Wann und warum haben Sie sich entschlossen als FIA-Präsident zu kandidieren?
Ari Vatanen: Ich denke, man kann im Leben nichts forcieren. Wenn die Tür vor dir geschlossen ist, dann bleibt sie auch geschlossen. Wenn aber die Tür einen Spalt offen ist, dann liegt es in der Natur des Menschen, die Tür noch weiter öffnen zu wollen und ich versuche gerade die Tür etwas weiter zu öffnen. Als Max [Mosley] vor zwei Wochen erklärte, dass er als FIA-Präsident zurücktreten würde, war das für mich der Anstoß. Ich dachte, das ist meine Chance, denn diese Idee schlummerte schon seit Jahren in mir. Jetzt denke ich, ich muss es versuchen. Glauben sie mir, dieser Schritt geht nicht nur von mir aus. Es stehen viele Leute hinter mir. Sicherlich übt diese Position einen Druck aus, aber ich sehe die FIA als eine Familie an und was ist das Image unserer Familie heute? Es geht jetzt nicht darum, einen Schuldigen zu finden. Es braucht immer Zwei für einen Tango und es braucht immer mehrere Personen, um einen Krieg zu beginnen. Heute ist die FIA ein Kriegsfeld, das sollte aber nicht so sein. Wir sollten eine Gemeinschaft sein, in der alle FIA-Mitglieder sich treffen, um eine Lösung zu finden. Man kann aber keine Lösung finden, wenn man den anderen in der Familie den eigenen Willen aufzwingt. Das funktioniert vielleicht in bestimmten Situationen, aber das hat keine nachhaltige Entwicklung. Das muss jetzt ein Ende finden, andernfalls werden wir Zeugen des Zerfalls der FIA. Für die Hersteller ist die momentane Situation nicht mehr tragbar. Es hat die elfte Stunde geschlagen, um die FIA zu retten und um ein Image von Integrität und Würde wieder zu erlangen. Dieses Image haben wir in den vergangenen Jahren verloren. Max hat einen fantastischen Job gemacht, das bestreitet niemand.

Hat Max Mosley keine Fehler gemacht?
Vatanen: Sicher hat er Fehler gemacht, niemand ist perfekt. Aber jetzt ist nicht die Zeit, um jemanden zu kritisieren. Es geht darum die FIA zu retten, denn in ihr steckt eine Menge Potenzial, aber die Leute befürchten, dass dieses Potenzial niemals ausgeschöpft wird. Die FIA ist wie eine Blume. Wenn sie kein Wasser bekommt, dann kann sie nicht wachsen und nicht blühen, aber das macht ihre Schönheit aus.

Sie haben die FIA als Familie bezeichnet. Ist das nicht etwas seltsam? Schließlich braucht man viele Unterstützer? Was sind die Schwierigkeiten?
Vatanen: Die Schwierigkeiten sind leicht zu verstehen. Die FIA gehört den Automobilklubs. Es gibt 220 Klubs und nur sie können wählen. Sie sind die Besitzer der FIA und sie wählen. Die Hersteller sind unsere Partner, sie sind Familienmitglieder und nicht unsere Feinde. Wir sind alle eine Familie, wir gehören alle zusammen. Wenn man gegen die Hersteller kämpft, dann zerstört man die Formel 1.

Wie sieht Ihre Vision aus?
Vatanen: Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, was meine spezifischen Pläne betrifft. Als Erstes müssen wir unsere Familie retten und wiedervereinen. Sicherlich muss eine objektive Beobachtung stattfinden. Ich will die Formel 1 nicht kritisieren, denn die Formel 1 ist eine großartige Plattform. Aber es müssen auch andere F1-Formen nach vorne gepusht werden und um andere Disziplinen erweitert werden. Die Formel 1 kann genauso bleiben wie sie ist, aber gleichzeitig müssen wir andere Formen des Motorsports entwickeln. Das bedeutet ganz einfach, dass man kompetente Leute braucht, die auch wissen, worum es zum Beispiel in der Rallye-Weltmeisterschaft geht und diese Leute braucht man in jedem Bereich. Man muss die Familie weiterentwickeln.

Heißt das, dass Sie auch die internen Strukturen ändern wollen?
Vatanen: Na ja, da muss man vorsichtig sein, denn wenn man etwas Falsches sagt, bricht Panik aus. Der Job eines Präsidenten ist es nicht, alles allein zu schaukeln. Er ist ein Repräsentant und ein Sprecher, er ist in die Politik involviert, um die FIA-Familie zu verteidigen. Aber er muss die Macht auch an kompetente Leute unter ihm delegieren, die von ihm respektiert werden wie in jeder anderen Firma. Es gehört nicht zu den Aufgaben eines World Councils die technischen Regeln zu diskutieren. Das muss in einer Kommission gemacht werden ähnlich dem Parlament. Nur die großen Entscheidungen sollten vom World Council getroffen werden, aber das geht schon wieder zu sehr in die Details. Mein Hauptanliegen kann ich in zwei Wörtern erklären: schlichten und wiedervereinen. Wenn wir das gemacht haben, dann erhalten wir wieder die Würde zurück, die wir in der Welt draußen verloren haben.

Jean Todt ist nicht begeistert von der Kandidatur des Finnen, Foto: Sutton
Jean Todt ist nicht begeistert von der Kandidatur des Finnen, Foto: Sutton

Sollten Sie im Oktober gewählt werden, dann ist es das reichlich spät für die ganzen Dinge, die im Moment in der Formel 1 vor sich gehen. Beunruhigt Sie das?
Vatanen: Die F1-Welt wartet sicher nicht bis Oktober. Wenn Max seine Versprechen nicht einhält, dann werden sie schon bald weg brechen. Die Teams können nicht warten, sie haben keine Minute zu verschwenden. Aber keiner will wirklich aus der FIA-Familie scheiden und Max will sicher nicht als Präsident in Erinnerung bleiben, in dessen "Regentschaft" die Formel 1 auseinander gebrochen ist. Ich denke, der Lernprozess hat begonnen.

Haben Sie sich mit den Teams bereits getroffen? Gab es einen warmen Empfang?
Vatanen: Sicherlich habe ich mich mit den Teams getroffen. Ich denke, die Leute kanalisieren ihre Frustration und ihre Hoffnungen oftmals in eine Person und das passiert gerade. Es gibt momentan einfach keine andere Alternative. Ich versuche in dieser Situation als eine Art "Leiter" zu fungieren.

Jean Todt ist nicht gerade begeistert von Ihrer Kandidatur.
Vatanen: Er ist ein Freund von mir und er wird auch weiterhin ein Freund bleiben. Das ist eine offene Gesellschaft. Es gibt kein Monopol auf den Präsidentenposten. Ich weiß, dass er das leider nicht so sieht, aber ich verstehe nicht warum.

Welche Qualitäten besitzen Sie? Was sind Ihre Schwächen und was Ihre Stärken?
Vatanen: Was die Schwächen betrifft, da müssen sie meine Frau fragen. Sie kennt mich sehr, sehr gut. Ich würde sagen vielleicht meine Bescheidenheit. Meine Stärke ist: ich versuche herauszufinden, was richtig und was falsch ist.