Mario Theissen erlebt seit Saisonbeginn alles andere als einfache Zeiten. Er vergleicht die Talsohle von BMW Sauber mit den letzten Jahren als Motorenlieferant bei Williams. "Wir sind im Moment nicht in der Lage, ein Rennen zu gewinnen", gesteht er offen. "Da macht es keinen Sinn, über die WM zu sprechen." Stattdessen wolle man am Ende des Jahres sagen können, dass der Anfang daneben gegangen sei, man daraus aber etwas gemacht habe.

Den ersten Schritt in diese Richtung soll ein neues Aerodynamikpaket für den Spanien GP in Barcelona bringen. Damit soll der schwierigste Punkt überschritten sein. "Ich hoffe es zumindest", so Theissen. Das neue Paket basiert auf Windkanalarbeiten und Computersimulationen mit Albert3, dem neuen Supercomputer, den BMW Sauber vor rund einem Jahr in Betrieb genommen hat. "Er ist noch einmal ein ganzes Eck schneller als Albert2", sagt Theissen.

Eine halbe Sekunde ohne Doppel-Diffusor

Was Albert3 berechnet hat, beherbergt vorerst noch keinen Doppeldiffusor, der erst in der nächsten Ausbaustufe vorgesehen ist. "Der Zeitpunkt dafür ist aber noch offen." Das Fehlen des viel zitierten Doppel-Diffusors, der laut Theissen und seiner Mannschaft auch für einen Teil des Rückstands auf die neuen Spitzenteams wie Brawn GP und Toyota ausmachte, begründet Theissen mit einer Inkompatibilität zum Rest des Aerodynamikupdates.

"Im Barcelona-Paket hat der Doppel-Diffusor nichts gebracht", so Theissen. "Das Paket an sich bringt aber so viel, dass es alleine mehr bringt als der Doppel-Diffusor alleine." Diesen sieht Theissen auch nicht als Allheilmittel an. "Red Bull hat auch ohne Doppel-Diffusor das schnellste Auto." Trotzdem entwickelt BMW Sauber in alle Richtungen weiter, auch mögliche Dreifach-Diffusoren stehen zur Diskussion.

Auch ohne Doppel-Diffusor soll das Aero-Update das Auto um mehr als eine halbe Sekunde schneller machen. "Ich weiß nicht, was die Konkurrenz macht und wie viel unser Paket genau bringen wird, aber wir erwarten, dass wir uns aus dem hinteren Mittelfeld nach vorne arbeiten können." Wie weit es nach vorne gehen wird, möchte Theissen nicht prognostizieren. "Aber das A3 erwarte ich auf jeden Fall."

KERS-Bauarbeiten wegen Aero-Update

BMW Sauber plant bereits das nächste Update für den F1.09., Foto: Sutton
BMW Sauber plant bereits das nächste Update für den F1.09., Foto: Sutton

Die zweite Baustelle ist KERS. In Barcelona werden beide Fahrer ohne das Energierückgewinnungssystem antreten. Der Grund ist erneut eine Unverträglichkeit mit dem neuen Aerodynamikpaket. Die Veränderungen am Auto werden so groß sein, dass das vorhandene KERS nicht problemlos integriert werden kann. "Wir entwickeln es deshalb weiter", so Theissen. "Wir wollten es nicht gleichzeitig mit dem Aerodynamikpaket machen, denn dafür ist die Abstimmungszeit am Freitag einfach zu kurz."

Für die Türkei ist aber ein KERS-Einsatz wieder fest eingeplant. Ob es in Monaco zum Einsatz kommen wird, ist nicht nur wegen der Anpassungen, sondern auch wegen der Streckencharakteristik fraglich.

Erprobung bei Geradeausfahrt

Die erste Probefahrt mit dem neuen Paket absolvierte BMW Sauber am vergangenen Wochenende bei einem Straight-Line-Test. "Dabei können wir die Wirkung des Pakets überprüfen, die vom Computer und Windkanal vorhergesagt wurde - allerdings nur bei Geradeausfahrt", betont Theissen. Denn Kurvenfahrten sind bei Straight-Line-Tests nicht erlaubt. "Demnach können wir nicht überprüfen, wie die Charakteristik bei Kurvenfahrten ist, wie viel Abtrieb weg bricht, wenn es Lenk- und Gierwinkel gibt." Ein gewisser Unsicherheitsfaktor bleibt also nach wie vor bis zum 1. Freien Training in Barcelona.

Supercomputer Albert3 kann dem Team dabei nicht helfen. Eine Hochrechnung der Daten ist nicht möglich. "Wir können die Simulation nur dann verifizieren, wenn wir mit einem echten Auto Gier- und Lenkwinkel fahren."