Die Gischt spritzt, Lewis Hamilton rutscht und der McLaren touchiert die Leitplanke. Ein dumpfer Schlag geht im Motorengeheul unter. In der sechsten Runde verliert der Vizeweltmeister in der Tabac-Kurve das Heck seines Autos, der Leitplankenkontakt bringt den rechten Hinterreifen zum Platzen. Hamilton bleibt cool, fährt den kurzen Weg zur Box, lässt den Reifen wechseln, stellt die Strategie um und fährt weiter. "Es ist okay, ich kann noch immer gewinnen", sagt er zu sich selbst. Siebzig Runden später schwebt Hamilton tatsächlich im siebten Himmel, schreit in den Boxenfunk, von dem er sich zuvor versichert hat, dass er auch ja ausgeschaltet ist. "Ich war so glücklich, dass ich es geschafft hatte", sagt er. "Dieser Sieg in Monaco ist ein Highlight meiner Karriere, an das ich mich immer erinnern werde."

Fehlerfestival in Monaco

Der anspruchsvolle Kurs im Fürstentum gilt als Eldorado für Fahrfehler. Die geringste Konzentrationsschwäche, der kleinste Fehler wird postwendend bestraft, kann das sofortige Aus bedeuten. Erst recht im Regen und ohne Traktionskontrolle. Vor dem Rennwochenende erwarteten viele Experten ein Ausfallfestival. Doch es sollte anders kommen: die Ausfälle kamen, aber die Fehler machten hauptsächlich die Topfahrer, wie Lewis Hamilton. "Mit einem Ausrutscher in die Leitschiene noch zu gewinnen, ist Monaco-Glück", analysierte Alex Wurz. "Aber der Rest war fehlerfrei."

Allerdings nur bei Hamilton. Seine Kollegen ließen sich scheinbar anstecken und legten ein ungewohntes Fehlerfestival auf den nassen Asphalt. "Die Fehlerquote war enorm hoch", zeigte sich Christian Danner verwundert. Niki Lauda schimpfte: "Manche Fahrer haben hier einen Käse zusammengefahren - das war eigentlich der Formel 1 unwürdig." Marc Surer war überrascht, dass vor allem die alten, erfahrenen Piloten Fehler machten, nicht die jungen Wilden. "Wenn man Timo Glock außen vorlässt, bei dem alles schief ging, waren es die Alten die Fehler gemacht haben", sagte Surer, "vor allem die Weltmeister."

Angefangen bei Fernando Alonso, der Nick Heidfeld bei einem optimistischen Überholversuch in die Seite fuhr. "Das konnte nicht gut gehen", sagte Surer. "Es ist verlockend, an einer Stelle, wo man fast anhalten muss, daneben zu fahren. Aber dann sollte man es auch schaffen und nicht nur ans Hinterrad fahren", tadelte der Schweizer den zweimaligen Champion. Noch schlimmer stufte Danner die Fehler zweier WM-Kandidaten ein: "Die dümmsten Fehler haben die Ferrari-Fahrer gemacht."

Der finnische Aussetzer

Monaco war nicht das Wochenende des Kimi Räikkönen., Foto: Sutton
Monaco war nicht das Wochenende des Kimi Räikkönen., Foto: Sutton

Felipe Massa verschenkte bei seinem Fahrfehler mindestens einen zweiten Platz, darüber sind sich Surer und Wurz einig. In so einem Rennen könne man schnell die Konzentration verlieren, verteidigte sich Massa. "Ich bremste auf der gelben Linie und konnte das Auto nicht mehr anhalten." Der Ferrari mit der Startnummer 2 rutschte in die Auslaufzone in Sainte Devote und Robert Kubica übernahm die Führung. An der gleichen Stelle beging Kimi Räikkönen später einen ähnlichen Fehler. Die Folge waren ein beschädigter Frontflügel und ein vorgezogener Boxenstopp.

Doch das sollte nicht der einzige Fehler des Finnen bleiben. Nach dem zweiten Re-Start, wenige Minuten vor Rennende, verbremste sich Räikkönen ausgangs des Tunnels, kam ins Schlingern und raste ins Heck von Adrian Sutils Force India. "Meine Bremsen waren etwas zu kalt und die Hinderräder blockierten auf der Bodenwelle", gestand Räikkönen den Fehler. "Ich verlor das Auto beinahe, versuchte abzubremsen, aber ich konnte nirgends hin ausweichen." Der Fehler tat ihm leid, insbesondere da Sutil so ein vierter Platz verloren ging. "Ich habe einen Fehler gemacht, aber das ist nicht das Ende der Welt."

Auch Colin Kolles wollte Räikkönen nicht böse sein. "Dafür mag ich ihn viel zu sehr", bekannte er. Selbst Sutil gab dem Finnen keine Schuld am Auffahrunfall in der Hafenschikane. "So etwas macht niemand mit Absicht, das kann passieren." Marc Surer glaubte jedoch, dass es einem Fahrer mit Räikkönens Erfahrung, einem amtierenden Weltmeister nicht passieren dürfe.

"Kimi verbremst sich dahinten blöd, kommt ins Schlingern und fährt ihm hinten drauf. Das sind Dinge, die verstehe ich nicht mehr", kommentierte Lauda. "Das sind hoch bezahlte Formel 1-Piloten, die so einen Käse zusammenfahren, dass es eigentlich eine Frechheit ist." Christian Danner hielt sich ebenfalls nicht mit Kritik zurück: "Das war Blödheit, grenzenlose Dummheit", polterte er. "Natürlich hatte er es eilig, aber wenn du im schnellsten Auto sitzt und einen Force India vor dir hast, der normalerweise vier Sekunden langsamer ist, dann kann man sich nicht dümmer anstellen."

Einige Lichtblicke

Aber es war nicht alles schlecht, es gab durchaus auch fehlerfreie Piloten in Monaco, betonte Danner. Kubica, Webber, Vettel und Sutil fuhren starke Rennen. "Es geht also auch ohne Fehler", lobte Danner. Und Mario Theissen fügte an, dass es nur drei oder vier Fahrer gegeben habe, die ohne Fehler durchgefahren seien. "Robert war am weitesten vorne von ihnen." Kubica habe unter schwierigen Bedingungen kühlen Kopf bewahrt und bei zeitweise extremen Sichtverhältnissen keinen Fehler begangen, fügte Willy Rampf hinzu.

"Kubica war der einzige Spitzenpilot, der ohne Fehler gefahren ist", stimmte Wurz zu. Einfach sei das nicht gewesen. "Aber ich habe versucht, so wenig Fehler wie möglich zu machen", sagte Kubica. "Denn Fehler sind hier sehr gefährlich." Bis auf Lewis Hamilton werden ihm wohl alle Kollegen zustimmen.