McLaren durchlebt gerade schwierige Zeiten. Das Auto ist nicht konkurrenzfähig genug, die Lügenaffäre von Australien kostete viel Kredit und mit dem entlassenen Sportdirektor Dave Ryan sowie den abgetretenen Tyler Alexander und Steve Hallam verlor man erfahrene Leute. Ganz zu schweigen von Ron Dennis, der Anfang März sein Amt als Teamchef aufgab und nun am Donnerstag bekannt gab, dass er auch als CEO von McLaren Racing zurückgetreten sei.

An seine Stelle tritt Martin Whitmarsh, wie schon beim Amt des Teambosses. "Es war Rons Entscheidung und hat nichts mit der Formel 1 zu tun", sagte Whitmarsh am Donnerstag in Shanghai. "Er hat sich dazu entschieden, eine neue Herausforderung anzutreten." Die erste Phase sei damit abgeschlossen, denn bislang war Dennis als CEO noch Whitmarshs Chef, jetzt trägt der Brite die volle Verantwortung.

Niemand ist perfekt

Dabei hatte er nach dem Lügenskandal von Australien und den Auswirkungen beim Malaysia GP seinen Rücktritt angeboten. Doch die Teilhaber lehnten ab. "Zukünftig wird das die Entscheidung des neuen Vorsitzenden Richard Lapthorne sein. Wenn ich gute Arbeit leiste, behalte ich den Job, wenn nicht, dann nicht."

Dass er zu Beginn seiner Karriere als Teamchef Fehler begangen hat, räumt Whitmarsh offen ein. "Aber das machen wir alle, keiner ist perfekt, auch ich nicht." Selbst Ron Dennis habe Schwächen, so wie jeder andere, auch Whitmarsh. "Niemand gibt das gerne zu, aber das muss man akzeptieren."

Im Vergleich zur Ära Dennis wird sich einiges ändern. Whitmarsh betrachtet es als eine Evolution für McLaren. "Ich bin seit 20 Jahren im Team und habe immensen Respekt vor vielen Dingen, die Ron in den letzten 40 Jahren getan hat. Fantastische Dinge. Aber ich habe eine eigene Persönlichkeit, allerdings hoffe ich genauso auf Siege fixiert zu sein wie Ron."

Dabei macht Whitmarsh keinen Hehl daraus, dass er nicht immer einer Meinung mit seinem Chef war. "Ron ist ein extrem komplexer Mensch, niemand würde seine Leidenschaft für den Sport und dieses Team anzweifeln, aber wie in jeder Beziehung wird man einige Dinge vermissen und andere sicher nicht", erklärte er. "Er wird das gleiche über mich sagen."

Ein frisches Team

Die nächsten Erfolge muss ein neues McLaren Team einfahren., Foto: Sutton
Die nächsten Erfolge muss ein neues McLaren Team einfahren., Foto: Sutton

Dass McLaren auch ohne die Erfahrung und das eingespielte Führungspersonal funktioniert, haben die Reaktionen auf die Lügenaffäre gezeigt. "Wir haben ohne Dave und Ron schnell reagiert. Es war ein schwieriges Wochenende, aber ich hatte ein gutes und loyales Team." Dieses sei durch die vielen Abgänge erfahrener Leute zwar geschwächt, "aber wir haben neue Helden herangezogen, die im Hintergrund gewartet haben, bis jetzt ihre Zeit gekommen ist." Es gebe genügend gute Leute im Team, so dass man niemanden von außen hereinholen müsse. "Wir haben nicht alles richtig gemacht, aber das ist die Herausforderung in dieser Situation."

Einen möglichen Zusammenhang zwischen der anstehenden Weltratsanhörung der FIA und dem Rücktritt von Dennis wollte Whitmarsh nicht kommentieren. "Sie können darüber spekulieren, aber ich kann es nicht", gab er keinen Kommentar ab, unter anderem, weil die WMSC-Anhörung und eine mögliche Bestrafung des Teams noch ausstehen.

Mercedes Motorsportchef Norbert Haug erinnerte an die gemeinsamen Erfolge mit Dennis und wünschte ihm viel Glück bei der neuen Aufgabe. "Ron und sein Team schrieben mit McLaren eine beispielhafte Erfolgsgeschichte, und dass es dabei auch sportliche Rückschläge gab - und jetzt aktuell auch gerade gibt - ist in diesem so hart umkämpften Sport leider nicht zu vermeiden", so Haug. "Ron nimmt jetzt eine neue, riesige Herausforderung an - er sagt aus eigener Entscheidung ade zu seiner Rolle in der Formel 1 und widmet sich voll und ganz seinem zweiten großen Traum, den ultimativen Supersportwagen mit McLaren Cars zu bauen."