Nach den reinen Zahlen ist zwar Rubens Barrichello der direkte WM-Verfolger von Seriensieger Jenson Button. Sebastian Vettel liegt noch vier Punkte weiter hinten. Dennoch, wenn es darum geht, wer wohl als Einziger Button in diesem Jahr den Weltmeistertitel vielleicht doch noch abjagen könnte, dann würden die meisten Experten ihr Geld eher auf den jungen Deutschen setzen. Nicht nur, weil dessen Red Bull vielleicht jetzt schon das schnellere Auto ist als der Brawn von Button und Barrichello, was zuletzt nur wegen der Startschwäche von Vettel und Red Bull nicht zum Tragen kam, ein Punkt, den die Red-Bull-Ingenieure, vor allem die Elektroniker und Programmierer jetzt ganz schnell angehen wollen und müssen.

Auf der Suche nach Ausreden

Immer lächeln: Rubens Barrichello wird das Nummer 2 Image nicht mehr los., Foto: Sutton
Immer lächeln: Rubens Barrichello wird das Nummer 2 Image nicht mehr los., Foto: Sutton

Was vor allem gegen Barrichello spricht, ist, dass der Brasilianer schon wieder genau in die Rolle fällt, in der man ihn seit vielen Jahren kennt, vor allem aus der gemeinsamen Ferrari-Zeit mit Michael Schumacher. Vor Saisonbeginn große Sprüche - "Das wird mein Jahr, diesmal werde ich Weltmeister." -, dann - im überlegenen Auto - ganz schnell vom Teamkollegen in den Schatten gestellt, auf der Dauersuche nach Erklärungen und Ausreden, warum er nun doch nicht der Schnellere im Team ist, einmal ist es Pech, einmal stimmt plötzlich die Abstimmung nicht mehr, dann sind es wieder die Bremsen, beim nächsten Mal die Reifen...

Diesmal konnte sich der Brasilianer nicht damit anfreunden, dass das Brawn-Team ihn auf einer Drei-Stopp-Strategie beließ, die von Jenson Button aber auf zwei Stopps umstellte, "obwohl ich das Rennen doch eigentlich in der Tasche gehabt hätte". Nur mehr oder weniger durch die Blume, eigentlich schon recht deutlich, gab er zu verstehen, dass er dahinter eine Stallorder vermute, schließlich sei er doch in der Anfangsphase der Schnellere gewesen, setzte dann noch ein paar Pseudo-Drohungen hinterher, nach dem Motto, "wenn es hier Stallorder gibt, dann höre ich sofort auf" - was bei einigen etwas zynischen Zuhörern nur den Kommentar auslöste: "Ja, bitte tu das endlich..."

Die ewige Nummer 1B

Es ist halt vor allem die Art, wie sich Barrichello immer zwischen Jammern und sich die Fakten ein bisschen schönreden bewegt, die inzwischen viele nervt. Diesmal auch wieder - mit der Bemerkung, er sei anfangs schneller gewesen. Sicher, er gewann zwar den Start gegen Button, doch danach beschwerte sich der hinter ihm hängende Engländer mehrfach über Funk: "Rubens soll schneller fahren." Buttons Befürchtung: Käme man vom Feld nicht deutlich weg, würde sich die vom Team eigentlich als schneller errechnete Dreistopp-Strategie als Schlag ins Wasser erweisen - worauf er sich dann eben zusammen mit seiner Crew für den Wechsel entschied.

Immerhin sah sich Ross Brawn durch Barrichellos Äußerungen erst einmal zu einem Dementi genötigt, bei dem er seinem besonderen Schützling seit Jahren wieder einmal sehr viel Nachsicht entgegen brachte: "Ich kann Rubens ja verstehen, dass er enttäuscht ist, einen Fahrer, der mit Platz zwei zufrieden ist, würde ich auch gar nicht wollen. Aber wir werden ihm erklären, warum wir Jensons Strategie umgestellt haben und das wird er dann auch verstehen."

Button, sein WM-Rivale und einer der, der gerne sein Teamkollege wäre., Foto: Sutton
Button, sein WM-Rivale und einer der, der gerne sein Teamkollege wäre., Foto: Sutton

Tatsache scheint wieder einmal zu sein: Um Barrichello zur Nummer zwei zu machen, braucht es keine Stallorder, das schafft der Formel-1-Veteran mit seinen über 270 GP-Starts in seiner 17. Saison auch allein. Weil er seine Performance im entscheidenden Moment einfach nicht so auf den Punkt bringt wie der Teamkollege. Früher gegen Michael Schumacher schon gar nicht, jetzt nicht einmal gegen Button, der ja eigentlich nicht mehr als der Super-Überflieger galt. Und weil er dann nach Niederlagen in erster Linie lamentiert und die Ursachen überall anders sucht, nur nicht bei sich selbst.

Vettel macht es richtig

Da ist Sebastian Vettel ganz anders: Kein Hadern darüber, dass Red Bull diesmal bei ihm tatsächlich die schlechtere Strategie erwischt hatte als bei seinem Teamkollegen Mark Webber, keine Vorwürfe, kein, hätte, wenn und aber. "Bringt alles nichts, das Rennen ist gelaufen, abhaken, nach vorne schauen, in Monaco ganz vorne stehen und dann auch als erster in die erste Kurve kommen", so seine Devise, für die er auch Komplimente von Niki Lauda bekam.

"So ist's richtig, das ist die Siegermentalität." Der Heppenheimer schaut natürlich Richtung WM-Titel: "Die Saison ist noch lang, wir sind ganz sicher auf dem richtigen Weg, auch wenn wir hier unsere Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft haben. Aber wir sind hier, um zu gewinnen." Zuzutrauen ist es ihm: Denn Sebastian Vettel ist nun mal ein Siegertyp - so wie Rubens Barrichello eher der ewige Verlierer...