ich bin gespannt, welche Änderungen wir vorfinden werden", sagt Heidfeld. "Ich weiß, dass der Kurs teilweise neu asphaltiert wurde."

Für Lewis Hamilton wird Suzuka eine gänzlich neue Erfahrung. "Ich kenne die Strecke schon von Computerrennspielen aus meiner Kindheit, aber das ist natürlich nichts verglichen mit der Realität", betont er. "Suzuka ist eine echte Fahrerstrecke - die S-Kurven im ersten Sektor sehen nach einer großen Herausforderung aus und in den Hochgeschwindigkeitskurven im letzten Teil der Runde werden wohl hohe Präzision und eine gute Balance des Autos gefragt sein."

Timo Glock ist immerhin schon einmal mit der Formel 1 in Suzuka gefahren. "Das Wichtigste an Suzuka ist die Tatsache, dass es schnell ist und in einem Formel-1-Auto macht es viel Spaß", schürt er die Vorfreude für die Neulinge. "Es ist eine wirklich interessante Strecke, mit vielen verschiedenen Kurven sowie Bergauf- und Bergab-Passagen."

"Dort zu fahren, ist unglaublich", bestätigt Fernando Alonso, der letzte Sieger eines Japan GP in Suzuka. "Jeder Fahrer genießt es, dort zu fahren. Man fühlt den Speed im gesamten Körper."

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