Alles sah so leicht aus. Sebastian Vettel ist von der Pole Position gestartet und ist als Sieger über die Ziellinie gefahren. Und schon am Samstag ist der junge Deutsche genau so souverän auf die Pole Position gerast. Und das in einem Toro Rosso. Wie ist das eigentlich möglich?

Klar. Mit dem Regen. Das hat Mario Theissen schon am Samstag erkannt und Vettel am Abend gesagt: "Wenn es morgen immer noch regnet, dann fährst du das Ding nach Hause." Es regnete in Monza am Sonntag. Und Vettel fuhr das Ding nach Hause.

Vettel-Mania

Vorsicht mit dem WM-Titel: Noch fährt Vettel Toro Rosso und bald Red Bull., Foto: Sutton
Vorsicht mit dem WM-Titel: Noch fährt Vettel Toro Rosso und bald Red Bull., Foto: Sutton

Seitdem ist die Welt nicht mehr wie sie war. Die ganze Formel 1 und vor allem Deutschland ist in einem Rausch. Vettel hat es aus der Post-Schumacher-Depression geholt. Aber muss es gleich in die manische Ecke hineingehen? Sebastian Vettel gilt jetzt schon als der nächste Schumacher. Die Bild-Zeitung reist dem 21-Jährigen wie dem neuen Messias hinterher. Es kann gar nicht mehr Details aus dem Leben des Heppenheimers geben, die banal genug wären, um in die Presse zu gelangen.

Wo ist ein Spiegel, bitte? Das, was England mit Hamilton erlebt hat, müssen wir jetzt mit Vettel ertragen. Aber ohne, dass unser Held in einem Top-Auto sitzt. Die Erwartungen kann das aber auch nicht bremsen. Wenn man die Zeitungen von dieser Woche lesen würde, dann klingt es so, dass alle Deutschen wahnsinnig enttäuscht wären, wenn er am Ende seiner Karriere nur einen WM-Titel hätte.

Die Wahrheit aber ist: Sebastian Vettel fährt jetzt für Toro Rosso. Er fährt 2009 für Red Bull. Und da sind erst mal keine Siege zu erwarten. Monza war das Ergebnis glücklicher Umstände. Aber auch das Ergebnis einer fehlerlosen Fahrleistung. Und deshalb kann unser Mann des Rennens nur Sebastian Vettel heißen. Das, was er im Regen von Monza erreicht hat, ohne einen einzigen Fehler, muss man erst mal nachmachen. Mit 21.

Die Ruhe in Person

Und es gibt auch ganz nüchterne Zeichen, jenseits des Rausches der Boulevard-Medien, die auf eine grandiose Zukunft deuten. Bei all dem Trubel um seine Person ist Vettel angenehm ruhig geblieben. Genau so wie in dem Regen von Monza, wo er auch schon mal die Hand aus dem Cockpit gestreckt hat, um zu spüren, wie heftig es noch regnet.

Diese Unaufgeregtheit von Vettel ist es, was in diesem so wichtigen Moment in seiner Karriere die Sicherheit gibt, dass Monza keine Eintagsfliege war. Man kann sich gut vorstellen, dass er bei der Lektüre der deutschen Presse, bei all den Lobeshymnen selbst in den seriösen Zeitungen, erst mal kräftig geschmunzelt hat.

Gefühle sind erlaubt

Vettel zeigt auch mal Emotionen, nicht nur bei Siegen., Foto: GEPA
Vettel zeigt auch mal Emotionen, nicht nur bei Siegen., Foto: GEPA

Soll er auch. Denn seine Stärke ist ganz woanders. Vettel ist ein anderer Typ als Robert Kubica. Kubica ist ein Mönch, der nur für den Motorsport lebt. Vettel ist ein Mensch, der Motorsport genau so gut kann, aber auch andere Werte im Leben schätzt. Aber wie die beiden ihren ersten Sieg nur als unbedeutende Zwischenstation einstufen, da gibt es wieder Gemeinsamkeiten.

Vettel ist nur zwei Jahre jünger als Kubica. Vettel ist in seiner Einstellung zum Sport nicht ganz so verbissen wie Kubica. Er lässt auch mal seine Gefühle durch. Gott sei dank. Denn gerade so einen Menschen wie Vettel hat die Formel 1 lange gebraucht. Aber nach dem Presseecho der letzten Tage bleibt zu befürchten, dass doch nur ein zweiter Michael Schumacher heraus kommt. Weil der Druck, unter dem Vettel die restlichen Rennen seiner Karriere fahren muss, einen schon verrückt macht. Oder geistig abwesend.

Oder kommt es doch noch anders? Wir warten gerne ab, ob es Vettel doch noch meistert, aus der Situation immer noch so authentisch herauszukommen wie bisher.