Die derzeitige Formel-1-Saison wirkt schon ein wenig als hätte Hildegunst von Mythenmetz die falschen Schieber seines Schreibtisches geöffnet und damit bewirkt, dass das Unterste zuoberst gekehrt wird. Die Formel-1-Teams befinden sich plötzlich auf einer wilden Reise. Eine Reise, die Chancen bietet und vor allem ein Team will sie nutzen.

Brawn GP konnte bislang vier von fünf Saisonrennen gewinnen und wenn es nach Teamchef Ross Brawn geht, dann soll die Siegbilanz weiter gesteigert werden. Denn immerhin ist es dann doch nicht blanker Zufall, dass das Team sich 2009 an der Spitze des Feldes befindet.

"Es fühlt sich ein wenig surreal an, aber eigentlich ist das alles Teil unseres Plans", sagte Brawn auf der offiziellen F1-Website. "Wobei der Plan war, uns zu verbessern, dass wir da stehen, wo wir jetzt stehen, konnte schlecht geplant werden. Unsere Idee war, 'lassen wir die alten Regeln hinter uns und konzentrieren wir uns auf das Neue'. Solche Konstellationen treten nur alle fünf oder zehn Jahre auf, eben wenn das Reglement geändert wird."

Obwohl diese Aussage sehr rational klingt, fühlt sich Ross Brawn überrascht, zufrieden und dankbar. Denn mit den weitreichenden Schwierigkeiten einiger großer Teams hatte auch der Brite nicht gerechnet. Dankbar ist er darüber, dass das Auto so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hatte.

"Das soll nicht arrogant klingen, aber es ist nicht überraschend, dass unser Auto so gut geht, denn es macht nur das, was wir uns vorgestellt haben. Worüber ich mich sehr, sehr freue, ist, dass das Team enger zusammengewachsen ist. Jetzt versuchen wir so lange wie möglich in der Erfolgsspur zu bleiben."

Den Titel im Visir

Brawn GP arbeitet auch hart daran, die Traumsaison eines Bernie Ecclestone 2009 zu ignorieren, denn wenn es nach Brawn geht, gibt es keine WM-Entscheidung in der letzten Kurve des finalen Rennens der Saison. Vielmehr würde das Team es bevorzugen, wenn der Titel bereits vor der Sommerpause in trockenen Tüchern ist.

"Es wäre natürlich das Nonplusultra, aber ich glaube nicht, dass uns das gelingt. In der Formel 1 gibt es einen harten Wettbewerb, wir denken noch nicht an die Weltmeisterschaft. Wir greifen in jedem Rennen an und arbeiten so am WM-Titel, aber wir haben uns keine Deadline gesetzt bis wann wir ihn gern hätten. Wir reden nicht darüber, dass bringt Unglück.

Wie überall im Leben hat Erfolg auch immer seine Schattenseiten und besonders in dieser Saison scheinen sie mehr in den Vordergrund zu rücken. Die Konkurrenz der Teams beschränkt sich nicht nur auf die Rennstrecke sondern geht hinter, vor und neben den Kulissen weiter. Eine Entwicklung die Brawn nicht begrüßt.

"Wir sollten auf der Strecke geben, was wir können, um den anderen zu schlagen, so muss es sein. Aber danach sollten wir zusammen ein Bier trinken gehen und darüber lachen und versuchen, die Formel 1 weiter zu verbessern. Ich finde es frustrierend, dass manche Teams das nicht verstehen. Wenn du brav hinten bist, dann mögen sie dich, aber sobald du ihnen Konkurrenz machst bist du nicht mehr beliebt und es verändert dein Verhältnis zu ihnen. Das sollte nicht geschehen, aber ich habe aufgehört mir darüber Sorgen zu machen."

Budgetgrenzen

Auf die Frage, ob Brawn GP sich für die kommende Saison innerhalb der Frist einschreibt, will Ross Brawn nicht antworten, oder sie kommentieren. Er hofft aber, dass sich eine Lösung finden wird, mit der alle leben können.

Brawn GP gehört zu den Teams, die bereits mit wenig Budget arbeiten, jedoch betont der Teamchef, dass eine Kostenreduzierung, die bewirkt, dass einige Teams die Formel 1 verlassen müssen, nicht in seinem Sinne ist.

"Gibt es keine andere Möglichkeit, das Budget zu reduzieren und dennoch dieselben Ziele zu erreichen und die von Teams wie Ferrari oder Toyota akzeptiert werden kann? Wenn wir eine solche Lösung finden können, dann können wir nur profitieren. Die Budgetgrenze ist für uns also nicht der einzige Lösungsweg. Eine Budgetgrenze die andere Teams dazu zwingt, ihr Formel 1-Engagement zu überdenken, wäre sehr bedauerlich. Ich hoffe, wir können das vermeiden."