Sollten Formel 1-Piloten Schlafwandeln, würden sie den Streckenverlauf des Circuit de Catalunya ablaufen, mit geschlossenen Augen und aerodynamisch günstig ausgestreckten Armen. Nirgends fahren sie im Laufe eines Jahres mehr Kilometer, nirgends kennen sie jede Windböe, jede Bodenwelle und jeden Randstein so genau wie auf der Paradeteststrecke zwischen Granollers und Montmelo. "Allmählich habe ich genug von Barcelona", sagt Adrian Sutil im Gespräch mit motorsport-magazin.com und fügt mit einem breiten Grinsen hinzu: "Und das nach nur einem Jahr in der Formel 1." Was sollen da erst F1-Veteranen wie David Coulthard sagen, die schon seit 15 Jahren über die katalonische Rennstrecke düsen?

Noch ein Jahr länger liegt der letzte Formel 1-Test auf dem alten Hockenheimring zurück. Seit 1992 hat sich jede Menge getan. Die langen Waldgeraden sind verschwunden und eine moderne Rennstrecke ist entstanden. Es wurde also Zeit, dass die F1 wieder für eine Testwoche zurückkehrte.

"Ich glaube nicht, dass man hier viel über das Auto lernen kann", tat uns David Coulthard bereits am ersten Testtag seine Meinung kund. "Hockenheim hat keine richtig schnellen Kurven", bemängelte er die Testtauglichkeit des Kurses. "Barcelona ist eine tolle Teststrecke, weil es dort schnelle, mittelschnelle und langsame Kurven gibt." An den drei Testtagen in Hockenheim sei es nur darum gegangen, das Setup für den anderthalb Wochen später stattfindenden Grand Prix an gleicher Stelle herauszufahren.

Der Wald ist noch da, die langen Geraden sind weg., Foto: Sutton
Der Wald ist noch da, die langen Geraden sind weg., Foto: Sutton

Lewis Hamilton bestätigte die Worte seines britischen Landsmannes. "Es ist keine gute Strecke zum Testen und um etwas über neue Teile zu lernen." Auch ihm fehlt die Mischung aus schnellen und langsamen Kurven. Spaß mache es ihm aber dennoch, in Hockenheim zu fahren, verriet er uns. "Ich wäre auch gerne einmal auf der alten Strecke gefahren." Diese wäre mit den langen Waldgeraden allerdings nicht für alle Testspielereien der Teams geeignet gewesen.

Das Duell Deutschland gegen Spanien scheint also auch bei den Teststrecken zu Gunsten der Iberer auszugehen, oder gibt es wenigstens abseits des EM-Rasens Hoffnung für Schwarz-Rot-Gold? "Ich denke schon", versicherte uns Nick Heidfeld. Der BMW Sauber-Pilot hält zu seiner Heimat. "Es ist hier nicht einfach, eine gute Balance hinzubekommen. Es gibt auch zwei schnelle Kurven, eigentlich ist alles drin." Das hört sich schon besser an.

Mit Nico Rosberg widerspricht auch ein zweiter Deutscher den Negativstimmen der Briten. "Auf jeden Fall kann man hier gut testen", sagte er uns. Es komme natürlich darauf an, was man teste, da die Strecke nicht für alles geeignet sei. "Für Aerodynamiktests ist die Strecke nicht so gut, weil es keine richtig schnellen Kurven gibt, aber für mechanische Tests ist sie sehr gut", verteidigte er seine Heimstrecke. Timo Glock bestätigte diese Einschätzung: "Du kannst auf jeder Rennstrecke etwas testen", betonte er. "Barcelona hat mehr schnelle Kurven, aber mir macht es auch hier Spaß."

Adrian Sutil glaubt sogar, dass man auch für die Aerodynamik einiges in Hockenheim testen könne. "Im Motodrom bist du sehr auf die Aerodynamik angewiesen", erklärte er uns. "Dort kann man einiges auf diesem Gebiet testen." In der Doppelrechts auf die Start-/Zielgerade könne man zudem erkennen, ob ein Auto gut liege oder nicht. "Dort waren ein paar Fahrer neben der Strecke, weil es extrem schwierig ist, die Kurve richtig hinzubekommen. Es gibt auch schnelle Kurven, eine Erste-Gang-Spitzkehre, in welcher die Traktion sehr wichtig ist. Man kann hier ein Auto sehr gut testen und ausprobieren."

Die Kurven von Hockenheim warten auf eine F1-Testrückkehr., Foto: Rossbach/Sutton
Die Kurven von Hockenheim warten auf eine F1-Testrückkehr., Foto: Rossbach/Sutton

Bestätigung finden Sutils Worte im Testprogramm von BMW Sauber. "Wir testen hier nur neue Teile und kein Setup für den Grand Prix", verriet uns Robert Kubica. Das mache durchaus Sinn, obwohl der Pole die Kritik einiger seiner Kollegen versteht. "Es ist richtig, dass es hier keine High-Speed-Kurven gibt, aber in den nächsten Rennen gibt es die genauso wenig", erinnerte er. Felipe Massa schloss sich den Befürwortern des Hockenheimrings als Teststrecke an. "Man kann alles machen, was man will", sagte er auf Nachfrage von motorsport-magazin.com. "Natürlich ist es keine sehr schnelle Strecke für Aerodynamiktests, aber es ist eine wichtige Strecke wie Jerez und viele andere."

Sutil macht sich deshalb für ein bisschen Abwechslung im Testkalender stark. "Ich setze mich gerne dafür ein, dass wir auch einmal auf anderen Strecken testen", sagte er uns. Angesichts der GP-Abstinenz des Hockenheimrings im kommenden Jahr würde er 2009 gerne wieder für einen Test auf seine ehemalige Formel 3-Lieblingsteststrecke zurückkommen. "Ich würde mich dafür einsetzen, auch wenn ich nicht weiß, ob das viel hilft." Massa würde sich dem sicher anschließen, mit einer Einschränkung: "Im Winter ist es hier zu kalt, da fahren wir lieber in Spanien."