Die Entscheidung kam trotz aller Gerüchte doch sehr überraschend - und das Kopfschütteln in der Formel-1-Szene ist groß. Vor allem, weil die Story mit der angeblichen "Neuorientierung" dem BMW-Vorstand sowieso keiner abnimmt und BMW als der große Verlierer dasteht. "Es bleibt ein fader Beigeschmack, wenn sich ein Hersteller in einer sportlich enttäuschenden Phase verabschiedet", sagt Sky-Experte Marc Surer.

Christian Danner wird noch deutlicher: "Hochnotpeinlich" sei das für einen Hersteller wie BMW, sich jetzt so zu verabschieden. Das einzige, was in der Erinnerung bleiben werde, sei, dass man dort den Schwanz eingezogen und gekniffen habe - nachdem es einmal sportlich nicht so lief. "Wenn man so denkt, hätte Mercedes schon ein paar Mal aussteigen können oder müssen. Aber nein, die sehen das sportlich, kämpfen sich durch und kommen wieder. So geht es eben auch."

Der Rückzug auf einem Tiefpunkt, zusammen mit der Tatsache, dass es BMW war, das die Einführung des Millionen teuren KERS Systems in der Formel 1 für 2009 mit Macht durchdrückte, nur um dann selbst darauf zu verzichten und dann jetzt auch noch zu gehen, wirft einen dunklen Schatten. Einen, der den Glanz von drei planmäßigen Aufstiegsjahren nach der Übernahme des Sauber-Teams, in denen man der Spitze kontinuierlich näher kam, schnell auslöschen wird, bei allen wirtschaftlichen und strategischen Überlegungen des Konzerns.

Politische Konsequenzen

Auch Formel-1-gesamtpolitisch hat der BMW-Rückzug Konsequenzen: Die Position der Teamvereinigung FOTA ist geschwächt, das, was der noch amtierende FIA-Präsident Max Mosley immer befürchtet, wovor er gewarnt hatte, ist eingetreten: "Die Hersteller kommen und gehen, wie sie wollen." Jetzt ist der erneute Beweis da: Die Beteuerungen der Formel-1-Teamchefs der Hersteller, man wolle sich in einem neuen Concorde-Abkommen langfristig, bis 2012, zur Teilnahme an der Formel 1 verpflichten, im Budgetstreit mit Mosley immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt, waren nichts wert.

Die Vorstände entscheiden, und das im Zweifelsfall schneller und gnadenloser als sich das die Formel-1-Abteilungen vorstellen können. Das war im Dezember 2008 bei Honda so, jetzt bei BMW - und was von der Toyota-Beteuerung, man werde bleiben, zu halten ist, wird sich womöglich schon in den nächsten Tagen zeigen.

Die Farben von BMW Motorsport verschwinden aus der Formel 1., Foto: Sutton
Die Farben von BMW Motorsport verschwinden aus der Formel 1., Foto: Sutton

Immer mehr sieht es danach aus, dass die Zukunft der Formel 1 verstärkt bei Privatteams liegt - genau wie von Mosley vorausgesagt. Der fühlt sich jetzt als heimlicher Sieger und kann das tatsächlich auch. Seine Warnungen waren keine leeren Worte, seine Vorschläge der massiven Kostensenkungen durchaus sinnvoll. Weniger sogar, weil man dadurch Hersteller wie BMW vielleicht hätte halten können - nein, vor allem deshalb, um es den "Kleinen" leichter zu machen, den Platz der Großen einzunehmen.

Kostenübernahme wie bei Honda?

Sicher, Epsilon Euskadi hat bereits Interesse an einer Übernahme angemeldet, und vor allem Peter Sauber hat erklärt, dass er alles in seiner Macht stehende tun werde, um das Team, an dem er ja noch 20 Prozent Anteile besitzt, irgendwie zu retten, die Ausgangslage dazu sei allerdings sehr schwierig. Bei einem Kostenlimit von 45 Millionen Euro, wie von Mosley vorgeschlagen, von den Hersteller-Teams aber vehement abgelehnt, wäre es einfacher.

Dann würden die von Bernie Ecclestone ausgezahlten Preis- und Fernsehgelder schon mal fast zwei Drittel des Budgets abdecken, der Rest ließe sich über Sponsoren wahrscheinlich finanzieren. Aber jetzt wird man ja zumindest 2010 - dank FOTA-Stufenplänen - noch deutlich mehr brauchen...

Möglich, dass am Ende BMW da - so ähnlich wie Honda im Falle Brawn - einspringt, und zumindest eine Übergangsfinanzierung sicherstellt, bis es 2011 dann nach FOTA-Plan tatsächlich noch einmal deutlich billiger werden wird. Und auch die FOTA als Ganzes hat ja schon Hilfe versprochen. Sollten freilich in den nächsten Tagen oder Wochen noch weitere Hiobsbotschaften etwa von Toyota oder Renault kommen und die FOTA-Position damit noch weiter geschwächt werden, wäre es sogar vorstellbar, dass die FIA ihre Zustimmung zum Kostansparplan der FOTA grundsätzlich noch einmal überdenkt und auf alte, eigene Ideen zurückkommt. Definitiv unterschrieben ist da ja schließlich noch nichts...