Stimmt es noch, dass Interlagos extrem wellig ist?
Pascal Vasselon: Die Strecke hat eine lange Geschichte wiederholter Fahrbahnerneuerungen, aber die Bodenwellen schienen immer irgendwie zu überleben oder sich zu verlagern, weil der Untergrund feucht ist. Wie es scheint, ist die Erneuerung im letzten Jahr aber sehr viel effektiver gewesen und die Strecke war erheblich besser als 2006.

Wie sehen Sie das Rennen für den TF108?
Pascal Vasselon: Aus unserer Sicht haben wir uns dort immer gut geschlagen, deswegen gehen wir mit hohen Erwartungen nach Brasilien. Wir freuen uns wirklich auf dieses Rennen. In dieser Saison haben wir mitunter festgestellt, dass niedrige Streckentemperaturen dem TF108 nicht liegen. In Brasilien ist die Temperatur aber normalerweise recht hoch, was uns entgegenkommen dürfte. Unser Auto ist in fast jedem Rennen konkurrenzfähig gewesen, deswegen erwarten wir, dass wir auch in Interlagos wieder stark sind. Jarno ist dort immer sehr gut und das erwarten wir auch dieses Mal von ihm. Timo hat schon etwas F1-Erfahrung aus Interlagos und wir haben gesehen, dass er mit dem TF108 im Nu auf jeder Strecke zurechtkommt.

Was ist der Schlüssel zu schnellen Zeiten in Interlagos?
Pascal Vasselon: Von der letzten Linkskurve bis an den Boxen vorbei geht es ständig bergauf, wofür die Motorleistung wichtig ist. Noch bedeutender ist aber wohl, dass man drei oder vier sehr lange gekoppelte Traktionsevents hat. Entsprechend ist es wichtig, wie man hier die Fahrzeugbalance und das Rutschen in den Griff bekommt. Was wirklich ausschlaggebend in Interlagos ist, sind die Reifen. Im letzten Jahr hat Bridgestone offensiv auf die weichen und superweichen Reifen gesetzt, was bedeutete, dass Blistering ein großes Thema war. Dieses Mal bekommen wir aber die weiche und die mittlere Mischung, die besser zur Strecke passen dürften. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Reifen keine Herausforderung sind, und wir werden sicher Teams sehen, die zum einen mit Anwärmproblemen bei der mittleren Mischung und zum anderen mit Blistering bei den weichen Optionen zu kämpfen haben. Es wird so einfach nicht sein und wir haben noch harte Arbeit vor uns. Im Weiteren ist Interlagos sehr schonend für die Bremsen und der Abtrieb ist mittelhoch.

Pascal Vasselon kennt die Geheimnisse von Interlagos, Foto: Sutton
Pascal Vasselon kennt die Geheimnisse von Interlagos, Foto: Sutton

Warum wird in Brasilien mehr überholt als auf vielen anderen Strecken?
Pascal Vasselon: Es ist definitiv einer der Orte, wo man überholen kann, einfach ist das aber trotzdem nicht. Ich glaube, wir erinnern uns alle an das Manöver von Juan Pablo Montoya gegen Michael Schumacher 2001, nach dem Safety-Car-Neustart. Es war einfach unglaublich. Man kommt aus einer langsamen Kurve auf eine lange Gerade, die direkt in eine Zone mit heftigem Bremsen vor einer engen Kurve läuft, was den Fahrern eine Chance zum Überholen gibt.

Was halten Sie von den Einrichtungen?
Pascal Vasselon: Die Boxenanlage ist etwas beengt und man muss sich wirklich Gedanken machen, was man an Ersatzteilen und Material nach Interlagos mitnimmt, weil wir dort nicht genug Platz haben. Als Austragungsort ist es nicht so luxuriös wie manche der neueren Kurse, aber das ist unvermeidlich und ich muss sagen, mir gefällt der Event trotzdem. Wir haben jetzt Orte mit fantastischen neuen Einrichtungen wie Bahrain, Istanbul, Shanghai und nächstes Jahr auch Abu Dhabi, da tritt der Kontrast jetzt wohl deutlicher hervor. Interlagos ist einer der Orte, wo die Kontraste des Lebens am sichtbarsten sind. Interlagos hat aber trotz alledem echte Atmosphäre; das Publikum ist sehr begeisterungsfähig. Das wird dieses Mal ganz besonders so sein, weil Felipe Massa noch eine Chance auf den Titel hat.

Was gibt Interlagos seinen besonderen Reiz?
Pascal Vasselon: Die Brasilianer lieben ihren Motorsport und sie lieben ihre Helden. Über die letzten rund 30 Jahre haben sie zahlreiche Titel gewonnen, mit Namen wie Fittipaldi, Piquet und Senna. In Brasilien scheint die durchschnittliche Zahl der Fans einfach höher zu sein als irgendwo anders, und sie haben eine echte Leidenschaft für den Sport.