Der Großvater Davidson Hamilton stand da, mitten im Getümmel im McLaren-Motorhome, und sah aus, als möchte er gerade verstehen, was um ihn herum passiert. Champagner floss, die Bässe hämmerten aus den Lautsprechern. Aber als sein Enkelkind Lewis endlich in den Raum kam, da gab es kein Halten mehr. "Ole"-Chöre füllten den Raum, Enkelkind Lewis konnte kein Wort mehr sprechen vor lauter Glückseligkeit. Nur sein Lächeln zeigte, dass er endlich den Volltreffer gelandet hatte. Ausgerechnet bei seinem Heim-Grand-Prix in Silverstone.

Es ist schon lange her, dass die Formel 1 eine ähnliche Triumphfahrt im Regen gesehen hat. Höchstwahrscheinlich wird dieses Rennen in Silverstone zu einem legendären Moment in der Karriere des Lewis Hamilton, egal ob und wie oft er mal Weltmeister ist. Denn 68 Sekunden Vorsprung ist nicht alltäglich, ganz zu schweigen davon, dass er seinen Teamkollegen überrundete, der von der Pole gestartet war. Und Heikki Kovalainen ist weiß Gott kein langsamer Fahrer.

Gerade der Vergleich zum Teamkollegen verrät einiges von den Künsten des 23-jährigen Briten. Kovalainen tat sich schwer mit seinen Reifen. Er hat seine Hinterreifen auf der rutschigen Piste zu hart rangenommen, das Gummi begann sofort zu körnen. Damit hatte der Finne Schwierigkeiten, das Auto überhaupt auf der Strecke zu halten. Nach dem Rennen meinte er, er müsse noch etwas lernen, weil er auf Pisten mit wenig Grip die Reifen zu aggressiv behandelt. Da er teilweise bis zu fünf Sekunden pro Runde an Hamilton verlor, muss er wohl noch jede Menge lernen.

Der unumstrittene Sieger von Silverstone., Foto: Sutton
Der unumstrittene Sieger von Silverstone., Foto: Sutton

Momentan sieht es so aus, dass Hamilton im Regen unschlagbar ist. Fuji 2007, Monaco 2008, Silverstone 2008 - das sind alles Sternstunden von Lewis Hamilton. Sicher profitierte er davon, dass Ferrari die Reifen von Kimi Räikkönen nicht beim ersten Boxenstopp wechselte. Aber trotzdem ist es eher unwahrscheinlich, dass Räikkönen ihm hätte folgen können. Schließlich war der Ferrari nur so lange schnell, bis es wieder zu regnen begann. Auf der nassen Piste raste Hamilton schon zu Beginn des Rennens allen davon. Er hätte auch dann gewonnen, wenn Räikkönen die richtigen Reifen gehabt hätte - nur nicht mehr mit 68 Sekunden Vorsprung.

Welchen Druck Hamilton sich selbst gemacht hat, verrät sein Zitat aus der Pressekonferenz: "Wenn ich da, mit 60 Sekunden Vorsprung, das Auto verloren hätte, dann hätte ich gleich meine Karriere beenden können", sagte er. Also hat er gebetet, dass er das Auto auf der Strecke halten kann. Das mag unverständlich klingen nach so einer Glanzleistung. Aber es erzählt auch sehr viel vom Selbstverständnis des jungen britischen Superstars: Er möchte der Größte werden. Und fürchtet im letzten Moment, quasi vor dem leeren Tor, das Menschliche. Vielleicht mit gutem Grund. Denn seine Leistung in Silverstone war nicht menschlich. Sie war außerirdisch. Jetzt kann er noch so viele Fehler machen, wie er will - den Respekt seiner Konkurrenten hat er auf einmal sicher. Für immer.