Der erste Eindruck ist entscheidend, heißt es jedenfalls. Gerade wenn es um die Zukunft geht, etwa in einem Vorstellungsgespräch. Diese alte Weisheit ist auch fünf Deutschen und einem Schweizer bekannt, aber nicht alle waren davon betroffen. Aber der Reihe nach.

Als Nico zur Tür hereinkam, erhellte sich der Raum: Ein strahlendes Lächeln im Gesicht, die blonden Locken wippten am perfekt gestylten Kandidaten, dessen Lebenslauf beeindruckte: Unzählige Sprachen spricht er fließend und die Leistungen sind bislang aller Ehren wert. Damit konnte er schon einmal Pluspunkte sammeln, doch dann das: "Es war eine Katastrophe", gestand er hinterher. "Wir waren viel zu langsam und ich hatte sehr wenig Haftung, besonders hinten." Schon lag er flach auf dem Boden und das Gelächter war groß. Kein Wunder, dass Nico mit dieser peinlichen Vorstellung ans Ende der Kandidatenliste rutschte. Er hakte den Tag schnell ab: "Ich habe trotzdem einiges daraus gelernt." Und sein Traumarbeitsplatz hat sowieso einen silbernen Schreibtisch.

Sebastian hatte gut lachen: Er durfte den Gremlin raus schmeißen und Ersatz besorgen., Foto: Sutton
Sebastian hatte gut lachen: Er durfte den Gremlin raus schmeißen und Ersatz besorgen., Foto: Sutton

Kaum war Nico aus der Tür draußen, kam schon jemand herein, dessen Name so ähnlich klingt - Nick. Aber was war das? Ein wilder Bartträger stand den Personalchefs gegenüber. Der Jüngste war er auch nicht mehr, aber das fällt heutzutage ja in die Kategorie Erfahrung, ganz besonders bei brasilianischen Bewerbern. Dank der Erfahrung drehte Nick den Spieß um und ließ sich gar nicht selbst bewerten: "Der erste Eindruck ist hier nicht schlecht", kam er etwaigen Fragen zuvor. "Am Anfang war nicht viel zu machen. Ich wollte eigentlich vorher raus, aber wir hatten ein kleines Problem, das wir checken mussten." Für so viele Checks waren die Listen aber gar nicht vorgesehen.

Zum Glück war der nächste Bewerber nicht so fleißig beim Listen ausfüllen. Timo sah wie ein ganz normaler Kerl von nebenan aus. Eigentlich ist er bei seinem aktuellen Arbeitgeber zufrieden, aber die wirtschaftliche Lage stellt dessen Zukunft arg in Frage. Wirklich glücklich war er mit dem Angebot allerdings nicht. "Wir müssen vielleicht einen besseren Kompromiss finden, damit wir gleichmäßig aussortiert sind", pokerte er wie ein alter Hase und vertagte das Gespräch kurzerhand auf den nächsten Tag. "Schauen wir, wie es morgen aussieht. Es fühlt sich nicht schlecht an, aber man weiß nicht, was die Anderen machen." Als gefragter Mann auf dem Arbeitsmarkt hat er nämlich noch andere Eisen im Feuer.

Die Erfahrung ist Nick anzusehen., Foto: Kiefer Racing
Die Erfahrung ist Nick anzusehen., Foto: Kiefer Racing

Für Adrian war der Gang ins Personalbüro eine Art Rückkehr an alte Wirkungsstätte. "Es ist gut, wieder hier zu sein", sagte er. "Ich genieße es, hier zu sein, auch bei nassen Bedingungen." Das ist auch nötig, denn wenn ein Unternehmen in den belgischen Ardennen ansässig ist, ist das Wetter oft kalt und feucht. Da Adrian das ganz besonders gerne mag, gab es diesbezüglich aber keine Probleme und alle waren sofort auf einer Wellenlänge. "Ich bin mit dem heutigen Tag ganz zufrieden", bilanzierte er nach dem Meeting. Selbst die kleine Verspätung verzieh man ihm. Schließlich hatte er eine verständliche Erklärung parat: "Leider hatte ich Verkehr."

Sebastien hat den ganzen Bewerbungskram gar nicht nötig. "Ich habe gestern gehört, dass unser Chef gesagt hat, dass für 2010 alles unverändert bleibt", berichtete er beim Personalgespräch. "Es ist natürlich schön, zu wissen, dass das Team mich schätzt und mich noch ein Jahr behalten will, auch wenn ich sowieso nicht wirklich befürchtet habe, dass das ein Problem geben könnte." So eine Sicherheit hätten Timo und Nick garantiert auch gerne. Aber Sebastien ist eben Schweizer und da ist alles so sicher wie die Banktresore.

Sebastiens Namensvetter Sebastian kam aus einem ganz anderen Grund in die Personalabteilung. Er wollte nicht vorsprechen, sondern seine neuesten Informationen vom Arbeitsmarkt abliefern - schließlich ist er als Headhunter auf der Suche nach einem neuen Antrieb für sein Unternehmen. Denn mit dem bisherigen Antreiber aus Frankreich ist man gar nicht mehr glücklich. "Das Ziel ist es, anzugreifen", gab er seinen Abwerbungsplan vor. Dass der Noch-Kollege dafür seinen Platz räumen muss, gehört für ihn zum Geschäft. "Der Gremlin ist ausgezogen, wir haben ihn rausgeschmissen." Zu viele Gedanken macht er sich deswegen nicht. Skrupel sind bei einem Headhunter fehl am Platz. "Wenn ich stets daran denken würde, würde bestimmt irgendwas passieren." Am Ende zählt für ihn nur die Leistung: "So lange der Motor brummt, ist alles okay."