Mit dem ersten Nachtrennen ihrer Geschichte gastiert die Formel 1 ab dem 26. September in den Straßen von Singapur. Für Fahrer und Teams ist die Premiere auf dem neuen Stadtkurs in der faszinierenden Mega-City eine Herausforderung mit vielen Unbekannten. Wer sie erfolgreich bestehen will, ist auf eine gute Simulation im Vorfeld angewiesen. "Nur wer optimal vorbereitet an den Start geht", sagt Willy Rampf, Technischer Direktor von BMW Sauber, "kann im Rennen sein volles Leistungspotenzial abrufen."

Beim BMW Sauber Team beginnt die Vorbereitung auf den Großen Preis von Singapur bereits drei Monate vor dem Rennen. Dafür stehen anfangs nicht viel mehr als ein Streckenplan und einige Daten wie Streckenlänge, Höhenunterschiede und Kurvenverlauf zur Verfügung, die von dem Automobilsport-Weltverband FIA und dem Streckenbetreiber angeboten werden. Informationen zur Streckenbeschaffenheit liefert der Reifenhersteller Bridgestone.

Mit den zur Verfügung gestellten Daten simuliert der Computer zunächst die Ideallinie, also den schnellsten Weg um den neuen Kurs. Hierfür wird die Strecke in zwei Schritten in 500 bis 800 Segmente aufgeteilt. Für jeden einzelnen Abschnitt werden die Radien bestimmt und die Ideallinie numerisch definiert.

Mit Hilfe der sogenannten Rundenzeitsimulation, einer von den Ingenieuren entwickelten Software, erarbeiten die Spezialisten eine erste Fahrzeugabstimmung. Hierbei werden zunächst unterschiedliche Abtriebniveaus simuliert und das Programm errechnet daraus die jeweilige Rundenzeit. Auf diese Weise wird der optimale Anpressdruck ermittelt. Aufgrund der errechneten Höchstgeschwindigkeit werden optimale Getriebeabstufungen festgelegt. Dabei legt man als erstes den siebten Gang fest, dann folgt der erste Gang. Die restlichen fünf Gänge werden auf Basis der Leistungskurve des Motors berechnet.

In einem weiteren Simulationsschritt wird der Belastungsgrad der Bremsen ermittelt. Dabei bestimmt man das Material der Bremsscheiben und Beläge sowie die Spezifikation der Bremssättel. Ebenfalls mittels Simulation wird der Bedarf an Kühlluft für die Bremsen definiert. Insgesamt also ein hoch komplexer und fein abgestimmter Prozess. "Die meiste Abstimmungsarbeit wird in der Vorbereitung auf ein Rennen erledigt", sagt Willy Rampf. "Vor Ort sind die Möglichkeiten vor allem zeitlich sehr eingeschränkt."

Damit wird die Simulation auf der Basis von Real-ICT-Lösungen, also dem komplexen und in Echtzeit ablaufenden Datentransfer, in der Formel 1 immer wichtiger, gerade auch bei der Vorbereitung auf eine neue Strecke. Ein entscheidender Erfolgsfaktor für das BMW Sauber Team ist der Austausch der Simulationsdaten über die hochleistungsfähige Datenleitung zwischen dem Werk in München, das für den gesamten Antriebsstrang verantwortlich ist, und der Rennfabrik im schweizerischen Hinwil. "Die moderne Simulationstechnologie erfordert eine schnelle, sichere und komplexe Datenlogistik", sagt Dirk Stirnberg, Global Account Executive BMW Group bei T-Systems. "Das gilt nicht nur für die Formel 1, die einmal mehr eine wichtige Vorreiterrolle übernommen hat, sondern in zunehmendem Maße auch für die Serienentwicklung." Dank der hoch entwickelten Simulationsprogramme arbeiten die Teams in der Formel 1 heute also viel effektiver und kommen wesentlich besser vorbereitet an die Rennstrecke als früher.

Trotz der guten Vorbereitung auf das Formel-1-Neuland in Singapur kommt das Team jedoch auch vor Ort nicht ganz ohne Simulation aus. Die am Computer und im Windkanal erarbeitete Grundabstimmung wird regelmäßig mit den Daten des freien Trainings abgeglichen. Noch während des Rennwochenendes werden die Daten aufbereitet und ergänzend zu der Abstimmungsarbeit vor Ort von der Rennstrecke nach Hinwil und München geschickt, um dort weitere Simulationsprozesse zu durchlaufen. Anschließend erfolgt die Übertragung zurück zur Rennstrecke, um die gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen.

Willy Rampf: "Wenn wir am Auto etwas verändern, müssen wir sicher sein, dass es auf der Strecke funktioniert." Die Trefferquote der modernen Simulationstechnologie ist verblüffend: In Valencia, wo zuletzt auf einer neuen Strecke gefahren wurde, lag Nick Heidfeld im Qualifying nur zwei Hundertstelsekunden über der vorausberechneten Rundenzeit. Die Zeit der Simulationen ist auch nach dem Start des Qualifyings am Samstag nicht zu Ende. Neben der Rundenzeitsimulation zur Abstimmung des Rennwagens spielt auch die Rennstrategiesimulation eine wichtige Rolle.