Ich bin schon letzten Mittwoch Abend nach meinem ersten kompletten Formel-1-Testtag sehr glücklich aus Barcelona abgereist - und nach ein paar Tagen, nachdem ich das alles noch einmal analysiert und länger darüber nachgedacht habe, bin ich erst recht froh und zufrieden. Nicht nur, weil ich auf Anhieb doch wirklich ordentliche Zeiten erreicht habe, weil ich auch das, was Lucas di Grassi mir am Dienstag in dieser Beziehung als ganz schön anspruchsvolle Vorgabe vorgelegt hat, überboten habe.

Nein, vor allem deshalb, weil ich mir wirklich sicher sein kann, praktisch 100 Prozent dessen getan zu haben, was ich tun konnte - ich bin auf kaum etwas gekommen, was ich für mich noch hätte besser machen können, und das gibt mir schon eine große persönliche Befriedigung - neben all dem Spaß, den ich beim Fahren gehabt habe, als ich mich im Auto immer wohler gefühlt habe und mich Schritt für Schritt an das Limit des Autos herantasten konnte.

Konstante Zeiten

Ich bin mit alten Reifen konstant die gleichen Zeiten gefahren wie Jenson Button, nur mit neuen habe ich noch ein bisschen etwas verloren, aber das ist normal, man braucht da einfach etwas Erfahrung, um aus einem neuen Reifen mit einem Formel-1-Auto das Optimale herauszuholen. Insofern sind weniger als drei Zehntel Rückstand an meinem ersten echten Testtag, beim zweiten Versuch mit einem neuen Satz - einen musste ich ja wegen einer roten Flagge zum ungünstigsten Zeitpunkt leider abschreiben - sicher schon mal ganz ordentlich.

Bruno Senna ist mit seiner Leistung zufrieden., Foto: Sutton
Bruno Senna ist mit seiner Leistung zufrieden., Foto: Sutton

Und was mich besonders gefreut hat, war, dass ich ja auch in diesem letzten Run des Tages, mit schon an die 100 Runden, wieder sehr konstant unterwegs war. Zweimal die 1:21,6, dann 21,7 und 21,8 - das zeigt auch, dass ich konditionell wirklich keine Probleme hatte. Auch am Tag danach hatte ich übrigens mit Hals- und Nackenmuskulatur keine Schwierigkeiten - meine intensive Vorbereitung, das spezielle Training für diese Bereiche hat sich also wirklich ausgezahlt.

Keine Fehler, viele Daten

Auch Fehler habe ich mir in Barcelona kaum erlaubt: Außer einem kleinen Ausrutscher noch am Montag mit uralten, schlechten Reifen, bei dem ich aber auf der Strecke geblieben bin und sofort weiterfahren konnte, war nichts... Ich denke auch, dass meine Aussagen zum Auto, zur Entwicklung und zur Anpassung an meinen Fahrstil nicht so schlecht waren. Durch die Live-Telemetrie in der Formel 1 ist man ja unter ständiger Beobachtung, da kann das Team sofort sehen, wie die Aussagen des Fahrers zu den Daten passen, da ist es sehr wichtig, dass man sehr gut und präzise ist.

Überhaupt ist die Daten- und Informationsmenge, mit der man in der Formel 1 konfrontiert wird, enorm - das ist mit der GP2 überhaupt nicht zu vergleichen. Aber mich damit zu beschäftigen, das alles zu lernen, wie man es optimal nutzen kann, das ist etwas, was mir sehr viel Spaß macht.

Spaß beim Filmen

Spaß gehabt haben auch die Jungs im Team mit einem Filmchen, das ich mit meiner Onboard-Kamera zufällig gedreht hatte. Bei einem Ausrutscher von Sebastien Bourdais ins Kiesbett war ich der, der als erster da hinkam, da flogen noch die ganzen Steine, ich habe sogar einen auf die Hand bekommen, aber nicht so schlimm... Jedenfalls habe ich das alles gefilmt, der fliegende Kies sah auf den Bildern ziemlich spektakulär aus, die Mechaniker haben das Band immer wieder abgespielt und sich köstlich dabei amüsiert... Ich glaube, wir verstehen uns alle schon ziemlich gut und haben wirklich Spaß miteinander...

Überhaupt bin ich mit den ganzen Leuten bei Honda sehr, sehr gut zurecht gekommen, habe mich im Team sofort gut auf- und ernst genommen gefühlt, habe auch meine Ideen einbringen können - und das hat auch dazu beigetragen, dass wir für meine Begriffe sehr schnell sehr gut vorangekommen sind. Natürlich ist es toll, als Neuling in der Formel 1 mit so erfahrenen und guten Leuten wie Ross Brawn oder auch meinem Ingenieur Jock Clear zusammenarbeiten zu dürfen. Jock hat ja schon früher mit Leuten wie David Coulthard oder Jacques Villeneuve gearbeitet, er hat auch eine Begabung, einem Dinge sehr gut zu erklären, so dass ich in kurzer Zeit sehr viel lernen konnte.

Bruno Sennas erster F1-Test verlief sehr zufrieden stellend., Foto: Honda
Bruno Sennas erster F1-Test verlief sehr zufrieden stellend., Foto: Honda

Auch Achim, der Physio von Honda, hat sich sehr gut und nett um mich gekümmert, am Mittwoch Mittag hatte ich zum Beispiel einen Muskel im Rücken leicht verspannt, das hat er mit einer kleinen Massage in der Mittagspause toll wieder wegbekommen...

Leistung statt Nachname

Ich bin Honda sehr dankbar für diese Chance, es war wirklich alles optimal, auch eine tolle Leistung des Teams, dass das Auto die ganze Zeit über nicht das geringste Problem hatte, so dass ich jede Minute voll nutzen konnte. Wie es jetzt weitergeht, kann ich nicht sagen. Das ist jetzt alles Sache des Teams, da muss man jetzt abwarten. Ich weiß jedenfalls, dass ich meinen Teil getan und bewiesen habe, dass ich einen Stammplatz in der Formel 1 wirklich auf Grund meiner eigenen Leistung und nicht durch meinen Namen bekäme.

Jedenfalls habe ich mir jetzt erstmal ein etwas ruhigeres Wochenende gegönnt, denn in der Zeit auch vor dem Test war ich doch sehr beschäftigt. Mit dem noch einmal intensiviertem Training gleich nach meiner Rückkehr aus Brasilien, und dann war ich ja auch vier oder fünf Tage bei Honda im Werk in Brackley, um mich auf den Test vorzubereiten, alles kennen zu lernen, auch schon mal ein bisschen was im Simulator zu probieren - auch wenn da für die Slickreifen noch sehr wenige Daten vorhanden sind, so dass man noch nicht sehr nahe an die Realität herankommt.

Und jetzt geht es auch gleich weiter mit Programm: Anfang der Woche bin ich erst einmal kurz in Japan, da stellt Hublot, die ja mein Sponsor sind und die auch schon länger mit der Ayrton Senna Foundation zusammenarbeiten, ein neues Uhrenmodell vor... Was sonst noch an Terminen dort ansteht, muss ich mal sehen, das steht noch nicht fest. Und am nächsten Wochenende bin ich dann ja bei einem Kartrennen in London im Einsatz, da fahre ich unter anderem gegen die Gewinner eines Preisausschreibens meines Sponsors Hilton. Ich hab mir schon überlegt, ob ich vielleicht freiwillig von hinten starten soll, um noch mehr Spaß dabei zu haben. Mal sehen, ob es nächste Mal, wenn ich Euch davon was erzähle, auch noch weitere positive Nachrichten gibt...