1. - S wie Startaufstellung

Damit hatte keiner gerechnet, noch nicht einmal Lewis Hamilton selbst: Der Brite startet den Singapur GP von der Pole Position. "Er war sehr stark und hat die Pole verdient", lobte sein Teamchef Martin Whitmarsh. Aber auch er weiß, dass Hamilton eine kleine Hilfe hatte. "Vielleicht war die rote Flagge eine Hilfe, aber ich glaube, dass er trotzdem vorne hätte landen können."

Das sieht Hamilton genauso. "Meine Pole-Runde war sehr entspannt: Das Auto wurde immer besser und ich hätte noch schneller fahren können, wenn die Session nicht abgebrochen worden wäre." Das wurde sie aber, weil Rubens Barrichello in der Mauer landete. "Ich habe auf meiner letzten schnellen Runde alles gegeben, leider verlor ich die Kontrolle über den Wagen", schilderte der Brasilianer den Unfall. "Das ist schade, dennoch bin ich zuversichtlich für das Rennen." Er startet wegen eines Getriebewechsels von Platz 10.

Neben Hamilton geht Sebastian Vettel ins Rennen. "Es ist eine gute Ausgangsposition für das Rennen", meinte der Deutsche. "Klar ist es ein bisschen schade, dass der zweite Run im Q3 ausgefallen ist. Mit den neuen Reifen hätte ich vielleicht noch mal eine halbe Sekunde nachlegen können." Aber hätte, wäre, wenn gibt es für Vettel nicht. "Wir sind Zweiter, das ist keine Schande."

Schon gar nicht, da der WM-Spitzenreiter Jenson Button nur auf Platz 12 steht. Button ließ zwischen Q1 und Q2 etwas an der Balance des Autos verstellen, was sich nicht auszahlte. Beim Anbremsen von Kurve sieben saß das Auto auf, Button blockierte die Räder und viel Zeit war dahin. Noch dazu handelte er sich einen Bremsplatten ein, womit der Rest der Runde auch nicht besonders gut lief. "Das war nicht besonders gut, eigentlich desaströs", sagte der Brawn-GP-Pilot.

Ähnlich schwach war die Leistung von Ferrari. "Unser Ziel war es zumindest mit einem Auto ins Q3 zu kommen und mit dem anderen Auto ins Q2", sagte Teamchef Stefano Domenicali. Keines dieser Ziele konnte man erreichen. "Wir waren nicht schnell genug für Q3 und es gibt nicht viel, was wir dagegen tun können", klagte Kimi Räikkönen.

2. - S wie Start

Lewis Hamilton möchte der Konkurrenz am Start nur den Funkenschlag zeigen., Foto: Sutton
Lewis Hamilton möchte der Konkurrenz am Start nur den Funkenschlag zeigen., Foto: Sutton

"Am Start kann man leichter Plätze gut machen als während des Rennens." Wo Kimi Räikkönen recht hat, da hat er recht. "Wir werden versuchen, wie in den letzten Rennen einen guten Start hinzulegen." Dank KERS sollte ihm das auch gelingen, allerdings ist die Ausgangsposition von Platz 13 ungleich schlechter als bei den letzten Grand Prix. Trotzdem könnte er im Mittelfeld für Verwirrung sorgen und ist definitiv eine Gefahr für den Vorwärtsdrang von Jenson Button. Denn egal wie schnell dessen Brawn im Renntrimm sein mag, auch ein viel schnellerer Force India fand in Spa und Monza nicht am roten Ferrari von Räikkönen vorbei.

Button ist sich dessen bewusst: "Wir müssen eine richtig gute erste Runde hinlegen, sonst stecken wir im Verkehr fest. Ich denke, unser Rennspeed ist gut. Aber wenn man hinter einem Auto feststeckt, dann wird es schwierig."

An der Spitze möchte Nico Rosberg den Spielverderber spielen. So könnte er sich durchaus vorstellen, dass er am Start Sebastian Vettel überholt und bei den Boxenstopps dann Lewis Hamilton schnappt - dank KERS dürfte dieser am Start unangefochten sein. Vettel nimmt die Kampfansage von Rosberg jedoch gelassen: "Ich glaube, dass wir am Start vorne bleiben können."

3. - S wie Strategie

Zunächst die Fakten: Singapur Marina Bay Straßenkurs, 61 Runden, 5,067 km Streckenlänge, 2,5 kg Benzinverbrauch auf 5 km und ein Zeitverlust von 19,5 Sekunden pro Boxenaufenthalt. Mit diesen oder etwas genaueren Zahlen müssen die Strategen ihre Taktik für das Rennen festlegen. Ein wichtiger Faktor dabei sind die Reifen.

"Ich glaube nicht, dass die weichen Reifen eine Ein-Stopp-Strategie durchhalten", sagt Jenson Button. "Aber wenn man nur einen kurzen ersten Stint macht, dann könnte man hinter einem Auto mit mehr Sprit an Bord hängen bleiben." Trotzdem sieht Martin Whitmarsh nur wenige Fahrer auf nur einem Stopp. "Die meisten Autos werden zwei Stopps machen", glaubt er. "Bei einem Stopp wird es schwierig, die weichen Reifen über die Distanz zu bringen. Das werden sicher ein, zwei Fahrer versuchen, die weit hinten stehen und auf Regen oder eine Safety Car Phase hoffen, aber es wird sicher nicht einfach, mit den weichen Reifen eine halbe Renndistanz zu fahren."

Adrian Sutil glaubt schon, dass das möglich ist und ist mit seinem Startgewicht von über 690 kg ein Kandidat für eine Einstoppstrategie. Er selbst verrät nur so viel: "Meine Strategie ist flexibel." Die Reifenbedenken kann er verstehen, aber für möglich hält er es schon. "Mit den weichen Reifen muss man sehr vorsichtig fahren." Dann könne man sie durchaus am Leben erhalten. Im Training klappte das bei Nico Rosberg für 5 Runden, bei Sutil für 10 Runden, dann gab es Graining. Im Rennen erwartet Sutil, dass die Reifen länger halten, vielleicht 20 Runden. Bei Giancarlo Fisichella war am Freitag zu sehen, dass er sieben Sekunden pro Runde langsamer wurde, als der weichere Reifen nachließ. Zu diesem Zeitpunkt waren die Streckenverhältnisse jedoch viel schlechter als am Samstag und Sonntag.

Die Startgewichte beim Singapur GP

Lewis Hamilton 660,5 kg
Sebastian Vettel 651 kg
Nico Rosberg 657,5 kg
Mark Webber 654,5 kg
Fernando Alonso 658 kg
Timo Glock 660,5 kg
Nick Heidfeld 650 kg
Robert Kubica 664 kg
Heikki Kovalainen 664,5 kg
Rubens Barrichello 655.5 kg
Kazuki Nakajima 680,7 kg*
Jenson Button 683 kg*
Kimi Räikkönen 680,5 kg*
Sebastien Buemi 678 kg*
Jarno Trulli 690,9 kg*
Adrian Sutil 693 kg*
Jaime Alguersuari 683,5 kg*
Giancarlo Fisichella 678,5 kg*
Romain Grosjean 683 kg*
Tonio Liuzzi 656 kg*

* freie Spritwahl nach dem Qualifying

4. - S wie Safety Car

Zweimal musste Bernd Mayländer beim ersten Singapur GP im letzten Jahr im Safety Car ausrücken. Auch in diesem Jahr ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er wieder zum Einsatz kommen wird. "Wir müssen hier auf jeden Fall mit Safety Car Phasen rechnen", weiß Mario Theissen. Der Grund ist klar: Es gibt keine Auslaufzonen, die Mauern stehen nah an der Strecke und fast jedes verunfallte Auto muss mit dem Kran geborgen werden.

"Hier herrscht immer ein großes Risiko, selbst im Qualifying kam es zu einer roten Flagge", bestätigt Vettel. Auf jeder anderen Strecke wäre man durchs Kiesbett gefahren und damit wäre das Thema erledigt gewesen. "Hier gibt es die Mauer und dann geht es schon mal in die Hose." Theissen ist deshalb froh, dass seine Fahrer innerhalb der Top10 losbrausen. "Je weiter hinten man startet, desto mehr ist man dem Drama ausgeliefert. Wir müssen die Rennstrategie aber sicher während des Rennens anpassen." Trotzdem bleibt das Safety Car unberechenbar, wie Christian Klien betont: "Im Endeffekt ist es Glückssache."

5. - S wie Singapur

Im Gegensatz zu Valencia, wo die Auslaufzonen durchaus großzügig ausgefallen sind, ist Singapur ein echter Stadtkurs. Die Strecke bietet Mauern, Flutlicht und 23 Kurven, sechs von ihnen sind langsamer als 100 km/h. Die langsamste Kurve wird mit 80-100 km/h durchfahren, an der schnellsten Stelle erreichen die F1-Boliden Geschwindigkeiten über 300 km/h.

"Es ist eine einmalige und interessante Strecke", sagt Pole-Mann Lewis Hamilton. "Sie macht Spaß und ist zugleich fordernd, denn man muss hier ans Limit gehen und auch etwas riskieren, um das Maximum aus dem Auto herauszuholen."

Damit die Piloten, Fans an der Strecke und TV-Zuschauer nicht plötzlich im Dunkeln tappen, sorgen 12 Generatoren für genügend Strom. Sollte einer davon ausfallen, agieren die anderen automatisch als Back-Up. Nur die U-Bahn unter Teilen der Strecke bringt die F1-Superhirne zum Glühen: Spezielle Magnetfelder können mit den Funktionen des Getriebes interagieren und so Defekte hervorrufen. Jedenfalls wurde diese Theorie nach dem Ausfall von Mark Webber im Vorjahr geboren und die Getriebe in diesem Jahr deshalb mit einer Metallplatte verstärkt. Bei Barrichello hat es nicht geholfen, er musste das Getriebe wechseln lassen und verlor fünf Startplätze.

6. - S wie Sonntagswetter

Schon vor der Nachtpremiere der Formel 1 im letzten Jahr fragten sich viele: Was passiert, wenn es regnet? Wie wird die Sicht sein? Können die Piloten dann überhaupt fahren? Einige sahen darin ein Sicherheitsrisiko, das hat sich nicht verändert. "Die große Frage ist das Licht", sagt Nick Heidfeld. "In Katar hatten sie dieses Jahr in der MotoGP Regen und sind aus Gründen der Sicht nicht gefahren. Wir haben da null Erfahrungswerte." Wenn alles nach der Wettervorhersage verläuft, wird es aber auch in diesem Jahr keine Erfahrungswerte geben - denn es wird ein trockenes Rennen vorausgesagt.

7. - S wie Spannung

Spannender könnten die Voraussetzungen für das zweite Nachtrennen der Formel-1-Geschichte gar nicht sein: Der WM-Führende und sein erster Verfolger stehen im Mittelfeld, der nächste WM-Rivale Sebastian Vettel in der ersten Reihe und ganz vorne auf der Pole ein Überraschungsmann, der in dieser Saison schon einmal allen in die Suppe spuckte.

"Es ist kein Geheimnis, dass ich es sehr begrüßen würde, wenn die Brawn-Fahrer in den nächsten vier Rennen keinen einzigen Punkt sammeln würden", gefällt Sebastian Vettel die Ausgangslage. "Das wird bei ihnen nicht anders aussehen. Es ist eine gute Chance für uns, aber wir müssen uns auf unsere Leistung konzentrieren - alles andere liegt nicht in unserer Hand. Unser Ziel ist es, das Rennen zu gewinnen."

Sebastian Vettel greift den Titel noch einmal an., Foto: Red Bull
Sebastian Vettel greift den Titel noch einmal an., Foto: Red Bull

Die Chancen dafür stehen besser als am Freitag. "Da hat es ausgesehen, als wäre Brawn hier sehr stark", analysiert Christian Klien. "Im Qualifying konnten sie die Zeiten einfach nicht mitgehen. Speziell Sebastian Vettel ist jetzt in einer sehr guten Ausgangsposition, um gute Punkte auf beide Brawn-Piloten aufzuholen." Kliens Favorit auf den Sieg ist aber ein anderer Fahrer: "Für mich ist Hamilton der Favorit. Sie waren sehr, sehr stark. Auch auf den Longruns waren sie sehr gut unterwegs und wenn er vorne wegfährt, dann sollte er den Sieg einfahren."

Dieses Ziel hat auch Vorjahressieger Fernando Alonso noch nicht ganz aufgegeben. "Startplatz fünf ist eine gute Ausgangsposition, deshalb muss ein Platz unter den ersten Fünf unser Minimalziel sein", peilt der Spanier mehr als einen Podestplatz an. "Ich bin entschlossen, mindestens diese fünfte Position zu verteidigen und wir wissen, dass einige Piloten Fehler machen werden. Alles kann passieren." Nur sein Teamkollege wird ihm wohl nicht noch einmal mit einem Unfall den Weg zum Sieg ebnen.

Auf das Glücksspiel mit den Safety Car Phasen baut diesmal Ferrari. "Das Maximalziel im Rennen lautet Top-8", sagt Giancarlo Fisichella, der als enttäuschender 18. losfahren wird. "Punkte sind das Maximum, aber das wird echt schwer." Kimi Räikkönen hat es von Platz 13 nur unwesentlich leichter. Trotzdem sagt der Finne, der bei den letzten Rennen immer auf dem Podium gestanden hat: "Unsere Rennpace ist nicht so schlecht, aber auf dieser Strecke ist es sehr schwer zu überholen. Wir könnten Glück mit den Safetycar-Phasen haben." Warten wir ab, wer rund um Runde 14 in die Mauer kracht...