Warum steigt BMW aus der Formel 1 aus?

Der Formel-1-Ausstieg ist laut dem BMW-Vorstandsvorsitzenden Dr. Norbert Reithofer eine strategische Entscheidung. Man wolle die frei werdenden Ressourcen in zukunftsweisende Technologien stecken. Wie genau das Budget verwendet wird, steht noch nicht fest. "Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten 12 Monate hat ebenso wenig eine Rolle gespielt wie die Performance des Teams 2009", betonte Reithofer. Ganz glauben mag man ihm das aber nicht. Die Verluste in der Wirtschaftskrise, die Misserfolge 2009 und der KERS-Fehlschlag dürften mindestens psychologisch eine Rolle gespielt und zusätzlich gewirkt haben.

Schwerwiegender ist aber sicher die bevorstehende Unterschrift unter das neue Concorde Agreement, womit sich BMW bis Ende 2012 an die Formel 1 hätte binden müssen. "Wir haben uns in den letzten Wochen ernsthaft die Frage gestellt, ob wir uns 3 Jahre an die Formel 1 binden möchten", sagte Reithofer. Für diesen Zeitraum habe die Antwort nein gelautet. "Aus strategischen Gründen möchten wir uns nicht bis 2012 an die F1 binden."

Steigen noch mehr Hersteller aus?

Honda und BMW sind ausgestiegen. Folgen noch mehr Hersteller?, Foto: Sutton
Honda und BMW sind ausgestiegen. Folgen noch mehr Hersteller?, Foto: Sutton

Auch andere Hersteller stehen momentan vor der Frage: Sollen wir uns wirklich für drei Jahre an die Formel 1 und die damit verbundenen Ausgaben binden? Die FIA rechnet damit, dass es noch andere Hersteller erwischen könnte. "Wenn die Kostensenkungsregeln nicht so starke Widerwehr einiger Teamchefs erlebt hätten, wären der Rückzug von BMW und mögliche ähnliche Ankündigungen in der Zukunft vielleicht zu verhindern gewesen", hieß es in einem FIA-Schreiben. Mögliche Kandidaten sind Renault und Toyota. Die Japaner dementierten zwar Ausstiegspläne, aber wie schnell sich Konzernvorstände darüber hinwegsetzen können, haben Honda und BMW bewiesen.

Wird es Kundenmotoren von BMW geben?

Die Antwort ist kurz und präzise: Nein. "Wir werden in der kommenden Saison auch nicht als Motorenhersteller zur Verfügung stehen", sagte Klaus Draeger, Vorstand für Entwicklung. BMW wird somit 2010 überhaupt nicht in der Königsklasse vertreten sein. Das Tourenwagen- respektive Produktionswagenengagement, die Superbike WM und die Formel BMW sollen jedoch weitergeführt werden. Ob bei den Tourenwagen 2010 in der WTCC gefahren wird, ist allerdings noch offen. Auch ein zukünftiger DTM-Einstieg wird nicht kategorisch verneint.

Was geschieht mit dem Personal?

Insgesamt sind durch den F1-Austieg rund 740 Arbeitsplätze betroffen. 420 davon in der Fabrik in Hinwil, 250 in München und 70 in Landshut. In welchem Umfang es zu einem Stellenabbau kommen wird, steht derzeit noch nicht fest. Eine Antwort auf diese Frage müsse aber bis September gefunden werden.

"Wir werden verschiedene Szenarien erarbeiten und bewerten und uns bemühen, für die Mitarbeiter am Standort Hinwil und die in das Formel-1-Projekt eingebundenen Beschäftigten in München Lösungen zu finden", so Draeger. Das ist nun die neue Hauptaufgabe von Motorsportdirektor Mario Theissen. "Ich kümmere mich darum, was aus dem Team wird, danach sehen wir weiter." Die FOTA kündigte bereits Hilfe an, in welcher Form verriet sie allerdings nicht.

Gibt es Käufer für das Team?

Der Ausstieg ist noch nicht lange bekannt, aber die Anlagen in Hinwil sind bekanntlich topmodern - angefangen von der erweiterten Fabrik über den Top-Windkanal bis zu den Supercomputern. Der Standort in der Schweiz könnte für potenzielle Neueinsteiger ein Hemmnis sein, da viele immer noch Großbritannien als einzigen Standort für ein F1-Team ansehen. Toyota, Ferrari, Toro Rosso und BMW Sauber beweisen jedoch, dass es auch abseits der Insel funktionieren kann.

Das BMW-Logo verschwindet aus der Formel 1., Foto: Sutton
Das BMW-Logo verschwindet aus der Formel 1., Foto: Sutton

Sollte das Team nicht übernommen oder verkauft werden, würde ein Platz unter den 13 Teams für 2010 frei. Dann könnte möglicherweise eines jener Teams nachrücken, die von der FIA bislang nicht für 2010 ausgewählt wurden, darunter das Superfund-Projekt mit Alexander Wurz, Espilon Euskadi und David Richards Prodrive-Rennstall.

Was geschieht mit den Fahrern?

Nick Heidfeld und Robert Kubica wurden von der Nachricht ebenso überrollt wie alle anderen. "Die Entscheidung zum Formel-1-Ausstieg von BMW kommt für mich unerwartet", sagte Heidfeld. "Aber die Fahrer sind blitzartige Entscheidungen gewohnt", meinte Theissen. Die Zukunft des Mönchengladbachers war schon vorher offen. Sein Management zeigte sich in alle Richtungen offen. Die Gerüchteköche handelten unter anderem Brawn GP, Williams und Renault als mögliche neue Teams für Heidfeld.

"Was meine persönliche Zukunft angeht, so werden wir die Gespräche unter den neuen Voraussetzungen weiter fortführen", hielt er sich bedeckt. Kubica dürfte die gleichen Anlaufstellen haben, wobei möglicherweise auch McLaren für ihn interessant sein könnte. Allerdings verdichten sich dort die Anzeichen, dass Lewis Hamilton lieber mit Heikki Kovalainen weitermachen möchte.

Ebenfalls betroffen sind Testfahrer Christian Klien und Nico Rosberg, der bei seinen Überlegungen für 2010 sehr in Richtung BMW Sauber tendierte. Für ihn kommt nun ein Verbleib bei Williams oder ein Wechsel zu Brawn GP in Frage. Möglicherweise kommt auch McLaren Mercedes wieder auf den Tisch, wobei ein so starker Teamkollege wie Rosberg Hamilton sicher nicht schmecken würde.

Was ist mit den letzten Saisonrennen?

Das Team wird die zweite Saisonhälfte weiter bestreiten und auch alle Entwicklungsprogramme sollen durchgezogen werden. Sogar neue Ideen möchte Theissen weiterhin einbringen. "Jetzt wollen wir beweisen, dass unser aktuelles Formtief nur ein Ausrutscher ist", so Theissen. "Wir werden alles daran setzen in der zweiten Saisonhälfte in die Erfolgsspur zurückzukehren, alle geplanten Entwicklungsschritte umsetzen und neue Ideen ebenfalls prüfen. Wir wollen die Saison mit guten Ergebnissen abschließen."