Glocke für Runde 9 der Formel-1-Weltmeisterschaft am legendären Nürburgring. Während am Vorabend des Grand Prix Boxweltmeister Felix Sturm seinen Titel gegen Europameister Khoren Gevor in der neuen Ringarena verteidigen möchte, tritt am Sonntagnachmittag Herausforderer Sebastian Vettel bei seinem Heimspiel gegen WM-Spitzenreiter Jenson Button an.

Der Kampf ist auf 60 Runden angesetzt und nach dem überraschenden KO-Sieg von Vettel beim Heimrennen von Button in Silverstone so offen wie noch nie. "Sie sind schlagbar", stellte Vettels Teamchef Christian Horner nach dem letzten Rennen fest. "Uns steht eine sehr spannende zweite Saisonhälfte bevor." Dafür soll Vettel mit seinem dritten Saisonsieg sorgen, es wäre sein vierter GP-Erfolg insgesamt.

Die Unterstützung seiner Fans ist Vettel gewiss. "In den 90 Minuten, in denen ich das Rennen fahre, denke ich nicht darüber nach, in welchem Land ich mich gerade befinde, sondern konzentriere mich voll auf das Rennen", sagt er. "Aber ich finde es gut, dass es so viele Motorsport-Fans gibt, die uns Fahrer mit ihren Tröten, Fahnen und was es sonst noch gibt anfeuern. Das hebt gewaltig die Stimmung. Es gibt nichts Schöneres als eine Ehrenrunde nach einem Sieg vorbei am Publikum."

Das Auto

Bis es zu einer möglichen Ehrenrunde als Sieger am Nürburgring kommt, gilt es noch einige Fragen zu beantworten. Zum Beispiel diese: Wird der Red Bull auf dem Ring genauso überlegen sein wie in Silverstone? "Mit allem nötigen Respekt, wir fuhren in Silverstone gegen Williams und Ferrari und wir machen das normalerweise nicht", betonte Ross Brawn. "Ich denke nicht, dass sie uns überholt haben, ich denke, wir hatten ein paar Probleme."

Dennoch habe Red Bull mit dem neuen Aerodynamikpaket einen Schritt nach vorne gemacht. Deswegen müsse auch Brawn GP nachlegen. Neben einigen Neuerungen ausschließlich für den Nürburgring sollen auch neue Teile ans Auto zurückkehren, die in Silverstone zwar im Freien Training ausprobiert wurden, dann aber nicht im Qualifying und Rennen zum Einsatz kamen. "Das sollte uns ein gutes Wochenende ermöglichen", glaubt Brawn.

Red Bull jagt weiter Brawn GP., Foto: Sutton
Red Bull jagt weiter Brawn GP., Foto: Sutton

Fernando Alonso ist jedenfalls vom Brawn angetan. "Der Brawn liegt absolut ausbalanciert in den Kurven", wurde der Spanier von auto motor und sport zitiert. Und auch der Bolide von Red Bull genießt die Anerkennung des zweifachen Weltmeisters. "Wie die durch die schnellen Kurven fahren können, das ist unglaublich."

Darauf ruht man sich allerdings nicht aus. "Die Jungs in der Fabrik arbeiten hart und wir bringen zu jedem Rennen neue Teile mit", kündigt Vettel an. "Die Updates werden nicht so groß sein wie in Silverstone, aber wir wollen bei jedem Rennen mehr aus dem Auto herausholen", verrät Horner.

Die Temperatur

Das große Brawn-Problem in Silverstone waren die Reifen. "Wir wussten von Beginn an, dass unser Auto bei niedrigen Streckentemperaturen nicht besonders gut läuft", gestand Brawn. Das habe sich schon in Shanghai gezeigt, wo Red Bull ebenso einen Doppelsieg feierte wie in Silverstone. "Unser Auto geht mit den Reifen sehr schonend um, was die meiste Zeit toll ist, aber wenn man auf einer kalten Strecke fährt, wird es sehr schwierig sie zum Laufen zu bringen", bestätigte Button.

Aus diesem Grund habe man in Silverstone in den langsamen und mittelschnellen Streckenteilen nicht die Zeiten erzielt, die man normalerweise dort fahre. "Ich denke, die Strecke war schon immer eine, die uns entgegen gekommen ist", sagte Adrian Newey. "Es wäre möglich, dass das Problem, die Reifen auf Temperatur zu bekommen, was manches Team hatte, den Abstand größer aussehen ließ als er tatsächlich ist", stimmte er der These von Brawn zu. "Wir müssen abwarten wie die Situation auf den nächsten Strecken aussieht."

Christian Horner macht Brawn keine großen Hoffnungen: "Das Wetter kann auch am Nürburgring sehr englisch sein", spielt er auf das berüchtigte Eifelwetter an. "Wir sollten unseren Kampf gegen Brawn dort fortsetzen können. Hoffentlich bleiben wir vor ihnen." Button betreibt hingegen Eigenwerbung bei den deutschen Fans: "Ich habe einen deutschen Motor, also müsst ihr mich in Deutschland unterstützen", scherzte er. "Macht die Haarföne an, damit die Streckentemperatur hoch genug ist, weil unsere Reifen sonst nicht laufen."

Die Strecke

Die Charakteristik des Nürburgring kommt dem Red Bull nicht ganz so entgegen wie jene in Silverstone. Einige schnelle Kurven weichen hier langsameren Abschnitten, die Brawn besser liegen sollten als viele schnelle Ecken. "Der Nürburgring sollte unserem Auto liegen und den Stärken in die Hände spielen", meint Brawn. Einmal gebe es viele mittelschnelle Kurven, die zu den Stärken des BGP001 zählen. "Und dann hat die Strecke einige der härtesten Bremszonen im Kalender", erklärt Button. Auch das liege dem Brawn.

Auch Brawn CEO Nick Fry hofft auf eine Wende am Ring. "Wir kamen in die Türkei und nach Silverstone und wussten, dass der Red Bull aufgrund der Streckencharakteristik wohl das stärkere Auto sein würde", erinnert er sich. "Sie haben sehr gute Aerodynamik für hohe Geschwindigkeiten. Wenn wir wieder Strecken mit langsameren Kurven und höheren Temperaturen haben, wird die Normalität Einkehr halten." Die deutschen Fans werden auf das Gegenteil hoffen und Silverstone zum Normalzustand ernennen.