1. - S wie Startaufstellung

Lewis Hamilton konnte sich das Grinsen nicht verkneifen: trotz der guten Form von Felipe Massa setzte sich der Brite im Qualifying durch und steht zum fünften Mal in dieser Saison auf der Pole Position. Ganz perfekt lief aber auch seine Runde nicht, wie er selbst zugab: "Zu Beginn meiner ersten Runde blockierte mein rechtes Vorderrad kurz, aber danach machte ich keinen Fehler mehr."

Massa war hingegen etwas verblüfft. "Es war eine tolle Runde, aber sie hat nicht für die Pole gereicht", sagte er etwas enttäuscht. "Wir müssen jetzt verstehen, warum das so war." Auch Heikki Kovalainen wusste nicht so ganz, wieso er nur Dritter wurde. "Bis jetzt lief das Wochenende gut und wir steigerten uns immer weiter", sagte der Finne. "Am Ende fehlte mir nur ein Quäntchen zur ersten Startreihe." Im Auto empfand er seine Runde als in Ordnung. "Doch offensichtlich verlor ich im mittleren Sektor etwas Zeit."

Kimi Räikkönen verlor seine Zeit in Kurve 7, wo er auf seiner zweiten Runde im Q3 einen Fehler machte. "Das ist schade, denn es hat mich wertvolle Zeit gekostet, die mich etwas weiter nach vorne gebracht hätte", sagte der Weltmeister. Platz 4 sei für ihn alles andere als ideal. "Natürlich bin ich deswegen enttäuscht, aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Wir wissen, dass wir im Renntrim viel Potenzial haben."

Am glücklichsten von allen wir sicherlich Nick Heidfeld. Er startet hinter den Top-4 aus der dritten Reihe und hat endlich mal wieder ein Erfolgserlebnis im Qualifying einfahren können, und das auch noch ausgerechnet bei den für ihn denkbar schwierigsten Bedingungen: harte Reifen und kühle Temperaturen. Allerdings gestand er: "Das war unter normalen Umständen das Maximum. McLaren und Ferrari sind klar schneller."

2. - S wie Start

Bereit für den Start in den Belgien GP., Foto: Sutton
Bereit für den Start in den Belgien GP., Foto: Sutton

Felipe Massa lässt keine Diskussionen zu: "Klar ist die Pole Position immer besser", sagt er, aber es hänge auch viel vom Wetter ab. "Wenn es nass ist und die rechte Seite trocken ist, dann wäre es ein Desaster für uns." Eine ähnliche Erklärung lieferte auch Sebastian Vettel, allerdings würde er sich darüber freuen: "Ich starte auf der schmutzigen Seite", verriet der Deutsche, "wenn es nass sein sollte, ist das die saubere Seite. Dann wäre es kein Nachteil."

Apropos Nachteil: in Ungarn war sogar Startplatz 3 für Felipe Massa kein Nachteil, da schoss er an beiden McLaren bis auf Platz 1 nach vorne. "Es wird schwierig, das zu wiederholen", glaubt Massa, "insbesondere, da die Zielgerade kürzer ist als am Hungaroring." Aber wirklich viel möchte Massa ohnehin noch nicht über den Start nachdenken. "Das hilft vorher nichts." Dafür hat er allerdings ziemlich viel zum Startprozedere zu sagen: "Am wichtigsten ist der erste Teil, dann sieht man, welche Möglichkeiten man hat, nebeneinander zu fahren." Dann versuche man möglichst spät zu bremsen und warte ab, was passiert.

Sein Gegner Lewis Hamilton lässt alles auf sich zukommen. "Ich weiß nicht, ob wir hier auf der sauberen Seite stehen, aber ich glaube auch nicht, dass es eine saubere Seite gibt. Wenn der Grip da ist, wenn die Einstellungen stimmen, dann werde ich das Meiste herausholen können." Das denkt sich auch Heikki Kovalainen, der gerne den Massa machen würde: "Ehrlich gesagt möchte ich beide überholen", kündigte er an. "Ich werde versuchen Kimi hinter mir zu halten und beide vor mir zu überholen. Das ist der ideale Plan."

3. - S wie Strecke

Spa-Francorchamps stellt im gesamten Formel 1-Kalender die umfangreichste Herausforderung für die Technik der Autos dar. Die Strecke weist 320-km/h-Geraden ebenso auf wie Haarnadel-Kurven, die mit maximal 70 km/h durchfahren werden, oder Ecken, die im sechsten Gang voll genommen werden. Über allem steht die Eau Rouge. Auch wenn diese Kurve ebenso wie der extrem schnelle Linksknick Blanchimont keine so große Herausforderung mehr sind wie einst, stellen sie und Abschnitte wie Pouhon unverändert hohe Ansprüche an das fahrerische Können.

"Abgesehen von den Straßenkursen ist Spa meine Lieblingsstrecke", sagt Lewis Hamilton. "Es ist die beste Strecke der Welt." Aus seiner Sicht ist klar: früher wurden die besten Strecken gebaut und Spa gehört klar dazu. "Ich bin am Donnerstag die Strecke abgelaufen und war in Kurve sechs 100 Meter höher als die Kurve davor. Man spürt, dass man durch den Wald fährt. Woanders kann man die anderen Fahrer sehen, hier nicht."

4. - S wie Setup

Chassis Unter normalen Umständen würden die Teams daher mit verhältnismäßig hohen Abtriebswerten fahren, um den Grip in den schnellen Ecken zu maximieren. So wie es beispielsweise in Silverstone der Fall ist. Die sehr langen Geraden führen jedoch zu einem Kompromiss mit mittlerem Abtriebslevel. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer guten aerodynamischen Effizienz, bei der maximaler Abtrieb bei minimalem Luftwiderstand erzielt wird.

Die Autos müssen auf Eau Rouge vorbereitet sein., Foto: Sutton
Die Autos müssen auf Eau Rouge vorbereitet sein., Foto: Sutton

Fahrwerk In puncto Fahrwerk tendieren die Teams zu einer eher straffen Abstimmung, um eine hohe aerodynamische Performance in den Highspeed-Passagen und gute Richtungswechsel in den schnellen Schikanen zu ermöglichen. Gleichzeitig ist allerdings auch eine gute Beschleunigung aus der Schikane vor Start und Ziel sowie der "La Source"-Haarnadel wichtig. Wer hier nicht gut aus den Ecken kommt, begibt sich in Gefahr, beim Anbremsen der nächsten Kurve überholt zu werden.

Bodenfreiheit Die Bodenfreiheit wird maßgeblich von der Kompression in der "Eau Rouge" diktiert. Vom Beginn der Kurve in der Senke bis zur Ausfahrt am Ende des Anstiegs kann sich die Bodenfreiheit des Wagens um bis zu 25 Millimeter verändern. Wenn der Unterboden zu stark aufsetzt, kann es passieren, dass der Fahrer die Kontrolle verliert.

Bremsen Das Bremssystem ist fast die einzige Komponente am Auto, die nicht übermäßig gefordert wird. Die Strecke weist lediglich drei starke Bremszonen aus, vor den Turns 1, 5 und 18. Aufgrund der hohen Anzahl an Hochgeschwindigkeitskurven werden die Bremsen aber insgesamt so wenig beansprucht wie auf keiner anderen Strecke im Kalender.

Motor Gemeinsam mit Monza handelt es sich bei Spa-Francorchamps um die anspruchvollste Motoren-Strecke. Die Aggregate werden überdurchschnittlich beansprucht. 72 Prozent einer Runde arbeiten sie unter Volllast (lediglich Monza mit 76 Prozent weist einen höheren Anteil auf). Darüber hinaus laufen die Triebwerke in Spa gleich zwei Mal für mehr als 20 Sekunden mit voll geöffneten Drosselklappen. Vor allem die rund 23 Sekunden dauernde Passage von "La Source" bis "Les Combes" setzt die Motoren und ihre Nebenaggregate mit der Senke und dem Anstieg durch "Eau Rouge" hohen Fliehkräften aus. Vor diesem Hintergrund schenken die Ingenieure dem Ölkreislauf besondere Aufmerksamkeit, der auch unter diesen extremen Lasten eine optimale Schmierung gewährleisten muss.

5. - S wie Strategie

Mit knapp über sieben Kilometern Länge ist Spa der längste Kurs im Kalender, gleichzeitig wirkt sich jedes durch Treibstoff verursachte Mehrgewicht besonders stark auf die Rundenzeit aus. Ein niedriger Benzinverbrauch kann im Qualifying Startplätze bringen und im Rennen einen späteren Boxenstopp ermöglichen. Davon sind normalerweise ein oder zwei geplant.

Bei den Boxenstopps soll diesmal alles glatt laufen., Foto: Sutton
Bei den Boxenstopps soll diesmal alles glatt laufen., Foto: Sutton

An der Spitze erwartet Christian Danner, dass McLaren eine aggressive Strategie angewendet hat, um einen weiteren Alleingang von Massa an der Spitze zu verhindern. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass McLaren hier aggressiv herangegangen ist und die Pole unbedingt haben wollte, so dass Massa nicht wieder vorneweg fahren kann", sagte er uns. Denn: "Wenn man einmal hinten dran ist, kann man es nicht mehr aufholen."

Bei Toro Rosso erklärte Technikchef Giorgio Ascanelli den Unterschied und die verschiedene Herangehensweise seiner Fahrer so: "Es ist klar, dass unsere Jungs auf verschiedenen Strategien sind, also hatte Vettel nicht das volle Potential des Autos, da er klar schwerer ist und nicht den Vorteil der ersten Sichtungsrunde in Q3 hatte." Das Team rechnet im Rennen mit allem und wollte deswegen die Autos unterschiedlich aufstellen. "Der schnellere Fahrer, und das war heute Bourdais, bekommt in Q3 die schnellere Strategie. Insgesamt war es eine starke Leistung."

6. - S wie Sonntagswetter

Eigentlich ist es zwecklos, vor einem Rennen in Spa-Francorchamps auf die Wettervorhersage zu schauen. Am Donnerstag sprachen noch alle Wetterfrösche von einem trockenen Rennen, am Freitag war plötzlich eine gewisse Regenwahrscheinlichkeit da und am Samstag gingen schon wieder viele davon aus, dass es ein Regenrennen geben wird. "Wir hätten überhaupt nichts gegen Regen", sagt Willy Rampf. Das kann Mario Theissen nur bestätigen: "Für Nick gilt das nach wie vor, er ist im Regen stark. Bei Robert wäre es auch ein Vorteil, da er jetzt nicht optimal positioniert ist."

Theissens Vertrauen in die Frösche ist erwartungsgemäß nicht allzu hoch: "Obwohl die Wettervorhersage auf ein trockenes Rennen hinweist, müssen wir jederzeit auf Regen gefasst sein." Dann kann alles passieren. "Unter normalen Umständen tut sich nicht viel, aber wir haben in Spa nur selten normale Umstände", erinnert er. "Wenn es regnet, kann das gesamte Feld aufgemischt werden."

7. - S wie Spannung

Darauf setzt Christian Klien, denn nur im Regen erwartet er ein spannendes Rennen. "Im Trockenen kommen wir über Platz 5 nicht hinaus", glaubt er. Und auch an der Spitze sieht er im Trockenen alles klar: "McLaren scheint einen Tick vor Ferrari zu sein. Diese Positionen werden sie im Rennen auch nicht mehr abgeben." Denn er sieht die Silbernen auch über die Distanz stärker.

Eau Rouge wartet auf den Renntag., Foto: Sutton
Eau Rouge wartet auf den Renntag., Foto: Sutton

In dieser Annahme stimmt ihm Danner zu. "Ich glaube, dass der McLaren hier insgesamt einen Tick schneller ist, aber höchstens im Zehntelbereich", so der Ex-Pilot, der damit Lewis Hamilton aus der Seele spricht. "Mit unserer Pace und unserem Paket sollten wir nur schwer zu schlagen sein", glaubt der Pole-Mann. Das weiß auch sein Herausforderer Felipe Massa. "Sie schienen in allen drei Qualifying-Sessions schneller zu sein als wir", gestand er. Das sei ein Anzeichen dafür, dass McLaren hier stark sei. "Wir müssen noch etwas schneller werden, um vor ihnen zu landen." Noch hat Massa nicht aufgegeben. "Das Rennen ist sehr lang und wir wissen, dass wir auf die Distanz sehr konkurrenzfähig sein können. Wir können noch immer um den Sieg kämpfen."

Daran glaubt Theissen nicht. Er stimmt Klien und Danner zu: "Vor dem Wochenende hätte ich Ferrari vorne gesehen, aber am Freitag und am Samstagvormittag haben wir erkannt, dass McLaren hier die erste Geige spielen wird." Davon ist auch Rampf überzeugt. "Ferrari und McLaren sind schneller als wir, andererseits ist Spa immer für Überraschungen gut", lässt er seinem Team ein Hintertürchen offen. "Auf dieser Strecke ist es auch möglich, ein Auto zu überholen. Ich bin optimistisch."