Er hat zwar den WM-Titel verloren, aber trotzdem unheimlich viele Sympathien gewonnen. Felipe Massa wird seit dem Sonntag nicht nur, aber natürlich vor allem in Brasilien als der Weltmeister der Herzen gefeiert. "Du bist unser Champion" titelt die Sportzeitung Lance am Montag - und betont: Massa hat bei seinem Heimsieg beim GP in Interlagos den WM-Titel zwar verloren, ist aber trotzdem ein ganz großer Sieger: "Sein perfektes Rennen und der grandiose Kampf bis zum Schluss sind genauso viel wert wie ein WM-Titel", heißt es in der Lance, "seit den Zeiten von Ayrton Senna hat kein brasilianischer Fahrer mehr die Herzen der Fans so zum Schlagen gebracht wie Massa. Er machte unserer Rennsport-Tradition alle Ehre und fuhr wie ein wahrer Champion."

Massa hatte durchaus Grund zur Freude., Foto: Sutton
Massa hatte durchaus Grund zur Freude., Foto: Sutton

Auf den Tribünen weinten die Fans, als ihnen klar wurde, dass ihr Held den ersten brasilianischen Titel seit Senna 1991 doch verpasst hatte, auch Massa selbst konnte die Tränen nicht zurückhalten - doch wie er dann mit der Niederlage umging, mit Stil und Würde, ohne Jammern, ohne Bitternis, mit einer Gratulation an Sieger Hamilton, das brachte ihm noch zusätzliche Pluspunkte ein, auch im gesamten Fahrerlager, wo die Sympathien schon im Vorfeld eher ihm als Hamilton gegolten hatten.

"Er hat unglaubliche Größe bewiesen", kommentierte Radio Bandeirantes-Reporter Luis Fernando Ramos, "das war beeindruckend, er hat gezeigt, dass er alles hat, um einen WM-Titel zu holen und das in Zukunft auch schaffen kann, ohne dafür irgendeine Form von Wunder zu brauchen." Auf der Internetseite von TV Globo heißt es: "Das ist kein Tag zum Vergessen für Felipe, sondern ein Tag zum Feiern. Kein grausamer Tag, sondern einer, an dem er in die Motorsportgeschichte eingegangen ist als einer der Protagonisten des dramatischsten Finales, das die Formel 1 je erlebt hat. Er hat all den Kritikern die passende Antwort gegeben, die ihn nach seinem schlechten Saisonauftakt in Australien und Malaysia schon abgeschrieben hatten."

Wenn er so weiterfährt, könnte Massa auch 2009 um den Titel fahren., Foto: Sutton
Wenn er so weiterfährt, könnte Massa auch 2009 um den Titel fahren., Foto: Sutton

Massa gab zu, dass es für ihn wohl leichter gewesen wäre, wenn es nicht durch den Regen zum Schluss noch zu jenen dramatischen Finalrunden gekommen wäre, die ihn für etwas mehr als 20 Sekunden tatsächlich zum Weltmeister machten. "Wenn ich gewonnen hätte und Lewis hätte seinen vierten Platz, auf dem er ja lange lag, ganz normal nach Hause gebracht, dann wäre es eben so gewesen, dann hätte ich mein Bestes gegeben gehabt, aber es wäre eben so abgelaufen, wie man ja eigentlich vorher damit rechnen musste", versuchte er, seinen Mix der Gefühle zu erklären. "Aber so nahe dran zu sein, eine Zeitlang zu glauben, es tatsächlich noch geschafft zu haben, 20 Sekunden auf eine Bestätigung zu warten und dann hören zu müssen, dass es doch nicht gereicht hat, dann tut das schon mehr weh. Aber nur Gott weiß, was er tut, weshalb die Dinge so sind, wie sie sind."

Als er abends gegen 20 Uhr zusammen mit seiner Familie in seinem Privatauto die Strecke verließ, hatte er schon wieder ein Lächeln auf den Lippen für all die, die ihm auf dem Weg zum Parkplatz zu seiner großartigen Leistung gratulierten. Beim Wegfahren applaudierten ihm die Streckenfunktionäre - zeigten, dass sie ihn jetzt als einen ganz Großen akzeptieren, ob mit WM-Titel oder ohne.

Davon abgesehen: Wenn Massa in Zukunft auf dem Niveau weiterfährt, dass er in diesem Jahr und gerade beim Saisonfinale gezeigt hat, dann ist bei weitem noch nicht ausgemacht, dass die Zyniker recht behalten, die behaupten, 2008 sei sicher die einzige Chance auf die Weltmeisterschaft gewesen, die Massa in seiner Karriere ja bekommen werde.