Um eines gleich klar zu machen: Lewis Hamilton war der große Star am Hockenheimring. Und trotzdem heißt unser Mann des Rennens Nelson Piquet jr. Warum? Er ist ja nur durch großes Glück auf den zweiten Platz gekommen. Aber gleichzeitig hat er damit sehr wohl seinen Platz in der Formel 1 gesichert. Und das nicht nur mit Glück. Er ist fehlerlos gefahren. Und zeigte gegen Ende des Rennens Rundenzeiten, die nur von Lewis Hamilton geschlagen wurden, nicht aber zum Beispiel von Felipe Massa, der keine Chance hatte, seinen Landsmann im Renault herauszufordern.

Befreiungsschlag für Piquet: das erste Podium., Foto: RenaultF1
Befreiungsschlag für Piquet: das erste Podium., Foto: RenaultF1

Vom Starplatz 17 aufs Podium in einem trockenen Rennen ist eine Sensation. Dass sein einziger Boxenstopp just in der Runde stattfand, als Timo Glock mit seinem Unfall für die Safety-Car-Phase sorgte, war natürlich pures Glück. Aber als er, nachdem Lewis Hamilton und Nick Heidfeld zum Tanken gekommen waren, dann in Führung lag, fuhr er nicht nur schnell, sondern auch sehr klug.

"Ich wollte nichts riskieren mit Lewis", sagte Piquet nach dem Rennen. "Ich wollte lieber einen sicheren zweiten Platz nach Hause fahren als einen dritten oder vierten, nach dem ich nicht so happy gewesen wäre." Das Risiko, im Kampf gegen Hamilton eine Position zu verlieren, war groß. Das zeigte auch Massas Verteidigungsversuch. Insofern war Piquet cleverer als Massa, obwohl er von der WM-Situation her mehr hätte riskieren können.

Piquet war nach seinem zweiten Platz erst mal sprachlos. "Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll", sagte er. Denn eigentlich hatte er schon im Qualifying alles verloren, als er auf dem 17. Platz stecken blieb, während sein Teamkollege Fernando Alonso auf den fünften Startplatz fuhr. Dabei hatte Piquet die bessere Abstimmung für seinen Renault gefunden als Alonso, der am Ende die Abstimmung des Brasilianers übernahm.

Piquet blieb dennoch mit beiden Füßen auf dem Boden der Tatsachen. "Obwohl er schön ist, so ein Resultat zu erzielen, wird der zweite Platz nicht allzu sehr ändern", sagte er. "Es wird noch schwer für mich. Wir machen langsam Fortschritte, aber ab und zu habe ich noch Probleme. Mit dem Qualifying. Und mit den Reifen. Ich kann mich nicht so leicht an sie gewöhnen. Das ist ein Teil meiner Lernkurve. Das Podium ist toll, es hilft meinem Selbstvertrauen und dem Team, aber wir müssen uns noch gewaltig verbessern. Ich muss es, und das Auto muss auch noch besser werden."

Feiern ohne den Chef: so lange es etwas zu feiern gibt..., Foto: RenaultF1
Feiern ohne den Chef: so lange es etwas zu feiern gibt..., Foto: RenaultF1

In dem Moment, als Piquet auf der Pressekonferenz etwas überrascht seinen Erfolg analysierte, war auch jene Arroganz gänzlich verflogen, die bisher den Auftritt des Weltmeistersohnes begleitete. Vielleicht war auch eine gewisse Demut da, das Bewusstsein, dass es sein Glückstag war. "Man sollte jetzt nicht erwarten, dass ich gleich wieder in Budapest auf dem Podium stehe", sagte der Brasilianer. Mit gutem Grund. Es ist in der Tat mehr als fraglich, ob er diese Ehre überhaupt noch mal in dieser Saison genießen darf. Was mehr an seinem Renault als an seinen Fahrkünsten liegt.

Und dann ist noch Flavio Briatore da, der Teamchef, für den offenbar der falsche Mann auf dem Podium stand. Er hat die Rennstrecke verlassen, noch bevor er Piquet sehen konnte. Dass er gar nicht am Freudenfest teilgenommen hat, könnte dafür sprechen, dass er schon einen Ersatz für Piquet im Hinterkopf hatte. Das wird nun nicht mehr so einfach funktionieren. Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie zerknirscht er seine freundlichen Worte in Richtung Piquet diktierte: "Ein großartiges Rennen von Nelson. Er hat dem enormen Druck am Ende des Rennens standgehalten."