Nick Heidfeld biegt in die letzte Kurve ein, schon am Kurveneingang spürt er, dass es seinem Auto an Grip mangelt, der Anpressdruck zu niedrig ist. Er gibt trotzdem alles, probiert am Limit zu fahren, um die bestmögliche Qualifyingzeit herauszuholen. Doch es reicht nicht, der Anpressdruck ist zu gering, er kommt neben die Strecke und scheidet wenige Sekunden später im ersten Qualifying aus, ausgerechnet in Ungarn, wo Überholmanöver nahezu unmöglich sind.

Für Marc Surer war das ein klarer Fall: "Man lässt die Piloten bis zur letzten Minute warten, bevor man sie raus lässt. Dann hast du keine Chance mehr, zu reagieren, kannst nicht noch einmal raus fahren", sagt der Ex-Pilot. Natürlich werde die Strecke mit jeder Minute schneller, gesteht Surer ein, "aber wenn man sicherheitshalber schon mal früher eine Runde fährt, hat man wenigstens eine Zeit stehen." Der Poker im Training nicht zu üben und im Qualifying zu lange zu warten, habe BMW Sauber in Budapest ein Eigentor geschossen, so der Schweizer.

Zu früh dran

Technikchef Willy Rampf nimmt die Strategie des Teams in Schutz. "Es ist sicher keine Panne unsererseits, wenn andere Autos unsere Fahrer blockieren", sagt er. "Man versucht prinzipiell, spät rauszugehen, weil dann die Strecke am besten ist, gerade hier in Ungarn. Wenn man überall noch Reserven lässt, schafft man es wahrscheinlich nicht bis ganz nach vorne."

Heidfeld startet weit hinten., Foto: Sutton
Heidfeld startet weit hinten., Foto: Sutton

Nick Heidfeld glaubt auch nicht, dass er zu spät rausgegangen ist. "Wir konnten reagieren, wenn etwas schief geht und das haben wir auch", verrät er. "Denn ich bin vorher schon einmal gefahren und habe keine richtige Runde hinbekommen." Der letzte Angriff war schon Heidfelds zweiter Anlauf. "Wir waren sogar eher zu früh als zu spät dran für das zweite Outing", meint er. "Auf meiner fliegenden Runde waren fast alle anderen Fahrer auf ihrer Outlap, ich musste drei Autos überholen und war komplett aus dem normalen Timing raus. Das hat es versaut."

Heidfeld war also nicht zu spät, sondern zu früh dran. "Man hätte mich ein bisschen später rauslassen sollen", kritisiert er. Eine weitere, dritte Runde hätte keinen Sinn gemacht. "Das war gleich aus zwei Gründen keine Option", erklärt er. "Einerseits waren Bourdais und Fisichella vor mir und ich hätte keine freie Strecke gehabt, andererseits waren die Reifen nicht mehr gut genug."

Fast aussichtslos

Ein dritter Anlauf wäre zudem ungewöhnlich gewesen und widerlege die Theorie, dass er zu spät dran gewesen sei. "Du planst nicht, dass du dreimal raus musst - das ist nicht normal", betont Heidfeld. "Du kannst nicht davon ausgehen, dass du zehn Fehler machst, kannst nicht ganz am Anfang rausgehen, wenn die Strecke noch viel langsamer ist." Stattdessen achte man darauf, dass man theoretisch im Rhythmus mit den anderen sei. Das habe nicht funktioniert.

An der Motivation für eine weitere Aufholjagd wie bei seinen zweiten Plätzen in Montreal und Hockenheim mangelt es bei ihm nicht. "Das ist gar kein Problem. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering." Überholmanöver sind in Ungarn grundsätzlich beinahe unmöglich, auch Safety Car-Phasen kommen in normalen Rennen kaum vor. "Es ist fast aussichtslos."

Für Heidfelds Ambitionen im Titelkampf ist das ein herber Rückschlag, wie er selbst zugibt. "Aus dieser Position wird es schwierig, Punkte zu holen, um Platz 4 in der Fahrer-WM zu schaffen." Bourdais habe sich bei ihm entschuldigt. "Das ist in Ordnung, kann passieren. Aber es hat mich wahrscheinlich das Wochenende gekostet."