In den vergangenen dreißig Jahren hat sich in der Formel 1 der Trend zum durchtrainierten Piloten durchgesetzt. Nach seinem Feuer-Unfall 1976 suchte Niki Lauda Rat bei Österreichs Gesundheitsguru Willi Dungl und dessen Askese-Lehre. In den Jahren darauf folgten diesem Beispiel Top-Stars wie Ayrton Senna, Jacques Villeneuve, Mika Häkkinen oder Michael Schumacher.

Mit seinem transportablen Studio galt Schumacher als konsequentester Vorreiter bei der Optimierung der körperlichen Fitness. Doch nun hält ein neuer und gefährlicher Trend Einzug in die Formel 1 - der Magerwahn. Der Grund dafür ist die Einführung von KERS. Das neue Energierückgewinnungssystem bringt zwar 81,6 Zusatz-PS, macht das Auto aber auch um etwa 35 Kilo schwerer. Das haben die Fahrer erkannt und nahmen nach dem Motto "leichter fährt schneller" während der Winterpause einen Kilo nach dem anderen ab.

KERS macht den Wagen etwa 35 Kilo schwerer , Foto: Ferrari Press Office
KERS macht den Wagen etwa 35 Kilo schwerer , Foto: Ferrari Press Office

Robert Kubica war einer der Ersten, die erkannten wie wichtig eine gute Gewichtsverteilung ist und welchen Einfluss eine gute Ballastverteilung auf die Balance des Autos hat. Der Pole nahm angeblich innerhalb von sechs Wochen sieben Kilo ab. "Das hat uns selbst überrascht", sagte BMW-Motorsportchef Mario Theissen. Aber dem Polen war klar, dass er, wenn er abnehmen würde, das Gesamtpaket verbessern konnte. "Denn was er verliert", erklärte Theissen, "kann in Form von Ballast hinzugefügt werden - das macht das Auto schneller." Bei einer Größe von 1,85 m wiegt Kubica 69 Kilo - 16 Kilo unter Normalgewicht.

Sicherheitsrisiko

Eine weitere Gewichtsabnahme wäre bei den G-Kräften, die der Körper eines Piloten aushalten muss, ein Sicherheitsrisiko. Dennoch findet Kubicas Beispiel eifrige Nachahmer. Fernando Alonso radelte vor den Testfahrten in Portimao mit Landsmann Carlos Sastre, einem Tour-de-France-Gewinner, über 110 Kilometer. Drei Kilo hat der Spanier bereits abgespeckt, zwei müssen laut Physiotherapeut Fabrizio Borra noch runter. Bei der Vorstellung des neuen Renault R29 ließ Alonso verlauten, dass er 2009 wieder hungrig auf den Titel sei. Böse Zungen behaupteten danach, der Spanier sei einfach generell hungrig.

Weltmeister Lewis Hamilton steht seinem Ex-Teamkollegen aber um nichts nach. Im Fahrerlager tuschelt man bereits, dass der 24-Jährige weniger Fett als seine Pussycat Doll Nicole Scherzinger hat. Hamilton behauptet, das liege an seinem Stoffwechsel: "Ich muss meine Ernährung nicht umstellen." Glück gehabt, denn in der Formel 1 ist derzeit jedes Gramm Luxus. Und so ist auch bei Williams Kalorien zählen angesagt.

Nico Rosberg hungerte sich bereits eineinhalb Kilo runter. "Mehr geht nicht. Ich bin am Limit", erklärte der Deutsche. Kimi Räikkönen reduzierte sein Gewicht von 71 auf 68 Kilogramm. Nach dem harten Training muss es für den Finnen mehr als deprimierend sein, dass Teamkollege Felipe Massa dank seinem Westentaschenformat bei 59 Kilo rangiert und damit der leichteste Pilot im Feld ist. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Magerwahn in der Formel 1 nicht solche Auswüchse annimmt wie in manch anderen Sportarten.

Im Skispringen fand das Wetthungern erst ein Ende, nachdem Fotos eines deutschen Springers in Badehose auftauchten und nachhaltig schockierten. Der Leistungssportler sah wie ein Kind in Afrika aus, für das Karl-Heinz Böhm dringend Spenden sammeln musste. Der Weltskiverband Fis führte daraufhin den Body-Maß-Index ein, als Folge dessen wurden zu leichten Springern die Ski gekürzt.