Es sickerte nur langsam ein bei Nick Fry, dass Brawn GP tatsächlich das erste Rennen der Saison gewonnen hatte. Er wusste zwar, dass das Auto das schaffen kann, doch in den vergangenen Jahren bei Honda hat er doch das Zweifeln gelernt und wusste daher nicht, ob wirklich alles passen wird. "Ich denke, in Australien hat jemand auf uns heruntergelacht. Rubens verdiente den zweiten Platz, aber wir brauchten etwas Hilfe, um ihn zu bekommen. Es war aber eine tolle Teamleistung und eine Demonstration dessen, was man mit viel harter Arbeit erreichen kann - wenn man loyal zusammensteht. Jeder hat das seine getan und unter sehr schwierigen Bedingungen unglaublich hart gearbeitet", sagte Fry gegenüber Autosport.

Die Zurückhaltung vor dem Wochenende begründete er damit, dass keiner den potentiell guten Auftakt verschreien wollte. "Ich denke, da wird man etwas abergläubisch, da wir alle stumm bleiben und nichts sagen wollten - nur falls es nicht wahr ist. In unseren Herzen wussten wir, dass das Auto wirklich gut war", meinte Fry. Aber er bedankte sich auch für die Unterstützung von außerhalb. So haben Ferrari und Mercedes sofort einen Motor angeboten und auch die anderen Teams haben geholfen, als es darauf ankam. Sogar die britische Regierung, das Wirtschaftsministerium und der Botschafter in Tokyo halfen mit.

Kein Heiliger Gral

Fry hätte am meisten geärgert, dass er und das Team nie herausgefunden hätten, wie gut das Auto wirklich ist, wenn es nach dem Ausstieg von Honda nicht mehr weitergegangen wäre. Gleichzeitig hatte er auch gleich eine Warnung an die Konkurrenz parat. Denn nur der Diffusor macht das Auto nicht aus. "Wenn sie denken, dass dies das einzige Geheimnis hinter dem Speed des Autos ist, dann werden sie sehr traurig sein, wenn sie die Wahrheit herausfinden. Das Auto ist ein schönes Stück Design, viel Arbeit ging da das ganze Jahr hinein und es ist ein qualitativ hochwertiges Auto. Aber es ist da nicht ein Geheimnis. Ich denke, die meisten Leute haben bemerkt, dass es in diesem Sport keinen Heiligen Gral gibt und dieses Teil ist nicht der Heilige Gral."

Laut Nick Fry hätte Robert Kubica eine Chance auf den Sieg gehabt, Foto: Sutton
Laut Nick Fry hätte Robert Kubica eine Chance auf den Sieg gehabt, Foto: Sutton

Doch auch wenn es noch andere Geheimnisse gibt, so musste Fry doch zugeben, dass es in Australien durchaus Konkurrenz gab. Er meinte, dass Robert Kubica am Ende mit den besseren Reifen wohl noch aufschließen hätte können und auch der Red Bull sei schnell. Deswegen gebe es noch Arbeit. "Wir haben einen kleinen Vorteil, also können wir in den kommenden Rennen hoffentlich gute Ergebnisse holen, denn wir werden eine kleine Führung brauchen, bevor Ferrari und McLaren es wieder auf die Reihe bekommen. Wenn wir nach Europa kommen werden sie uns sicher auf den Fersen sein", glaubte Fry. Es werden aber auch bei Brawn GP bereits einige Neuerungen ausprobiert, wobei er aber klarstellen musste, dass in Australien nicht mit angezogener Handbremse gefahren wurde. "Wir fuhren so hart wie möglich. Und wir hätten leicht geschlagen werden können, aber wenn wir klüger werden, könnten wir am Wochenende einen größeren Vorteil haben."

Ein gutes Auto bleibt auch gut

Über eine mögliche Weltmeisterschaft wollte Fry aber noch nicht sprechen. Zunächst stehen Siege im Vordergrund, da dies die einzige Motivation war, um überhaupt weiterzumachen. Nun habe man einen Sieg, hoffe auf weitere Podestplätze, wisse aber auch, dass die großen Hersteller alles tun werden, um den Anschluss zu schaffen. Gleichzeitig muss Brawn GP auf 450 Mitarbeiter abspecken, was das eigene Vorankommen auch einschränken wird. Trotzdem musste er betonen, dass ein gutes Auto immer ein gutes Auto bleiben wird. "Wir können immer noch daran arbeiten und wenn wir nichts an dem Auto tun würden, könnte es im ersten Teil der Saison immer noch gut abschneiden." Dass die FIA und FOTA gleichzeitig auf die Kostenbremse drücken, stört Fry aber klarerweise nicht, denn dadurch kann Brawn GP einerseits günstiger arbeiten und andererseits wird es den Konkurrenten schwerer gemacht, aufzuholen.

Dass er überhaupt über derlei Dinge nachdenken kann, ist für Fry aber auch schon ein Sieg. Denn er meinte, dass die Leute gar keine Ahnung hätten, wie nahe das Team oft vor dem Ende stand. Aber er selbst, Ross Brawn und die Hilfe von Leuten wie Jodie Scheckter, Jackie Stewart, Ron Dennis, Luca di Montezemolo oder Bernie Ecclestone hätten durch die schwere Zeit geholfen. Nun sei auf kommerzieller Seite alles recht gesund. "Wir hätten das nicht begonnen, wenn wir nicht gedacht hätten, dass es eine Chance hat. Wir haben das Geld für dieses Jahr und sind auch für nächstes Jahr schon weit", sagte Fry.

Leute wollen mit Erfolg verbunden sein

Die Unterstützung von Richard Branson nahm er auch gerne an und konnte nur sagen, dass die Leute mit Erfolg verbunden sein wollen. "Das alles ist eine gute Nachrichtengeschichte. In Zeiten, die recht hart für alle sind, haben wir etwas, das wie ein Märchen klingt, aber auch für potentielle Sponsoren sehr attraktiv ist." Dementsprechend erwartete sich Fry keine zu harten Verhandlungen und ging auch davon aus, dass Branson seine Investition in das Team noch steigern wird. "Ich denke, Virgin ist eine attraktive Marke, die andere Leute dazu animieren wird, an Bord zu kommen. Ich bin momentan sehr optimistisch."