Selbst die 'Nur-In-Werbepausen-F1-Zuschauer' sollten mittlerweile mitbekommen haben, dass auf den Reifen hin und wieder eine weiße Rille hervorblitzt. An diesem Wochenende steht jedoch eine Überraschung ins Haus: Sämtliche Rillen strahlen in "Naturgrün" - eine PR-Aktion von Hersteller Bridgestone, mit der die FIA-Umwelt-Kampagne "Make Cars Green" - "Macht die Autos grün" unterstützt werden soll.

Da müssen dann auch die Fahrer herhalten, etwa als persönlicher Botschafter, wie Lewis Hamilton, der bei der Präsentation der Aktion schon am Mittwoch in Tokio seine Solidarität bekundete. "Es ist ein Thema, das über den Rennsport hinausgeht. Das Auto ist eine sehr positive Sache und ich denke, die Botschaften der Kampagne helfen dabei, uns zu zeigen, dass wir alle auf grünere Art unterwegs sein können."

Grüne Rillen: da muss man gleich zweimal hinschauen..., Foto: Sutton
Grüne Rillen: da muss man gleich zweimal hinschauen..., Foto: Sutton

Dem amtierenden Weltmeister Kimi Räikkönen legten die PR-Strategen für die offizielle Pressemitteilung den grandiosen Satz in den Mund: "Wenn die Lektionen in Sachen Sicherheit und neue grüne Technologien, die im Motorsport gelernt wurden, auf die gesamte motorisierte Welt übertragen werden, dann hat der Sport einen wirklich wichtigen Beitrag dazu geleistet, Leben zu retten und vielleicht auch zu helfen, den Planeten zu retten."

Mit diesem Satz hätte wohl selbst Ron Dennis so seine Probleme - und der ist für seine komplexen Satzgebilde über die Grenzen des Fahrerlagers hinaus bekannt. Wer jemals mehr als zwei Sätze mit Räikkönen gewechselt hat oder ihn einmal hat nuscheln hören, der weiß, dass dem Finnen von sich aus so eine Äußerung im Traum nicht in den Sinn kommen würde. Was natürlich Wasser auf die Mühlen derer ist, die sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass hier FIA & Co. versuchen, aus Imagegründen und weil es im Moment gerade so schön populär ist, zwei Dinge miteinander zu verbinden, die logisch nicht unbedingt zusammengehören.

Auch ein anderer Finne ließ sich auf unsere Nachfrage bereitwillig als grünes Zugpferd einspannen: "Klar, ich hätte kein Problem damit, privat einen Smart zu fahren, wenn es das Team von mir verlangen würde", antwortete uns Heikki Kovalainen, der beim Nachhaken jedoch gestehen musste: "Eigentlich kann unser Sport niemals grün sein, das ist Fakt. Aber wenn wir ihn ein bisschen grüner machen können, um ein bisschen dazu beizutragen, ist es das Richtige."

So könnte die F1 als Beispiel für die Welt agieren. "Wenn junge Leute ihr erstes Auto kaufen, schauen sie die F1 an und sagen vielleicht: die Fahrer haben Schaltwippen am Lenkrad, das möchte ich auch haben. Wenn wir in der F1 umweltfreundliche Systeme einsetzen, wollen sie das vielleicht auch haben." Jetzt brauchen wir nur noch Jugendliche, die sich als ersten Wagen Autos mit Schaltwippen und den neuesten Energierückgewinnungssystemen leisten können...

Grün, so weit die Rille reicht., Foto: Sutton
Grün, so weit die Rille reicht., Foto: Sutton

Aber egal: Energie-Rückgewinnungssysteme wie KERS hin, weitere Hightech zum Energiesparen in der Zukunft her, all das sind sicher gute Ansätze, aber gerade die Formel 1 mit ihren mehr als 60 Liter Spritverbrauch auf 100 Kilometern zum Vorreiter des Umweltgedankens zu machen, auf die Idee muss man erst mal kommen. Oder frei nach Marc Surer: nach jedem Rennen werden pro Fahrer 14 Trockenreifensätze weggeschmissen. "Wenn man umweltfreundlich sein möchte, sollte man vielleicht die Anzahl der verbrauchten Reifen reduzieren, statt sie nur grün anzumalen."

Aber in einer Zeit, in der politisch Unkorrektes es schwer hat, seine Daseinsberechtigung zu behalten, versucht man halt, die Formel 1 mit dem passenden grünen Image anzumalen - so wie die Reifen mit der grünen Farbe. Mario Theissen scheint das erkannt zu haben: "Wenn es nur darum ginge, etwas grün anzumalen, dann waren die echten Umweltpioniere die alten englischen Rennautos, die waren alle grün." Damals waren die Autos aber nicht nur grün, sondern konnten sich auch noch gegenseitig überholen. Aber so ist das eben mit dem Grünsein, davon können der Hulk, die Millionen tot geklickter Orcs in World of Warcraft und Kermit der Frosch ein Liedchen singen: It's not easy being green.