Jaime Alguersuari kann gerade einmal zwei Aerodynamik-Tests als Erfahrung vorweisen, dennoch wird der 19-jährige Spanier für Toro Rosso den Ungarn-GP bestreiten. Bei vielen F1-Piloten stößt die Entscheidung Sebastien Bourdais gegen Alguersuari auszuwechseln auf Unverständnis. Mark Webber kritisierte Toro Rosso aufs Schärfste und sprach sich gegen den "Jugendwahn" in der Formel 1 aus.

"Die Formel 1 sollte keine Fahrschule sein, in der man noch lernen darf. Fahrer, die hier antreten, sollten schon bereit sein, wenn sie herkommen. Aber vielleicht haben sich die Zeiten geändert", meinte der Australier. Auch Felipe Massa hält es für falsch, Alguersuari hinter das Steuer eines F1-Boliden zu lassen. Der Spanier sei noch zu jung und zu unerfahren. "Das ist einfach falsch und es ist nicht gut für ihn. Vielleicht ist er ein unglaubliches Talent und macht es besser als es jeder denkt, aber ich denke, dass es nicht gut für ihn ist", erklärte der Ferrari-Pilot.

Zu jung, zu unerfahren

Massa selbst war bei seinem F1-Debüt erst 20 Jahre alt. "Ich kann sagen, dass es für mich zu früh war. Ich war zu unerfahren, um zu sagen, was ich vom Auto brauche und habe viele Fehler gemacht. Allerdings habe ich bereits im Winter Testfahrten absolviert, er [Alguersuari] hingegen hat noch nie ein F1-Auto gefahren", kritisierte Massa.

Nick Heidfeld und Nelson Piquet prophezeien Alguersuari ebenfalls eine harte Zeit voraus. Piquet selbst kann sich noch zu gut an sein erstes Mal in einem F1-Auto erinnern. "Es war sehr schwierig zu kontrollieren. Es hatte so viel Kraft", erinnert sich der Brasilianer. Es reiche nicht aus, sich in das Auto zu setzen und einfach loszufahren. "Du musst wissen, was da draußen alles abgeht. Nach jedem Einsatz wollen die vielen Ingenieure alles genauestens wissen", warnte Piquet den Debütanten.

Einer kann hingegen die ganze Aufregung um Alguersuari nicht verstehen: Fernando Alonso. "Ich war es auch immer gewohnt, in meiner Karriere der Jüngste zu sein und gegen Ältere anzutreten. Er bekommt die Möglichkeit in der Formel 1 zu fahren. Da würde ja keiner Nein sagen", erklärte der zweifache F1-Champion gegenüber auto, motor und sport.

Rückhalt für die Jungen

Jaime Alguersuari wird an diesem Wochenende genau beobachtet., Foto: Sutton
Jaime Alguersuari wird an diesem Wochenende genau beobachtet., Foto: Sutton

Auch Heikki Kovalainen sieht in dem Jungspund keine Gefahr für den Rest des Starterfeldes. "Wer eine Superlizenz erhält, sollte wissen, wie man solche Autos zu fahren hat", sagte der Finne. "Bislang haben die jungen, unerfahrenen Piloten keine Zwischenfälle ausgelöst." So lange nichts passiere, sei das okay. Allerdings sehe er ein Limit. "Es kommt darauf an, wie die Fahrer damit umgehen." Bevor es zu Zwischenfällen komme, ein Fahrer das Auto verliere und jemand verletzt würde, müsse man sich noch einmal unterhalten.

Einfach wird es für Alguersuari sicherlich nicht. "Die Reifen kommen manchmal nicht auf Temperatur, manchmal haben sie Graining", berichtet Kovalainen von den Problemen als F1-Pilot. "Man muss sich an die Bremsen, den Grip und die Leistung anpassen. Es kann sich im Laufe eines Runs viel verändern, man muss viel am Lenkrad verstellen. Es kann ziemlich schwierig sein, so lange man keine Routine darin hat."

Kovalainen ist wie der Spanier in der Renault World Series gefahren, hat diese 2004 sogar gewonnen, wechselte danach aber in die GP2 und nicht wie von ihm erwünscht direkt in die Formel 1. "Ich habe Ende 2003 für Minardi getestet und wollte unbedingt fahren, aber mein Management dachte, es wäre besser, woanders zu fahren." Ob er sich damals gut geschlagen hätte, kann er heute nicht beurteilen. "Das ist unmöglich zu sagen, denn ich habe in den anderen Serien und als F1-Testfahrer viel gelernt." 2006 fuhr er fast 25.000 Testkilometer für Renault. "Aber ich habe ein Jahr Racing verpasst. Es ist schwierig zu sagen, was der bessere Weg ist."

Viel zu lernen

Sebastian Vettel zählt selbst noch zur jungen Garde der Formel 1. Er stärkt dem Nachwuchs bis zu einem gewissen Punkt den Rücken. "Es ist sicher keine einfache Situation für ihn, weil er das Auto zum ersten Mal fährt." Dafür dürfe man aber nicht Alguersuari kritisieren. "Es ist das Regelwerk, welches den jungen Fahrern heutzutage keine Chance gibt, richtig einzusteigen." Statt Erfahrungen in einem F1-Auto zu sammeln und Testfahrten zu absolvieren, müssen die Nachwuchspiloten untätig zuschauen und werden nun ins kalte Wasser geworfen. "Man will zeigen, dass man schneller und besser ist als die alten Fahrer, aber diese Möglichkeit hat man gar nicht."

Vettels erster F1-Chef Mario Theissen erinnert sich daran, dass man vor zwei, drei Jahren einen jungen Fahrer erst als F1-reif erachtete, wenn er 5.000 bis 10.000 Testkilometer hinter sich hatte. Diese Fahrer hätten sich dann relativ schnell etabliert und seien zur Spitze vorgestoßen. "Unter den gegenwärtigen Umständen ist das fast nicht möglich", so Theissen. Die Entscheidung von Toro Rosso erachtet er als mutig. "Man kann sie treffen, wenn es für das Team nicht um wichtige Platzierungen geht und der Fahrer reif genug ist." Ein Risiko bleibe aber immer - für alle Beteiligten. "In meinen Augen ist das kein guter Ansatz für die Formel 1."