Um 14:20 Uhr war es soweit - zum ersten Mal in seiner Karriere ging Bruno Senna mit einem aktuellen Formel-1-Auto auf die Strecke. Wirklich aufgeregt war er deshalb aber nicht, von Nervosität den ganzen Vormittag über, als er seinem Landsmann Lucas di Grassi noch zuschaute, keine Spur: "Im Gegenteil, ich war ganz locker und froh, dass es jetzt endlich so weit war, die Warterei hat mich eher schon verrückt gemacht."

Ganz kurz vor dem Rausfahren spürte er höchstens ein bisschen Anspannung, "weil einem da bewusst wird, wie viel neue Sachen man zu tun hat, mit den ganzen Knöpfen am Lenkrad..." Das war das Ziel der ersten Runden, "mich an die Elektronik zu gewöhnen, an die ganzen Schalter und Knöpfe, all die Abläufe und Möglichkeiten, die die Formel 1 bietet. Ich fand das dann aber doch relativ einfach und logisch, wenn man einsteigt und weiß, wo die Knöpfe sind, dann weiß man ziemlich schnell, was man zu tun hat. Und das Team gibt einem auch über Funk Anweisungen."

Freude am Fahren

Es war dem Brasilianer anzusehen, wie viel Freude ihm sein erster halber Tag in einem Formel-1-Auto gemacht hatte. "Das ist eine ganz spezielle Chance, die Honda mir gegeben hat - und es hat mir einen Riesenspaß gemacht. Das Auto ist so ein großer Schritt von der GP2, es ist in allen Belangen besser, vor allem die Schaltung, das ist eine andere Welt, aber auch die Dynamik, die Leistung, die Gewichtsverteilung, einfach alles."

Der Name Senna ist zurück in der Formel 1., Foto: Sutton
Der Name Senna ist zurück in der Formel 1., Foto: Sutton

Es sei schwierig zu erklären, warum man als Fahrer einige Zeit brauche, "um sich daran zu gewöhnen, aber die ganzen Referenzwerte, die man aus den anderen Serien hat, muss man weit nach oben verschieben, auch das, was man vom Auto erwartet, denn es ist alles so viel besser. Da muss man erst mal ein paar "negative Dinge", die einen etwa in einem GP2-Auto bei manchem behindern, ausblenden und vergessen, um das Potenzial hier auch nur einigermaßen nutzen zu können."

Senna war seinen ersten Formel-1-Test sehr locker angegangen: "Ich hatte heute überhaupt keinen Druck. Das Team wollte nur, dass ich alles kennen lerne, ein nettes, kleines Programm durchziehe, das habe ich gemacht. Ich fühle mich jetzt wohl im Auto, auch wenn der Sitz noch nicht perfekt ist, da müssen wir noch ein kleines bisschen was dran machen, aber es war eine sehr, sehr gute Erfahrung..."

Schalter und Reifen

Ein bisschen Arbeit am und mit dem Auto gab es aber dennoch parallel zu erledigen: "Honda will schon auch aus diesem Test ein paar Erkenntnisse gewinnen, wie das Auto mit der neuen Aerodynamik 2009 funktionieren wird, wie sich die Downforce-Levels auf die Balance auswirken werden, wie die Slicks funktionieren - in diese Richtung haben wir auch schon ein bisschen was gemacht."

Vor allem am Ende, in seinem dritten und letzten längeren Run, kam Senna dann schon gut zurecht. "Da habe ich mich schon viel wohler gefühlt. Vorher die Reifensätze waren auch nicht so gut, da hatte ich generell ein paar Probleme, den richtigen Grip und die richtige Balance zu finden, aber mit dem letzten Satz, der von Anfang an in gutem Zustand war, konnte ich dann die Reifen auch richtig nutzen."

Und noch etwas kam dazu: "Da hatte ich es auch drauf, diese ganze Sache mit den Schaltern, diese Technik, sozusagen mit einer Gehirnhälfte automatisch zu erledigen und mit der anderen hundertprozentig aufs Fahren konzentriert zu sein... Das war mein großer Pluspunkt am Ende des Tages, denke ich. Ich habe dann immer ein bisschen mehr gepusht, um ein bisschen mehr Zeit zu finden, habe dann zwar vielleicht auch ein oder zwei kleine Fehler gemacht, was halt passieren kann, wenn man das Limit sucht, aber ich denke, für das erste Mal kann ich schon ganz zufrieden sein."

Bruno Senna fährt zufrieden in den Sonnenuntergang., Foto: Hartley/Sutton
Bruno Senna fährt zufrieden in den Sonnenuntergang., Foto: Hartley/Sutton

Das Ergebnis: Eine Serie von Zeiten, die deutlich unter denen lag, die Lucas di Grassi am Vormittag vorgelegt hatte - die schnellste um 1,2 Sekunden besser als sein Landsmann.

Bitte mehr davon

Körperlich hatte der 25-Jährige überhaupt kein Problem: "Ich war gut vorbereitet, habe viel trainiert - und ich glaube, mit diesem Downforcelevel ist der Unterschied auch gar nicht so groß zur GP2 in den schnellen Kurven." Jetzt freut er sich schon riesig auf den Mittwoch, wo er dann den ganzen Tag zum Fahren kommen wird: "Man kann nicht beim ersten Mal, wenn man in einem Formel-1-Auto sitzt, gleich sensationelle Zeiten erwarten. Aber jetzt kennen wir all die Details, wissen, worauf es ankommt, was wir noch machen müssen, zum Beispiel am Sitz - und dann kann ich am Mittwoch sicher etwas mehr attackieren. Ich freue mich schon riesig drauf, zum Beispiel auch, dann mal mit neuen Reifen zu fahren - das wird sicher noch mal eine ganz neue Erfahrung. Aber die allererste heute, mit der bin ich schon wirklich glücklich und zufrieden, ich glaube, für das erste Mal ging das wirklich gut."