Pro: Die Formel 1 braucht echte Typen

von Kerstin Hasenbichler

Sebastien Loeb oder Valentino Rossi in der Formel 1? Warum nicht. Loeb hat offenbar Interesse für das neue US-F1-Team in einen Boliden zu steigen und würde dem Rennstall damit von vornherein ein paar Interessenten mehr bringen, als die Formel 1 ansonsten anzulocken vermag. Schon die Ferrari-Testfahrten von Motorrad-Star Valentino Rossi füllten nicht nur in italienischen Zeitungen ganze Seiten. Und die gebeutelte Formel 1 kann nach den ganzen Negativschlagzeilen rund um Crashgate und dem Krieg zwischen FIA und FOTA positive Meldungen gut gebrauchen.

Und vor allem kann die Formel 1 echte Typen wieder gebrauchen. Das hat das heiß ersehnte und dann doch nicht zustande gekommene Comeback von Michael Schumacher deutlich gezeigt. Und wenn irgendwelche Piloten auf der gleichen Stufe wie Schumacher stehen, dann sind es der fünffache Rallye-Weltmeister Loeb und der achtfache Champion Rossi. Denn auch wenn die "Irrfahrt" des Luca Badoer ganz lustig anzusehen war - auf lange Sicht ist so etwas nicht wirklich Massen tauglich und schadet zudem dem Ruf von Ferrari.

Loeb hat bereits für Red Bull getestet, Foto: Getty Images Sport
Loeb hat bereits für Red Bull getestet, Foto: Getty Images Sport

Vor allem Ferrari würde eine Verpflichtung von Rossi aus Marketingsicht sehr gut tun. Die Tifosi lieben den MotoGP-Star und mit relativer Sicherheit würde der Italiener auch eine bessere Vorstellung abliefern als zuletzt Luca Badoer - schlechter geht es ja auch fast nicht mehr. Rossi hat bereits mehrfach erfolgreich für den italienischen Rennstall getestet und geht auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit an die Sache heran. "Formel 1 ohne Tests ist mehr Risiko als Spaß. Man kann nicht einfach kommen und versuchen, das Auto in drei Tagen zu verstehen", nimmt Rossi einen möglichen F1-Einsatz nicht auf die leichte Schulter.

Auch Sebastien Loeb hat bereits F1-Erfahrung gesammelt. Im vergangenen November stieg der Franzose für einen Tag in den Boliden von Red Bull. Generell weicht die Grenze zwischen zwei und vier Rädern immer mehr auf. So stieg Kimi Räikkönen in diesem Jahr bereits des Öfteren in einen Rallyewagen und bewies, dass man in jeder Rennserie schnell sein kann - wenn das nötige Talent vorhanden ist. Mit Robert Kubica und Sebastian Vettel bekundeten bereits zwei weitere F1-Piloten Interesse an einen Ausflug in das Rallye-Fach. Warum sollte dann nicht auch Sebastien Loeb in der Formel 1 fahren?

Contra: Keine Hobby-Formel

von Stephan Heublein

Die Formel 1 ist kein Hobbysport. Nicht jeder kann einfach mal zum Spaß ein bisschen mitfahren - egal wie groß sein Name und seine Erfolge in anderen Bereichen sind. Klar, Paydriver gab es in der Vergangenheit öfter (je vergangener desto öfter sogar). Aber zu einem echten F1-Fahrer gehört ein gewisses Maß an Vorbereitung, Können und Training. Selbst ein gestandener F1-Pilot und Testfahrer wie Luca Badoer konnte diese Anforderungen nicht erfüllen.

Schumacher & Badoer wissen, dass die F1 keine Juxgesellschaft ist, Foto: Sutton
Schumacher & Badoer wissen, dass die F1 keine Juxgesellschaft ist, Foto: Sutton

Ja, Loeb und Rossi sind auf einem anderen Fitness- und auch Talentlevel einzuordnen, allerdings in ihrem Spezialgebiet, nicht der Formel 1 mit ihren besonders hohen Fliehkräften, die auf Körper, Kopf und Nacken wirken, Letzteres wissen wir seit der Comeback-Absage des ehemals fittesten F1-Piloten Michael Schumacher ganz genau.

In der heutigen Zeit ohne Testfahrten ist ein Einstieg während der Saison und nur für ein paar Juxrennen kaum denkbar, egal wie fit die Piloten auf ihrem Gebiet sind. Denn neben der Fitness gilt es auch das Fahrzeug zu meistern, es kennen zu lernen und darin so gut zu werden, dass die Leistungen den Erwartungen an das jeweilige Team, aber auch den berühmten und erfolgreichen Motorrad- oder Rallye-Weltmeister gerecht werden.

Es würde Rossi und Loeb sicher Spaß bereiten, einmal ein F1-Rennen gegen andere Piloten zu bestreiten, sich mit ihnen zu messen und zu sehen, wo sie im Vergleich zu diesen Defizite haben, ob sie sich gegen sie verteidigen könnten. Aber die Formel 1 ist keine Juxgesellschaft für verdiente Motorsportler aus anderen Bereichen. Sie ist die Königsklasse des Motorsports und - von diversen Affären und Skandalen einmal abgesehen - ernsthafter Sport. Ein Freizeitstarter, der ein oder zwei Sekunden hinter dem Feld herhechelt, wäre da unpassend - und das würden selbst die Champions anderer Klassen.

Michael Schumacher fuhr bei seinen berüchtigten Motorradrennen hinterher, so gut seine Zeiten für einen Anfänger und Fachfremden auch waren. Er ließ einige echte Zweiradpiloten hinter sich, aber viele fuhren ihm auch auf und davon. Was die Formel 1 am wenigsten braucht, ist noch mehr Ablenkung vom Wesentlichen - dem Sport und den Leistungen der echten F1-Piloten - und F1-fremde Weltmeister mit großen Namen, aber schlechten Ergebnissen im F1-Cockpit. Schließlich würden sich Rossi und Loeb mit Badoer-ähnlichen Leistungen nicht nur selbst schaden und an ihrem Ruf und Ansehen kratzen, sondern auch dem Image der Formel 1 nicht gut tun.

Stars sollen Stars bleiben - auf ihrem Gebiet. Boris Becker spielte nicht Bundesliga-Fußball und Lothar Matthäus nicht Profi-Tennis. Wohin das geführt hätte, haben Gerd Müller und Franz Beckenbauer bei ihren Gesangeseinlagen bewiesen. Aber selbst dabei behielt der Kaiser Recht: Gute Freunde kann niemand trennen - also Rossi und zwei Räder sowie Loeb und heiße Drifts.