Wie läuft es in Abu Dhabi? Es gab in den Medien ja einige Geschichten, dass es Probleme gibt.
Philippe Gurdjian: Das ist so in der Formel 1. Ohne Geschichten würde die Formel 1 nicht existieren. Man kann sich vorstellen, wie viele Gerüchte es da täglich über verschiedene Dinge gibt. Wir machen einen guten Job, es ist ein riesiges Projekt, denn es ist sehr einzigartig, sehr exklusiv und anders als andere. Die Fortschritte sind gut und wir liegen in der Zeit.

Ihr liegt in der Zeit, es wird also alles rechtzeitig fertig?
Philippe Gurdjian: Ja. Zunächst muss es einmal so sein und es wird auch so sein.

Wie schwierig ist es in der aktuellen Wirtschaftssituation, so ein Projekt durchzuziehen?
Philippe Gurdjian: Das Projekt wurde vor der ganzen Finanzkrise geplant. Danach ließ sich auch nichts mehr daran ändern. Das Wichtigste ist, dass es die erste Rennstrecke der Welt für die Zukunft sein wird. Das ist keine Strecke für 2009, 2010 und 2011. Das ist eine Strecke für die nächsten zehn, 20, 30 Jahre. Es wird ein Fortschritt im Vergleich zu allen anderen Einrichtungen auf der Welt sein. Die Strecke wird auch für 2012 und 2020 bereit sein, das ist das Wichtigste. Alles, was wir tun, ist für die Zuschauer. Es wird mehr für die Zuschauer gemacht als für die Fahrer. Das ist ein neues Konzept, aber das Konzept der Zukunft.

Was macht es so speziell? Was ist die neue Idee, was ist das Neue daran?
Philippe Gurdjian: Zunächst gilt da das, was ich schon vorher gesagt habe. Es ist die erste Strecke der Welt, wo der Zuschauer sehr nahe an der Action ist. Als wir am Design und Konzept gearbeitet haben, suchten wir nach neuen Lösungen, wie wir die Leute näher an die Strecke bringen. Das ist die erste Sache. Die Zweite Idee war, dass für die Medien und die Sponsoren gebaut wird. Warum für die Medien? Die Medien gehören zu den wichtigsten Werkzeugen, um die Formel 1 zu promoten und damit auch ihre Sponsoren. Für die Teams wird es auch viele Einrichtungen geben, die besser sind als beispielsweise in Barcelona. Nichts gegen Barcelona, aber diese Strecke wurde vor 22 Jahren gebaut. In 22 Jahren haben sich viele Dinge verändert. Wir haben versucht, neue Garagen und neue Einrichtungen für die Teams zu schaffen, die für die nächsten 20 Jahre genügen.

Es läuft nach Plan, Foto: Abu Dhabi GP
Es läuft nach Plan, Foto: Abu Dhabi GP

Wie sehen die bisherigen Reaktionen aus? Gibt es da von Fans aus der ganzen Welt etwas zu hören, habt ihr schon viele Buchungen oder haben Leute aus der Region bereits Karten gekauft?
Philippe Gurdjian: Ja, die Karten verkaufen sich. Wenn man den ersten Grand Prix managt, ist das nie schwer. In der Zukunft wird das schwerer. Das ist einer der Gründe, warum wir die Kapazität der Strecke auf 50.000 Leute beschränkt haben und sie nicht für 100.000 ausgelegt haben.

Wird das in Zukunft noch gesteigert?
Philippe Gurdjian: Nein. Wir haben es für die Zuschauer klein gebaut. Was heißt das? Es wird viele Einrichtungen und Komfort für die Zuschauer geben. Das ist wichtig. Es ist wichtiger, für 50.000 Leute zu bauen und genug Zuschauer an der Strecke zu haben, als 150 Tribünen hinzustellen und bei einem Rennen dann niemand auf den Tribünen zu haben. Das kostet viel Geld und man kann nicht nur für einen Event bauen. Die Strecke muss für längere Zeit gebaut werden und man muss verstehen, dass man nicht jeden Tag ein Rennen haben wird. Wir können im Jahr fünf große Events haben, bei denen wir jedes Mal 50.000 Menschen an der Strecke haben.

Kann man die Strecke dazwischen auch nutzen? Für Promotion oder Unternehmens-Veranstaltungen oder solche Sachen?
Philippe Gurdjian: Der Platz für die Unternehmen ist so einzigartig, dass die Leute gerne kommen werden, um die Einrichtungen zu nutzen. Die ganze Sicherheit auf und um die Strecke wird auch völlig neu sein. Das kommt von einem Konzept, das ich schon in Paul Ricard vorher ähnlich angewandt habe. Es wird der Ort sein, an dem man ein neues Produkt vorstellen will, um einen Event zu veranstalten und Leute einzuladen. Denn den Leuten wird es gefallen, dass sie die Marina nutzen können, das Hotel nutzen können und auch alle Einrichtungen an der Strecke nutzen können.

Das ist also ein Gesamtkonzept?
Philippe Gurdjian: Ja, es ist nicht nur eine Rennstrecke.

Was sind die Schlüsselelemente, damit ein Grand Prix ein Erfolg wird?
Philippe Gurdjian: Es gibt da nicht ein Werkzeug. Es gibt da viele Dinge. Das Wichtigste ist, dass man versteht, dass die Welt sich ständig verändert. Wenn man jedes Jahr die Art anpasst, wie man den Grand Prix veranstaltet, kann man sicher sein, dass man erfolgreich ist. Wenn ich jetzt das tun würde, was ich vor 25 Jahren gemacht habe, dann würde es sicher nicht funktionieren. Vor 25 Jahren haben die Leute Dinge akzeptiert, die sie heute nicht mehr akzeptieren würden. Wenn man sich die Medien ansieht und die Situation vor 25 Jahren; damals hatten wir in Ricard in etwa 200 Journalisten. Wenn ich morgen 500 Journalisten in einen Raum für 200 Menschen stecke, dann werden sie nicht glücklich sein.

Wie bringt man die Fans nahe an die Strecke?, Foto: Abu Dhabi GP
Wie bringt man die Fans nahe an die Strecke?, Foto: Abu Dhabi GP

Früher hatten wir auch keine Riesenbildschirme bei den Grands Prix. Ich war der Erste, der einen Riesenbildschirm aufgestellt hat, das war in Ricard. Damals hatten wir nur einen großen Bildschirm. Wenn man sich jetzt in Barcelona umsieht, dann ist die ganze Strecke mit Riesenbildschirmen abgedeckt. Für die Zuschauer heißt das, sie können die Action verfolgen, sie haben die Geräuschkulisse, die Atmosphäre, spüren das Rennen, aber sie haben eben immer den Überblick über die Strecke. Ich kann nur sagen, je mehr man für die Zuschauer, die Teams, die Sponsoren und die Medien macht, desto erfolgreicher wird man sein. Das Problem ist, wenn man jedes Jahr das machen will, was man voriges Jahr gemacht hat, wird das nicht funktionieren.

Was war bislang ihr erfolgreichstes Projekt?
Philippe Gurdjian: Immer das nächste.

Was war die schlimmste Überraschung?
Philippe Gurdjian: Es gibt nie was wirklich Schlechtes. Wenn etwas Schlechtes passiert, hilft dir das dabei, es morgen besser zu machen. Es ist nie das Schlimmste. Vielleicht gibt es Schwierigkeiten und Probleme. Beispielsweise habe ich das erste Rennen in Magny Cours gemanagt. Das war für 60.000 Leute geplant und am Sonntag kamen 105.000 Menschen an die Strecke. Ihr könnt euch vorstellen, wie schwierig das war. Wir hatten nicht genug Wasser, wir hatten nicht genug Ärzte und nicht genug Rücklagen. Das wichtige ist, dass man das jetzt nicht als schlimm hinnimmt, sondern nutzt, um das nächste Mal bereit zu sein. Man darf ein Problem nie zwei Mal haben.

1992 hatten wir diesen Trucker-Streik in Frankreich. Wenn wir an der Strecke nicht bereit gewesen wären, hätten wir das Problem nicht handhaben können. Wir lösten das Problem und das Rennen fand statt. Wir lösten auch das Problem, zur Strecke nach England zu kommen, denn Silverstone fand eine Woche später statt. Das Jahr darauf gab es einen Streit unter den Landwirten. Dann gab es den Senna-Unfall und wir gaben 600 Millionen Francs aus, um die Sicherheit zu verbessern. Man kann nicht sagen, das ist schlecht. Es ist eher gut, natürlich ist es schwierig, aber man lernt etwas für die Zukunft. Das ist für mich das Wichtigste.

Was erwarten Sie vom ersten Rennen in Abu Dhabi? Was wird die größte Herausforderung?
Philippe Gurdjian: Die größte Herausforderung ist, sicher zu sein, dass mein Konzept den Beteiligten gefällt und erfolgreich ist. Ich gehe davon aus, dass es ein Erfolg sein wird. Noch wichtiger ist aber, ich habe diese ganzen Innovationen und diese Strecke für sie gebaut und nicht für mich. Es gibt zwei Möglichkeiten. Sie sind stolz darauf oder nicht. Ich hoffe, sie sind stolz darauf und wenn sie das sind, werde ich zufrieden sein. Dann kann ich an einem anderen Projekt arbeiten.

Wenn das hier also läuft, werden Sie mit einem anderen Projekt weitermachen?
Philippe Gurdjian: Ja, sicher. Ich gehe zum Mond, aber sagt das ja nicht weiter. Es geht zum Mond.