1. - S wie Startaufstellung

Seit China hat er es immer wieder probiert, in der Türkei hat es endlich geklappt: Sebastian Vettel hat die Brawn-Renner im Qualifying geschlagen und kann somit ohne lästige Konkurrenz vor sich ins Rennen gehen. "Einfach war es nicht, schließlich hatten wir gestern kein Training", sagte er. "Zudem war es schwierig, weil sich die Reifen nicht eindeutig zuordnen ließen."

Davon ließ er sich jedoch nicht einbremsen und verwies Jenson Button und Rubens Barrichello auf die Plätze 2 und 3. "Jenson und Rubens hatten verschiedene Reifenvorlieben, also haben wir ihre Strategien für das Q3 angepasst", verriet Ross Brawn. Während Button mit den weichen Reifen fuhr, versuchte sich Barrichello mit drei schnellen Runden am Stück auf den harten Pneus.

Für Felipe Massa lief es nur bis zum entscheidenden Q3 gut. "Als ich dann Benzin in meinen Tank füllte, war die Balance des Autos weg", klagte der Ferrari-Pilot. "Ich bekam Übersteuern und es war schwer das Auto zu fahren." So landete er hinter seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen auf Platz 7.

Erst gar nicht bis ins Q2 kam Weltmeister Lewis Hamilton. "Wir sind einfach nicht schnell genug", gestand der Brite. "Unser Auto scheint im Gegensatz zu den anderen bei weniger Grip auf der Strecke langsamer zu sein. Ich habe so hart gepusht wie möglich, aber da draußen war kein Grip."

2. - S wie Start

Sebastian Vettel war die Erleichterung noch im Auto anzumerken. Per Funk freute er sich, dass die KERS-Autos nicht direkt hinter ihm stehen. "Sie sind am Start und in der ersten Runde eine Gefahr", erklärte er uns. "Gerade auf der Gegengeraden bergauf in Richtung Kurve 12 hat man mit KERS einen ziemlichen Vorteil - wenn es funktioniert." Somit sei es gut, dass sie etwas weiter hinten stünden und die Gefahr eines Massa-Train wie in Barcelona gebannt ist.

Jenson Button wird Vettel attackieren., Foto: Sutton
Jenson Button wird Vettel attackieren., Foto: Sutton

Kimi Räikkönen bestätigt das nur teilweise: "KERS ist hier eine größere Hilfe als in Monaco, aber viel wichtiger ist auf dieser Strecke einen guten Grip zu haben." Darüber entscheidet unter anderem die Startposition. "Der Unterschied zwischen der sauberen und der schmutzigen Seite ist hier viel größer als auf anderen Strecken", betont der Finne. "Wir stehen auf der sauberen Seite", freut sich Vettel, der zuletzt allerdings von keiner Seite besonders überzeugende Starts hinlegen konnte.

Aber auch Jenson Button auf Platz 2 muss zittern. "Ich habe den Vorteil, von der sauberen Seite zu starten und möchte einen guten Start hinlegen", kündigt sein Teamkollege Rubens Barrichello an. "Obwohl ich Jenson sehr mag, hoffe ich, dass meine Seite der Aufstellung besser ist." Dahinter hofft Nico Rosberg auf einen Blitzstart. Er weiß zwar, dass Massa im KERS-Ferrari nur schwer zu packen sein wird. "Aber Alonso kann ich am Start schon packen."

3. - S wie Schlüsselstelle

"In der Türkei geht es vor allem um Kurve acht, diese Hochgeschwindigkeitskurve mit vier Scheitelpunkten", liegt Heikki Kovalainen nicht ganz falsch. "Ich glaube, ich wurde in fast jedem Interview nach Kurve 8 gefragt", sagt Nick Heidfeld. Aber was ist daran so besonders? "Es geht links, links, links und noch mal links", erklärt Kovalainen. "Du musst den ersten Scheitelpunkt genau treffen, dann lupfst du im richtigen Moment ein klein wenig, dann geht's mit Vollgas zum nächsten Scheitelpunkt."

"Kurve 8 ist wahrscheinlich unsere schwächste Stelle auf dieser Strecke", glaubt Button, der Ferrari und vor allem Red Bull in der schnellen Kurve vorne sieht. "In Barcelona hat Red Bull uns anderthalb bis zwei Zehntel in den beiden schnellen Kurven abgenommen. Das ist massiv." Neben der fahrerischen Leistung ist in Kurve 8 auch die Fitness gefragt, immerhin gilt es mit 260 km/h für 8 Sekunden rund 4,5G auszuhalten. Für Alexander Wurz ist die Kurve deshalb ein Nackenkiller, er auch noch entgegen dem Uhrzeigersinn befahren wird.

4. - S wie Setup

Eine relativ steife Fahrwerksabstimmung gewährleistet präzise Richtungswechsel in den schnellsten Passagen, eine weichere Abstimmung verleiht dem Auto mehr mechanischen Grip in den langsamen Streckenteilen am Ende der Runde. Zwar sind echte Highspeed-Kurven im Istanbul Park die Ausnahme - dennoch verwenden die Teams gerade mit Blick auf den wichtigen Turn 8 eine aerodynamische Abstimmung mit mittelhohem Abtriebsniveau.

Die Bremszone vor Turn 12 am Ende der langen Gegengeraden ist der einzige Streckenteil, der die Bremsen überdurchschnittlich fordert. Diese Stelle gilt als bevorzugte Überholmöglichkeit, was im Rennen für manchen packenden Zweikampf sorgen dürfte. Weil das mittlere Downforce-Niveau relativ wenig zur Bremsstabilität beiträgt, bekommen die Piloten manchmal Probleme mit blockierenden Hinterrädern.

Ferrari steht auf dem Prüfstand., Foto: Sutton
Ferrari steht auf dem Prüfstand., Foto: Sutton

Wie die meisten der modernen Grand Prix-Kurse stellt der Istanbul Park hohe und sehr verschiedenartige Anforderungen an die Motoren - gute Topspeed-Werte vereint mit kraftvollem Hochdrehen aus niedrigen Drehzahlen. Auch hier spielt Kurve 8 eine Sonderrolle: Um in der ultraschnellen Passage die Balance des Autos nicht zu gefährden, muss die Leistungsabgabe bei hohen Drehzahlen sehr fein zu dosieren sein. Rund 65 Prozent einer Runde sind die Drosselklappen voll geöffnet, was etwa dem Durchschnittswert der Saison entspricht.

5. - S wie Strategie

Die Spritmengen sind in dieser Saison kein Geheimnis mehr. Die Bekanntgabe der Fahrzeuggewichte am Samstagabend verriet diesmal, dass Fernando Alonso und Sebastian Vettel die leichtesten Autos im Feld haben. Der Deutsche wird also nach dem Start - sollte er diesen gewinnen - einen Vorsprung herausfahren müssen, um vor den beiden Brawn-Boliden zu bleiben. Die größte Spritladung in den Top-10 hat Robert Kubica an Bord.

Die größte Frage für das Rennen bleiben also die Reifen. Diese geben den Teams jedoch noch Fragezeichen auf. Bei einigen gibt es keine Unterschiede zwischen der Performance der Reifen, bei anderen gibt es sogar Unterschiede zwischen den beiden Fahrern des Teams. "Im Qualifying war der weiche Reifen OK, gestern war der eine Katastrophe", meint etwa Nico Rosberg. "Wir sind unsere Zeiten immer auf hart gefahren. Im Rennen dürfte der weiche schnell kaputt gehen, er bekommt vorne Wellen in der Oberfläche." Vor allem Kurve 8 könnte sich als problematisch erweisen.

Sebastian Vettel dürfte seit Monaco gewarnt sein, wie viel Zeit Reifenprobleme kosten können. Er entschied sich im Qualifying für die weichere Mischung. "Aber ich glaube, der harte wäre nicht viel langsamer gewesen, wenn überhaupt."

Qualifying-Gewichte
1. Sebastian Vettel 649.5 kg (14. Runde)
2. Jenson Button 655.5 kg (16. Runde)
3. Rubens Barrichello 652.5 kg (15. Runde)
4. Mark Webber 656.0 kg (17. Runde)
5. Jarno Trulli 652.0 kg (15. Runde)
6. Kimi Raikkonen 658.0 kg (17. Runde)
7. Felipe Massa 654.0 kg (16. Runde)
8. Fernando Alonso 644.5 kg (12. Runde)
9. Nico Rosberg 660.0 kg (18. Runde)
10. Robert Kubica 664.0 kg (20. Runde)
11. Nick Heidfeld 681.5 kg (26. Runde)
12. Kazuki Nakajima 680.4 kg (26. Runde)
13. Timo Glock 689.0 kg (29. Runde)
14. Heikki Kovalainen 665.0 kg (20. Runde)
15. Adrian Sutil 668.5 kg (21. Runde)
16. Lewis Hamilton 696.5 kg (32. Runde)
17. Nelson Piquet 689.6 kg (29. Runde)
18. Sebastien Buemi 686.5 kg (28. Runde)
19. Giancarlo Fisichella 688.5 kg (29. Runde)
20. Sebastien Bourdais 701.0 kg (34. Runde)

Die Angaben der ersten Boxenstopps basieren auf einer Hochrechnung von Motorsport-Magazin.com und sind ohne Gewähr.

6. - S wie Statistik

Gleich mehrere Serien stehen in Istanbul auf dem Spiel. Die letzten drei Rennen in Folge hat Jenson Button gewonnen. Dieser Serie könnte Sebastian Vettel durchbrechen. Damit würde der Deutsche seine eigene Statistik aufrecht erhalten: Bis Istanbul stand er zweimal auf der Pole Position, beide Male hat er gewonnen. "Hoffentlich ist es am Sonntag dann dreimal der Fall", sagt Vettel. Button möchte hingegen eine dritte Serie enden lassen: "Wir werden alles daran setzen, die Statistik zu ändern, wonach jeder Pole-Setter hier das Rennen gewonnen hat!"

7. - S wie Spannung

Vettel auf Pole, der WM-Führende auf Startplatz 2 und dahinter Rubens Barrichello, der es allen beweisen möchte, dass auch er in dieser Saison Rennen gewinnen kann. Die Ausgangslage für ein packendes Rennen ist gut, Fernando Alonso macht sie mit ein bisschen Hoffnung in eigener Sache sogar noch besser: "Jeder kann ein Rennen gewinnen. Man weiß nie, was passiert. Vielleicht gibt es in der ersten Kurve einen Unfall und die ersten Drei sind draußen - dann könnte Ferrari gewinnen." Oder er selbst.

Bei den Roten stapelt Felipe Massa jedoch tief. Unter normalen Bedingungen sieht er einen Sieg außer Reichweite. "Von Startplatz sieben kann man nicht davon sprechen, um den Sieg mitkämpfen zu können", so Massa. "Wir müssen gute Punkte holen und wenn mehr drin ist, umso besser."

Christian Klien sieht die Chancen von Brawn höher als jene von Vettel an. "Ihre Rennpace ist besser", glaubt er. "Durch die Strategie, denke ich, werden sie das Rennen gewinnen." So leicht gibt Vettel aber nicht auf. "Heute ist alles gut gelaufen und ich denke, dass wir auch im Rennen ein starkes Auto haben werden. Lassen wir uns überraschen."