Wenn das gesamte Fahrerlager von der besten Strecke, der besten Kurve und dem besten Fahrerlebnis spricht, ist klar: der F1-Tross ist wieder in Spa-Francorchamps. Auch Norbert Haug sagt: "Würde es eine Abstimmung unter den Fahrern geben, wäre Spa bestimmt die Strecke, die am meisten Zuspruch fände." Das sieht auch Willy Rampf so: "Spa ist eine der letzten im Kalender verbliebenen Naturrennstrecken und gehört deshalb zu den Klassikern", sagt der BMW Sauber-Technikchef. "Die meisten Piloten lieben diesen Kurs, und das nicht umsonst."

Ein kleiner Beweis gefällig? "Die Strecke ist eine meiner Lieblingsstrecken", meint Lewis Hamilton. "Spa ist eine phantastische Rennstrecke mit einzigartigen Kurven und einem ganz besonderen Charakter", sagt Nick Heidfeld. "Für mich ist Spa die beste Strecke der Welt und ich liebe es, hier zu fahren", stimmt Jarno Trulli zu. "Jeder Teil der Strecke ist eine Herausforderung und man muss in jeder Kurve angreifen, um die beste Rundenzeit zu erzielen. Das gibt dir ein besonderes Gefühl."

Heikki Kovalainen beschreibt dieses Gefühl im Detail: "Spa ist sehr lang, hat eine hohe Durchschnittsgeschwindigkeit und ist nicht ganz ungefährlich", beginnt er. "Für uns Fahrer bedeutet das zusätzlichen Nervenkitzel." Sie fahren mit hohem Tempo auf einer eher schmalen Strecke. "Das ist fast wie ein Stadtkurs zwischen Bäumen", vergleicht der Finne. "Das Wichtigste hier ist Mut - du musst in den Kurven schneller fahren als es dein Kopf dir sagt. Du musst das Gaspedal durchtreten, auch wenn es dir unmöglich erscheint. Du musst deinen Instinkten vertrauen und keinen Gedanken an mögliche Gefahren verschwenden. Das nenne ich eine echte Fahrerstrecke."

Video: Eine Runde in Spa-Francorchamps

Eine verrückte Kurve

Es gibt wohl niemanden im Motorsport, der nicht von der sagenumwobenen Eau Rouge schwärmt. "Eau Rouge ist wahrscheinlich die tollste Kurve der Formel 1", sagt Lewis Hamilton. "Spa-Francorchamps ist eine der wenigen Strecken, auf denen du etwas spürst, wenn du mit Vollgas den Berg hinauf jagst und in den Wald hinein, dann fühlst du die Strecke unter dir. Das ist eine der schönsten Herausforderungen in der Formel 1."

Aber nicht nur die Fahrer haben daran ihren Spaß. "Nur an der Eau Rouge zu stehen und die Autos durch diese sehr schnelle Kurve fahren zu sehen, immer am Limit, kann einem die Haare zu Berge stehen lassen", beschreibt Ross Brawn. "Auch für Zuschauer kann ich diesen Streckenabschnitt nur empfehlen", bestätigt Heidfeld. "Es ist sehr beeindruckend, wie die Autos dort bergab angerauscht kommen und dann wieder bergauf beschleunigen."

Dennoch ist es nicht mehr das, was es einmal war. Die Eau Rouge wird mit den V8-Motoren problemlos mit Vollgas genommen. "Aber sie bleibt trotzdem etwas Besonderes", sagt Heidfeld. "Die Kompression ist körperlich absolut kein Problem, aber eben ein spezielles Gefühl." Das meint auch Jenson Button. "Es ist eine legendäre und verrückte Kurve und das Gefühl, wenn man der Fahrzeugboden die Strecke berührt und man den Berg hinauf schießt ist unglaublich."

Die Anti-Eau-Rouge

"Wenn es um Spa geht, spricht jeder über Eau Rouge", weiß Heikki Kovalainen, "doch noch schwieriger ist Pouhon." Die bergab führende Linkskurve wird von den Piloten mit rund 260 km/h durchfahren. "Wir fahren hier fast Vollgas, und es ist nicht einfach, die richtige Balance zu finden, mit der du attackieren kannst ohne abzufliegen."

Kovalainen empfindet diese Herausforderung noch besser als Eau Rouge. "Wir Fahrer mögen das, Hochgeschwindigkeitskurven, in denen man fast Vollgas fährt. Hier wird es wirklich spannend, denn hier kommt es ganz auf fahrerisches Können an."

Hohe Belastung für die Motoren

Eau Rouge verlangt Fahrer und Fahrzeug alles ab., Foto: Sutton
Eau Rouge verlangt Fahrer und Fahrzeug alles ab., Foto: Sutton

In Spa-Francorchamps werden nicht die höchsten Geschwindigkeiten erzielt, dafür gibt es mit rund 24 Sekunden von Eau Rouge bergauf bis Les Combes die längste Volllastpassage. "Beim Vorjahresrennen haben wir gemessen, dass unsere Fahrer das Gaspedal über 1865 Meter bzw. 24 Sekunden lang durchgetreten haben", verrät Mario Theissen.

Zusätzlich gibt es einen zweiten langen Volllastabschnitt von 1.600 Metern zwischen den Kurven 14 und 18, wo 21 Sekunden mit Vollgas gefahren wird. Entsprechend sind Motorleistung und Standfestigkeit besonders gefordert, immerhin wird in Belgien die zweithöchste Durchschnittsgeschwindigkeit der Saison erzielt. Im Qualifying 2007 lag diese bei 238 km/h.

Die hohen Anforderungen an die Motoren könnten also ihre Opfer fordern, wobei Renault-Motorenmann Fabrice Lom auch einige taktische Motorschäden erwartet, denn mit Monza folgt nach Spa das härteste Rennen für die V8-Triebwerke. "Es würde mich nicht überraschen, wenn wir in Spa gegen Rennende einige technische Ausfälle erleben", so der Franzose. "Vor allem die Teams, die sich am kommenden Wochenende keine Chancen auf Punkte ausrechnen, könnten es vorziehen wollen, in Monza mit einem frischen Motor an den Start zu gehen..."

Auto ohne Schwäche

Für Robert Kubica ist Spa einzigartig. "Sehr schnelle Kurven, die unterschiedliche Linien zulassen. Der Kurs ist sehr lang und knifflig.", sagt der Pole. "Man muss die richtige Balance und Fahrzeug-Konfiguration finden, um keine Rundenzeit zu verlieren." Auch die Unterschiede zwischen den langen Geraden, Hochgeschwindigkeitskurven und langsamen Stellen wie der engen Haarnadel La Source nach dem Start müssen berücksichtigt werden. Während auf den Geraden bis zu 320 km/h gefahren werden, durchqueren die Piloten die erste Kurve mit nur 70 km/h.

"Die High-Speed-Kurven verlangen nach High-Downforce", erklärt Pascal Vasselon, "aber die langen Geraden bedeuten, dass es ein Medium- bis Low-Downforce-Kurs ist." So eine Kombination gebe sonst nirgends auf der Rennstreckenwelt. "Eine hohe aerodynamische Effizienz ist sehr wichtig, weil man in den schnellen Kurven des Mittelsektors viel Abtrieb benötigt, gleichzeitig aber am Ende der langen Geraden viel Top-Speed braucht, um überholen zu können", führt Willy Rampf weiter aus.

Von entscheidender Bedeutung wird es sein, wie die Teams das Reifenpotenzial nutzen können. "Wir verwenden in Spa die zwei härtesten Mischungen, was vor allem dann zu einer Herausforderung wird, wenn die Außentemperaturen niedrig sind", betont Rampf. Auch die Aufhängungen werden in Spa ziemlich mitgenommen, nur die Bremsen können einen vergleichsweise ruhigen Nachmittag erwarten. Trotzdem sagt Fernando Alonso: "Spa verlangt nach einem Auto ohne jede Schwäche."