Wer hatte da vor zwei Jahren geunkt, nach dem Rücktritt von Michael Schumacher würde es lange dauern, bis Deutschland in der Formel 1 wieder eine entscheidende Rolle spielen würde? Schumis deutsche Erben strafen die Pessimisten Lügen: Vier deutsche Fahrer in den Punkterängen, sogar unter den ersten Sechs, das gab es noch nie - und auch wenn der absolute Weltrekord von vier Franzosen auf den ersten vier Plätzen beim Frankreich-GP 1982 nicht gebrochen wurde: Die deutschen Piloten präsentierten sich in Singapur als absolute Großmacht in der Formel 1.

Rosberg als Highlight

Nico Rosberg räumte den größten Pokal für Deutschland ab., Foto: Sutton
Nico Rosberg räumte den größten Pokal für Deutschland ab., Foto: Sutton

Diesmal war es Nico Rosberg, der mit seinem zweiten Platz hinter Fernando Alonso das Glanzlicht beim ersten Nachtrennen der Formel-1-Geschichte setzte - und der gebürtige Wiesbadener, der alle andere als ein einfaches Jahr hinter sich hat, war ja auch wirklich einmal dran. Schließlich hatten die anderen Deutschen - mit Ausnahme von Adrian Sutil, der bei Force India nun mal auf verlorenem Posten steht, zuletzt alle ihre Highlights: Timo Glock mit dem zweiten Platz in Ungarn, den er seither immer wieder mit guten Leistungen bestätigt, Nick Heidfeld mit dem Überraschungscoup in Belgien, als ihn eine clevere Reifenwechselstrategie auf der Strecke auf Platz drei und dann durch die Hamilton-Strafe in der Ergebnisliste sogar auf Platz zwei brachte, und zuletzt natürlich Sebastian Vettel mit seinem Sensationssieg in Monza. Drei der vier haben übrigens eine gemeinsame Basis: Glock, Vettel und Rosberg verdienten sich ihre ersten Sporen in der Formel BMW.

Zwei Rückschläge

Für Rosberg, der zwar zum Saisonauftakt in Australien 2008 als Dritter auf dem Podium gestanden hatte, danach aber einige Rückschläge wegstecken musste, mit einem schlechten Auto und auch dem ein oder anderen eigenen Fehler kämpfte, war es ein Erfolg, den er zu Beginn des Rennens nie erwarten durfte. "Als ich nach dem Start hinter Jarno Trulli hing, dachte ich schon, alles sei gelaufen."

Auch Glock stand 2008 schon auf dem Podium., Foto: Sutton
Auch Glock stand 2008 schon auf dem Podium., Foto: Sutton

Als er dann endlich an dem oft als rollende Schikane bekannten Italiener vorbei war und mit einer "Qualifyingrunde nach der anderen" aufholte, der nächste Schlag, als zum ersten Mal das Safety-Car raus kam, er aber trotz gesperrter Boxengasse zum Tanken kommen musste. "Da dachte ich: Jedes Mal in diesem Jahr ist es das gleiche. Ich war wirklich sauer und hatte die Hoffnung schon aufgegeben, weil ich glaubte, das war es jetzt."

Glück im Unglück

Was ihm dann ein bisschen half: Die Sportkommissare brauchten relativ lange, um die eigentlich eindeutige Strafe für das Tanken bei geschlossener Boxengasse auszusprechen, weil sie zuvor noch über die Bestrafung des chaotischen Stopps von Felipe Massa entscheiden mussten. Wodurch Rosberg ein paar Runden Zeit hatte, an der Spitze einen großen Vorsprung auf die meisten der im Feld feststeckenden wichtigsten Gegner herauszufahren.

Ein bisschen Glück im Unglück - von dem 23-Jährigen aber auch sehr stark und fehlerfrei umgesetzt. Da geizte dann auch Vater Keke, Formel-1-Weltmeister 1982, nicht mit Lob: "Es ist eine enorme physische Leistung, heute hier den Grand Prix zu fahren, mit einer Rennzeit von fast zwei Stunden, und dann auch noch Zweiter zu werden, trotz einer Strafe. Das ist schon toll. Nico trainiert sehr hart und heute ist er dafür belohnt worden. Heute musste man nur kämpfen. Das hat er gemacht und so das beste Ergebnis seiner Karriere herausgefahren. Großartig!"

Goldene Zukunft

Die Autogramme der Deutschen werden immer beliebter., Foto: Sutton
Die Autogramme der Deutschen werden immer beliebter., Foto: Sutton

Leicht wird es Rosberg aber trotzdem in Zukunft nicht haben. Er muss wohl ein weiteres Jahr bei Williams bleiben - auch wenn das Gerücht, es könnte doch noch einen Platztausch zwischen ihm und Nick Heidfeld geben, nicht totzukriegen ist und im Abstand von ein paar Wochen immer wieder auftaucht. Und dass der Williams 2009 plötzlich ein Top-Auto werden könnte, das wäre schon ein mittleres Formel-1-Wunder - aber das eine Jahr dort wird er wohl aussitzen müssen, ehe ein Wechsel zu einem Top-Team möglich wird.

Da hätte Heidfeld 2009 technisch wohl die besseren Karten, so er denn seinen Platz bei BMW behalten darf und nicht doch noch durch Fernando Alonso abgelöst wird, was zuletzt aber eher wieder unwahrscheinlicher als wahrscheinlicher wurde. Optimistisch kann auch Timo Glock sein - bei Toyota geht es aufwärts, was mit Sicherheit auch seinem Input zu verdanken ist, wie die Japaner aus Köln durchaus wissen.

Sebastian Vettel schließlich ist überzeugt, dass das, was er mit Toro Rosso geschafft hat, 2009 mit Red Bull auch möglich sein sollte, wenn nicht sogar ein bisschen mehr. Keine schlechten Aussichten also, dass das Ergebnis von Singapur bald einmal eine Wiederholung oder sogar Steigerung erfährt. Diesmal wurde ja der Punkterekord von 20 Zählern in einem Rennen für Deutschland, den 2003 in Indianapolis Michael Schumacher als Sieger, Heinz-Harald Frentzen als Dritter und Nick Heidfeld als Fünfter aufgestellt hatten, "nur" egalisiert...