Wir gehen der Frage auf den Grund und klären auf eine nicht unbedingt gänzlich objektive Weise, ob Rubens Barrichello trotz des Formel-1-Rückzugs von Honda auch 2009 in einem Renn-Cockpit sitzen wird.

Rubinho punktet mit Erfahrung

Kerstin Hasenbichler

Regen ist Rubinhos Element, Foto: Sutton
Regen ist Rubinhos Element, Foto: Sutton

Allzu gerne fordert man in der heutigen Zeit "weg mit dem Alten, her mit dem Jungen". Doch nicht immer ist jünger gleich besser. In einer Formel-1-Saison, vor der es so viele Änderungen wie schon seit Jahren nicht mehr gegeben hat, ist die Erfahrung ein wichtiger Trumpf. Und gerade in Sachen Erfahrung kann Rubens Barrichello niemand so schnell etwas vormachen. In der Saison 2008 übertraf der Brasilianer die seit 1993 bestehende Bestmarke des Italieners Riccardo Patrese - egal bei welchem Grand Prix er die Bestmarke nun tatsächlich aufgestellt hat.

Bereits zu Beginn seiner Karriere stellte Rubens Barrichello seine herausragenden Fahrkünste unter Beweis als er beim Großen Preis von Europa 1993 im verregneten englischen Donington Park trotz eines anfälligen und schwachen Jordan an der Spitze mitfuhr. Bis zu seinem Ausfall kurz vor Schluss tanzte der Brasilianer den Gegnern in deutlich konkurrenzfähigeren Fahrzeugen um die Nase herum.

Kein Wunder, dass sich im Jahr 2000 Ferrari die Dienste des Brasilianers sicherte. Im damals besten Team der Formel 1 nahm es Rubinho auch mit einem Michael Schumacher auf. Sowohl im Qualifying als auch im Rennen blieb Barrichello dem Deutschen auf den Fersen und trat auch ab und zu aus dem Schatten des siebenfachen Weltmeisters. Doch obwohl der Brasilianer darauf beharrte, nicht die "Nummer zwei" im Team zu sein - er selbst bezeichnete sich in Interviews gerne als "Nummer 1b" - musste er sich immer wieder den Interessen von Ferrari unterordnen und Schumacher kampflos das Feld überlassen.

Rubens in Siegerpose, Foto: Sutton
Rubens in Siegerpose, Foto: Sutton

Auf seinem Konto könnten heute weit mehr als neun Siege stehen, hätte er nicht wie beim Großen Preis von Österreich 2002 kurz vor der Ziellinie auf die Bremse steigen müssen. Die Stimme seines Teamchefs Jean Todt, die ihm sagt "Let Michael pass for the championship!" verfolgt Barrichello wohl heute noch in seinen Alpträumen. Doch mit seinen neun Siegen und 62 Podestplätzen wurde der Brasilianer nicht nur zwei Mal Vizeweltmeister (2002, 2004), sondern trug auch zu einer beispiellosen Titel- und Trophäensammlung für Ferrari bei.

Nicht zu vergessen ist das Showtalent des Rennfahrers. Welchem Zuschauer ging nicht das Herz auf als er bei seinem ersten Grand Prix-Sieg in Hockenheim 2000 in Tränen ausbrach. In Zeiten, in denen es der Formel 1 an echten Persönlichkeiten fehlt, ist der 36-Jährige mit seinem brasilianischen Temperament eine echte Bereicherung. Zuletzt lieferte Barrichello auf dem Siegerpodest eine Tanzperformance ab als er im chaotischen Regenrennen von Silverstone wieder einmal seine Qualitäten ausspielen konnte und einen dritten Platz für Honda herausfuhr. Danach gab es für Barrichello kein Halten mehr - ein echter Entertainer eben.

Rubinhos Zeit ist vorbei

Stephan Heublein

Rubens Barrichello und Jenson Button, Foto: Sutton
Rubens Barrichello und Jenson Button, Foto: Sutton

Rubens Barrichello - wer war das gleich noch mal? Ach ja, er hat gewonnen, wenn Michael Schumacher Hollywood-Regisseur spielte, ausfiel oder aus anderen Gründen den Ferrari nicht auf Platz 1 ins Ziel lenkte. Zugegeben, es gab auch Tage an denen Barrichello tatsächlich schneller war. Aber diese fielen in die gleiche Kategorie wie die Tage an denen nur sechs Autos ein Rennen begonnen haben - waren also ähnlich zahlreich wie steuerflüchtige Murmeltiere in Monaco.

Warum sollte ein Honda-Nachfolger oder irgendjemand anderes Rubinho für die Formel 1 verpflichten? Weil er fitter sei denn je, sagt er. Weil er noch den gleichen Speed habe wie in seiner Anfangszeit bei Jordan - je nach Deutung lässt sich diese Aussage auch gegen ihn verwenden... Es erinnert ein bisschen an das Ralf-Schumacher-Syndrom. Auch Ralf sagte einst ein ganzes Jahr lang: "Ich werde 2008 sicher in der Formel 1 fahren." Am Ende wurde es nur die "Formel 1 mit Dach".

An die verschwendet Rubinho keinen Gedanken. Er selbst verstand ja noch nicht mal, warum er nicht schon lange vor Saisonende einen Vertrag in der Tasche hatte. Das Team habe die Verlängerung mit Jenson Button damit begründet, dass dieser noch jünger sei und eine lange Zukunft vor sich habe. Barrichello erwiderte, dass er sofort einen Dreijahresvertrag unterschreiben würde. "Wo also ist das Problem mit dem Langfristigen?", fragte er. Vielleicht sollte er sich die Worte noch mal durch den Kopf gehen lassen: Weil Button jünger war... Das mit der langen Zukunft diskutieren wir bei einer anderen Gelegenheit.

Barrichello klammert sich immer noch an einen Strohhalm, der schon zwischen den Eiswürfeln versumpft ist. Immerhin war bereits vor dem Honda-Aus klar, dass Bruno Senna und nicht Rubens das zweite Cockpit erhalten würde. Barrichello hofft (und glaubt?) auf ein Wunder und verpasste so die Chance auf ein umjubeltes oder wenigstens anständiges Karriere-Ende beim Heimspiel in Sao Paulo, dem spannendsten WM-Finale seit langem. Davon hätte sogar er profitieren können.

Rubinho gewann Massas Kartrennen, Foto: Challenge of Go-Kart Champions
Rubinho gewann Massas Kartrennen, Foto: Challenge of Go-Kart Champions

So besteht seine einzige Möglichkeit auf einen halbwegs rühmlichen Ausstieg darin, sich einzureden, dass der Honda-Untergang die Schuld an seinem Abgang trägt - nicht sein überschrittener Zenit. Vielleicht glaubt es ihm ja jemand.

Wenigstens einer seiner sehnlichsten Wünsche ging in Erfüllung: "Ich habe meine Karriere auf Slicks begonnen und möchte sie definitiv auf Slicks beenden." Bei Felipe Massas Kartrennen in Florianopolis fuhr die Nummer 1B noch ein letztes Mal auf Slicks - außer es kommt doch noch zum doppelten Comeback mit Ralf. Sie fahren ja beide im nächsten Jahr sicher in der Formel 1.