Daimler-Chef Dieter Zetsche zuckte heftig zusammen, als Lewis Hamilton an der Boxeneinfahrt vorbeifuhr und im Gegensatz zur Konkurrenz auf der Strecke blieb. Selbst der Brite hatte zunächst Zweifel an dieser Entscheidung. "Als das Safety Car kam, fragte ich, ob ich an die Box kommen sollte, doch ich vertraute der Entscheidung des Teams", sagte Hamilton hinterher. Das Vertrauen war berechtigt, allerdings musste er für seinen vierten Saisonsieg in den letzten Runden hart arbeiten.

"Als mir das Team über Funk sagte, ich müsste in nur sieben Runden 23 Sekunden Vorsprung heraus fahren, wusste ich, dass ich über dem Limit fahren müsste, und genau das tat ich", beschrieb er seine Aufholjagd nach dem zweiten Boxenstopp. "Ich wusste, wir hatten an diesem Wochenende das beste Auto und es fiel mir nicht schwer, so zu attackieren." So hatten weder Felipe Massa noch Nelsinho Piquet eine Chance gegen Hamilton. "Das waren Überholmanöver wie aus dem Lehrbuch", freute sich der neue alleinige WM-Führende.

Glück bei der Strategie

Rückblickend gesteht McLaren, dass die Entscheidung Hamilton in der Safety Car-Phase draußen zu lassen, nicht ganz perfekt gewesen ist. "Natürlich hätten wir ihn im Nachhinein gesehen reinholen sollen, aber als Erster hat man es am schwierigsten", betonte Norbert Haug. Die anderen hinter ihm hätten auf die Wahl der Silbernen reagieren können. "Aber Lewis hat es ja für uns geregelt", sagte Haug.

Die Entscheidung gegen einen Boxenstopp traf das Team, weil Hamilton noch eine Menge Benzin an Bord hatte. So holte man ihn erst in Runde 50 herein. "Allerdings gingen wir davon aus, dass die Strecke nach dem Unfall schneller gereinigt und das Rennen früher wieder frei gegeben würde", verriet Ron Dennis. So fiel Hamilton nach seinem Boxenstopp auf Platz fünf zurück. "Damit haben wir uns das Leben selbst etwas schwieriger gemacht. Aber die Leute beschweren sich doch immer über fehlende Überholmanöver, hier haben wir welche gesehen, die Lewis meisterhaft umgesetzt hat."

In einer eigenen Liga

Das Safety Car spielte eine entscheidende Rolle., Foto: Sutton
Das Safety Car spielte eine entscheidende Rolle., Foto: Sutton

Haug war von der Pace seines Teams überrascht. "Lewis fuhr in einer eigenen Liga. Sein Speed war besser als ich es mir je erträumt hätte." Denn der Mercedes-Sportchef hatte nicht damit gerechnet, "dass wir deutlich schneller als Ferrari sein würden". Darauf habe keine Trainingssitzung hingewiesen. "Aber wenn Lewis vorne fährt, geht die Post ab."

Man hätte auf den weichen Reifen sogar noch schneller fahren können. "Das war aber nicht nötig, also haben wir etwas langsamer gemacht", sagte Dennis, dem von vorneherein klar war, dass McLaren in Silverstone und Hockenheim stark sein würde. "Wir hatten das Auto vor Frankreich verbessert, konnten es dort aber nicht zeigen." Das sei ihnen spätestens im trockenen Hockenheim gelungen. "Das Ergebnis ist eindeutig." Jetzt arbeite man hart für den Ungarn GP. Auch der zuckende Vorstandschef war begeistert: "Wenn man einerseits so überlegen ist, aber andererseits erst ganz zum Schluss den Sieg holt, geht es nicht besser - das war eine perfekte Dramaturgie", sagte Dieter Zetsche.

Kovalainens Zeit wird kommen

Nicht ganz so gut verlief das Rennen von Heikki Kovalainen. "Mein Rennen war nicht einfach", fasste der Finne zusammen. "Ich startete gut und kam fast an Felipe Massa vorbei. Doch mein Speed war nicht gut genug, denn ich konnte nicht das Optimum aus meinen Reifen herausholen." Diese Diagnose bestätigte Dennis. "Heikki hatte anfangs Übersteuern, was wir bei seinem ersten Boxenstopp beheben wollten, doch er hatte danach immer noch leichte Probleme. Deshalb war er heute nicht so schnell wie Lewis."

Auch die Safety-Car-Phase half Kovalainen nicht. "Erst verlor ich ein paar Plätze an den Boxen und dann Zeit hinter Robert Kubica." Nachdem er den Polen überholt hatte, verlief das Rennen für ihn ereignislos. "Ich hatte mir heute mehr erhofft als den fünften Platz."

Lob gab es für die sportliche Geste, seinen schnelleren Teamkollegen nicht im Zweikampf aufzuhalten. "Heikki ist sehr sportlich", sagte Martin Whitmarsh. "Er hat die Situation erkannt und wusste, dass es nicht sein Tag war." Auch von Dennis gab es aufbauende Worte: "Wenn er mit Lewis um die Position gekämpft hätte, hätte das Lewis den Sieg kosten können. Wir sind ein Team und irgendwann wir der Tag kommen, an dem Lewis das gleiche für Heikki tun wird. Heikkis Zeit wird kommen."