1. Warum flog Hamilton ab?

Das Rennen war eigentlich schon gelaufen und Rubens Barrichello befand sich auf der letzten Runde und auf dem Weg zu seinem zweiten Saisonsieg. Lewis Hamilton gab trotzdem alles, wollte unbedingt noch an Jenson Button heran- und irgendwie vielleicht doch vorbeikommen. "Ich habe alles versucht, um die Brawns zu schnappen und zu gewinnen", sagte der Weltmeister hinterher. Dann flog er in der letzten Runde in die Mauer ab. "So etwas kann passieren, Menschen machen Fehler. Ich habe das Heck verloren und bin in die Wand abgebogen."

Sein Teamchef Martin Whitmarsh nahm den Ausfall gelassen auf. "Wenn man jede Runde 100 Prozent gibt und das immer wieder, dann passiert es, dass man einmal 101 Prozent gibt und ausfällt. Das ist Racing und Lewis ist ein echter Racer und wir würden ihn nicht ändern wollen."

2. Hätte Räikkönen mit einem Stopp gewonnen?

McLaren ging mit zwei verschiedenen Strategien ins Rennen: Hamilton auf der Pole mit zwei Stopps, Heikki Kovalainen von Platz 4 mit einem Stopp. Am Ende fuhren mit Barrichello und Jenson Button zwei Einstopper auf 1 und 2 über die Linie. "Das war eine großartige Entscheidung", lobte Barrichello die Taktik. "Wir mussten im Qualifying wegen den KERS-Autos strategisch denken und die Ein-Stopp-Strategie hat sich wirklich ausgezahlt. Ich hatte den Speed, um die Autos, die mit einer Zwei-Stopp-Strategie vor mir standen, zu schlagen."

Hätte also Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen mit einer Einstoppstrategie in den Kampf um den Sieg eingreifen können? "Angesichts unserer Pace war es heute nicht möglich, ein besseres Ergebnis zu erzielen", wiegelte Teamchef Stefano Domenicali ab. "Selbst mit einer anderen Strategie, wäre das nicht möglich gewesen. Wir haben das Maximum herausgeholt." Dafür gab es Extralob für den Fahrer: "Es war der Kimi, den wir kennen, der mit uns Weltmeister geworden ist."

3. Warum war Vettel so langsam?

So groß wie in Monza war der Abstand zwischen Brawn GP und Red Bull seit der Überlegenheit der ersten Saisonrennen nicht mehr. "Es war frustrierend. Zum Ende haben wir [durch den Unfall von Lewis Hamilton] noch einen Punkt abgestaubt", klagte Sebastian Vettel, dessen Titelchancen dadurch weiter sanken.

Vettel hatte mit dem Rennausgang nichts zu tun., Foto: Sutton
Vettel hatte mit dem Rennausgang nichts zu tun., Foto: Sutton

Erklärungsversuche gibt es einige. "Auf den letzten beiden Strecken ging es um Motorleistung", versuchte sich Alexander Wurz als Analyst. "Ihre Motoren waren nicht mehr ganz so frisch und kommen von der Leistung nicht ganz mit Mercedes mit." Vettel beschrieb seine Probleme so: "Verloren haben wir das Rennen in den ersten fünf Runden. Wir hatten Probleme mit dem Auto und die Reifen kamen nicht auf Temperatur. Es war glatt und rutschig", sagte er. "Das Auto brach ständig aus, vorne und hinten. Es war etwas unvorhersehbar."

Teamchef Christian Horner erklärte diese Probleme mit zu wenig Downforce. Red Bull hatte den Abtrieb stärker reduziert als andere, um bei den Top Speeds mit den Mercedes-Autos mithalten zu können. "Das hat das Auto in anderen Bereichen geschwächt", so Horner. "Wir waren wohl beim Abtrieb 20 Prozent leichter als einige unserer Gegner, um eine ähnliche Rundenzeit wie sie zu schaffen."

4. Wieso schied Webber aus?

Für Mark Webber war das Rennen schon in der ersten Runde nach einer Kollision mit Robert Kubica vorbei. "Er war innen hinter meinem linken Rad und ich konnte ihn nicht sehen", schilderte Webber. "Es gab Kontakt und ich hob etwas ab. Das Auto war nicht beschädigt, aber ich kam einfach nicht [aus dem Kiesbett] raus."

Kubica teilt diese Einschätzung: "Ich war links von Mark und denke, dass er mich einfach nicht gesehen hat. Mark hat mich auf das Gras gedrückt, während ich auf der Bremse stand. Mir ist es zwar gelungen, wieder auf die Strecke zu kommen, aber wir haben uns in der ersten Kurve berührt. In Roggia war Mark außen und etwas vor mir. Als wir den ersten Scheitelpunkt der Kurve anfuhren, konnte ich ihm wieder nicht ausweichen."

5. Warum bekam Kubica die schwarz orangene Flagge?

Nach der Kollision mit Webber baumelte vorne links die Frontflügelendplatte an Kubicas BMW Sauber herum. Nach den Ereignissen der letzten Monate (Surtees-Unfall, Massa-Unfall, Alonso-Radverlust) zückten die Rennkommissare die schwarze Flagge mit orangenem Punkt und forderten das Team dazu auf, Kubica an die Box zu holen, um den Flügel zu tauschen. Andernfalls wäre er disqualifiziert worden. "Robert hat sich bei einer Kollision mit Webber den Frontflügel beschädigt, die Rundenzeiten waren aber nicht so schlecht, dass wir ihn rein geholt hätten", verriet Mario Theissen. "Wir wurden aber von der Rennleitung aufgefordert ihn herein zu holen, ansonsten hätten wir ihn fahren lassen. Aus unserer Sicht war es okay."

6. Was ging bei Rosberg schief?

Mark Webber kam zu Fuß zurück an die Box., Foto: Sutton
Mark Webber kam zu Fuß zurück an die Box., Foto: Sutton

Nico Rosberg klagte das gesamte Wochenende über sein katastrophales Auto. "Uns hat die Pace gefehlt." Im Rennen kam noch Pech dazu: Schon früh musste er die Box für einen unplanmäßigen Aufenthalt besuchen. "Ich habe einen Schlag auf den linken Vorderreifen bekommen. Das war ein recht großes Metallteil", erzählte Rosberg. "Ich hatte links vorne überhaupt keinen Grip mehr, das war voll das Untersteuern."

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass sich ein Teil an seinem Frontflügel verfangen hatte. "Das hat mir die Aerodynamik ruiniert. Ich dachte, ich hätte einen Platten und war deswegen an die Box gekommen." Als ob das nicht schlimm genug gewesen wäre, dauerte der Boxenstopp auch noch ungewohnt lange. "Während des Stopps habe ich noch gedacht, vielleicht gehe ich kurz Pipi machen, denn bis die mir den Reifen gewechselt haben, komme ich zurück und fahre wieder los."

7. Was war bei den zweiten Stopps von Sutil und Räikkönen?

Noch mehr Boxenstoppprobleme gab es bei den zweiten Stopps von Adrian Sutil und Kimi Räikkönen, die gleichzeitig an die Box abbogen und so die Entscheidung über Platz 4 (respektive später 3) fällten. "Beim zweiten Stopp habe ich viel pushen müssen und letztendlich beim Eingang zu viel gepusht", gab Sutil zu, der quer stehend zwischen seine Crew schoss, einen Mechaniker vorne links umwarf und rechts seinen Rückspiegel von einem anderen strauchelnden Mechaniker abgebrochen bekam.

Auch bei Ferrari gab es eine Panne beim zweiten Boxenstopp: Der Lollipop-Mann bewegte sich zu früh, Räikkönen gab Gas, musste aber sofort wieder abbremsen. "Glücklicherweise war der Tankrüssel schon weg und ich konnte gleich wieder losfahren. Das hat uns etwas Zeit gekostet, aber nicht zuviel", meinte er.

8. Was bedeutete Barrichellos Geste auf dem Podium?

Vier Mal schuss Rubens Barrichello imaginäre Pfeile vom Podium in die Luft. Was sollte das darstellen? "Ich erfinde immer etwas", sagte der Brasilianer kryptisch. Sein Teamkollege Jenson Button gab Aufschluss: "Er hat zwei Kinder und sieht viele durchgeknallte Filme." Das traf es auf den Punkt. "Mein Sohn Fernando wurde gestern Vier, das war für ihn."

9. Warum duellierten sich die Toyotas?

Für die einen war es das Paradebeispiel für "Freies Fahren" und die "Anti-Stallregie", für die anderen war es einfach nur "dumm". Gleich mehrmals kamen sich die beiden Toyota-Piloten Jarno Trulli und Timo Glock in der ersten Schikane und ganz besonders den Lesmos in die Quere. Nach dem zweiten Schikanenintermezzo verlor Trulli einen Platz an seinen Teamkollegen, den er zurückerobern wollte - das Ergebnis: Er rodelte durchs Kiesbett. "Am Ende macht es ja keinen großen Unterschied, Hauptsache ein bisschen Action ist da", sagte Trulli. Sein Teamchef nahm es mit Humor: "Wenigstens konnten wir den Fans ein wenig Action bieten, Jarno und Timo haben ihr Kämpferherz gezeigt."

10. Warum ist Buemi offiziell ausgeschieden?

Sebastien Buemi fuhr das Rennen zwar durch, doch nach einer Nachricht von der Boxenmauer folgte er dem Safety Car, das wegen Lewis Hamiltons Unfall unterwegs war. Das bog in die Boxengasse ab, wo Buemi nicht die Zielflagge sah und deswegen als ausgeschieden gewertet wurde. Unterschied machte das kaum einen, er kam als 13. in die Wertung.