1. Warum war Button im Rennen schneller als im Qualifying?

Es ist mittlerweile ein gewohntes Bild: Am Freitag ist Rubens Barrichello schneller als Jenson Button, der noch über das Setup mault. Am Samstag steht Button dann vor Barrichello - und meistens auf Pole. Am Sonntag gewinnt Button dann scheinbar mühelos ein Rennen nach dem anderen.

"Das Auto war heute das Beste, das ich in diesem Jahr gefahren bin. Es war ein Monster", lobte Button. "Es wird besser und besser." Aber warum, wenn am Samstag doch Sebastian Vettel im Red Bull auf die Pole gefahren war - und dabei nicht so viel weniger Sprit an Bord hatte, dass es den Unterscheid in der Rennperformance der beiden Boliden erklären würde. "Der Red Bull ist ein Auto, das auf einer Runde besser funktioniert", erklärt Christian Danner.

"Es scheint so, dass der Brawn auf Longruns eine sehr gute Pace hat", bestätigt Christian Klien. "Das zeigt, dass das Auto sehr stark ist." Im Qualifying komme es eher einmal vor, dass ein Auto so gebaut sei, dass es mit wenig Benzin sehr stark sei. "Das Wichtige ist aber die Rennpace. Dort werden schließlich die Siege und die Punkte eingefahren." Red Bull Berater Helmut Marko gab jedoch zu bedenken: "Wir wissen nicht, ob das Vettel-Auto bei seinem Ausritt eine Beschädigung abbekommen hat oder nicht."

2. Warum kam Vettel von der Bahn ab?

Apropos Vettel-Auto und Ausritt: Am Start setzte er sich - anders als bei einigen der vergangenen Rennen in dieser Saison - klar gegen Button durch. Doch in Kurve 9 machte er noch in der ersten Runde einen Fehler und verlor die Führung an den Briten. "Ich verlor das Auto fast", gestand Vettel. "Es war mein Fehler. Es war den ganzen Tag an dieser Stelle schwierig, vielleicht hat der Wind von hinten geblasen. Auf der zweiten Runde habe ich das Auto dort auch fast verloren."

3. Warum stoppte Vettel dreimal?

Button hätte am liebsten sein ganzes Team aufs Podium mitgenommen., Foto: Sutton
Button hätte am liebsten sein ganzes Team aufs Podium mitgenommen., Foto: Sutton

Ross Brawn gilt als Meister der Strategie. Nach Vettels Fehler zu Rennbeginn musste das Team den Konkurrenten ausgerechnet in dessen Paradedisziplin schlagen, wenn es noch eine Siegchance haben wollte. "Sie wollten zwei Stopps mit einem kurzen und zwei langen Stints fahren", verrät Danner. "Dann haben sie aber auf vier kurze Stints umgestellt, weil sie dachten, dass sie Sebastian so nach vorne bekommen könnten."

Helmut Marko bestätigt diesen Gedankengang: "Wir wussten, dass von hinten niemand in der Lage war, uns vom Speed her zu gefährden." Also entschloss man sich für die Dreistoppstrategie, um so Druck auf Button auszuüben. "Das ist uns auch gelungen", merkt Marko an. "Er hat einen Fehler gemacht, aber er war nicht gravierend genug." Vettel konnte ihn nicht ausnutzen und war danach zu weit weg, um einen weiteren Angriff zu starten.

"Man darf dem Team keinen Vorwurf machen, sie wollen ja auch gewinnen", wehrte Danner die Kritik an den Red Bull Strategen ab. "Dafür lassen sie keine Gelegenheit aus - wenn es dann in die Hose geht, haben sie es wenigstens probiert." Nach Barcelona ging es bei Vettel zum zweiten Mal in die Hose. Beide Male hielt sich der Schaden für das Team in Grenzen: Vettel verlor die Position jeweils gegen seinen Teamkollegen.

4. Warum war Vettel sauer?

Vettel war nach dem Rennen bedient. Auf dem Siegerpodest und bei der Siegerpressekonferenz war ihm der Ärger anzumerken. Er sagte sogar: "Die drei Stopps erwiesen sich als nicht so schnell wie zwei Stopps. Es war klar, dass ich weniger Benzin hatte als Jenson und deswegen war ich überrascht, dass wir dennoch eine Dreistoppstrategie wählten. Das machte wenig Sinn, besonders weil ich Jenson im Mittelstint einholte und Zeit verlor. Da haben wir nicht den besten Job gemacht."

Erst nach dem Rennen nahm sich Marko seinen Schützling zur Seite und erklärte ihm, warum das Team die Strategie umstellte und dass die Dreistopps ihn auch auf Platz 2 gebracht hätten, wenn er im dritten Stint schnellere Zeiten gefahren wäre.

"Im dritten Stint hat Sebastian leider starke Vibrationen gehabt und konnte nicht das Tempo gehen, das wir von ihm gewohnt waren", so Marko. So habe er Platz 2 verloren. "Es war nicht die Strategie, sondern entweder ein schlechter Reifensatz oder die Möglichkeit, dass er bei seinem Ausrutscher einiges an seinem Auto nicht unbedingt optimiert hat. Denn seine Rundenzeiten waren generell unter den Erwartungen." Das habe er Vettel anhand von Grafiken erläutert. Danach habe dieser es eingesehen.

5. Nahm Vettel am Ende Speed raus?

Vettel kam vom rechten Weg ab., Foto: Sutton
Vettel kam vom rechten Weg ab., Foto: Sutton

In den Schlussrunden holte Vettel mit großen Schritten auf seinen Teamkollegen Webber auf. Diesem hatte das Team gesagt, die Pace rauszunehmen und das Auto zu schonen. "Sie sagten auch mir nicht, dass ich Mark nicht überholen sollte, sondern dass Mark schneller sei als ich", so Vettel über den Funkspruch. "Ähnlich wie er haben wir den Motor etwas heruntergedreht und das Auto ins Ziel gebracht."

Trotzdem gab er mehr Gas als sein Teamkollege und fuhr vor allem im ersten Sektor starke Zeiten, so dass er immer weiter auf Webber aufschloss. Eine kleine Rebellion, weil er wegen der Strategieentscheidung zuvor sauer war? Ein Anflug von Energie, wie ihn Kimi Räikkönen im letzten Jahr öfter erhielt, wenn er in den letzten Runden eine schnellste Rennrunde nach der anderen hinknallte? Vettel verneinte nichts davon: "Ich war nicht glücklich und pushte bis zum Ende. Natürlich haben wir beide die Motoren heruntergedreht, aber ich würde trotzdem lieber in den letzten Runden alles geben und Spaß haben, als sinnlos herum zu fahren."

6. Warum war Ferrari wieder schlechter?

In Monaco schien Ferrari sich an der Spitze zurückgemeldet zu haben. Doch in Istanbul waren sie schlechter unterwegs als in Barcelona, was angesichts der speziellen Charakteristik des Stadtkurses der wahre Gradmesser gewesen ist. "Bei Ferrari lief nichts zusammen", war Christian Danner erstaunt. "Kimi Räikkönen hat Fehler gemacht und Felipe Massa ist sehr gut gestartet und danach war nichts mehr los."

Selbst Teamchef Stefano Domenicali war davon überrascht. "Wir müssen analysieren warum das Auto am Freitag und Samstagmorgen sehr schnell war, wenn man bedenkt, dass wir mit viel Benzin fuhren." Ab dem Q2 lief es dann gegen das Team. Räikkönen sah das Positive und schob die Probleme auf die Strecke: "Es hat sich definitiv etwas verbessert, aber hier war es schwerer als beim vorigen Rennen. Es hängt einfach davon ab, wo man hinkommt, welche Strecke es ist."

Sutil auf der Flucht: Bald sollte es erneut krachen., Foto: Sutton
Sutil auf der Flucht: Bald sollte es erneut krachen., Foto: Sutton

7. Warum kam Barrichello so schlecht weg?

"Wir hatten ein Problem mit der Kupplung, ein ähnliches Problem, das wir schon in Melbourne hatten", erklärte Ross Brawn den im wahrsten Sinne des Wortes stehenden Start des Brasilianers. "Er hat in der Hektik die Kupplung zu schnell kommen lassen und dabei das Getriebe beschädigt." Das verursachte später auch den Defekt seines siebten Ganges und letztlich den ersten Ausfall der Saison.

8. Warum kollidierte Barrichello mit allen?

Nach dem schlechten Start versuchte Barrichello in Rambomanier im Mittelfeld Boden gutzumachen. "Er hat es dann mit der Brechstange probiert", meinte Klien. "Überall, wo er jemanden anrempeln konnte, hat er es versucht. Das Rennen war komplett daneben." Heikki Kovalainen und Adrian Sutil können das bezeugen. Danner nahm den Brasilianer jedoch in Schutz: "Dass er rein hält, ist richtig", sagte er. "Da mache ich ihm keinen Vorwurf. Wer ohne Risiko vom 12. Platz nach vorne fahren will, kann es gleich sein lassen."