Er gab von Anfang an die Pace vor, selbst als Lewis Hamilton in den ersten Rennrunden hinter seinem Teamkollegen Heikki Kovalainen fest hing, war deutlich zu erkennen, dass der Brite schneller war als der Finne. Sobald Hamilton in Runde 4 an Kovalainen vorbeigegangen war, konnte er seinen Vorsprung auf den zweiten McLaren stetig ausbauen. Als sich Kovalainen drehte, erhielt Hamilton zunächst einen neuen Gegner. Kimi Räikkönen robbte sich Runde für Runde in der Gischt des Silberpfeils heran.

Nach 13 Runden hatte Hamilton noch 4,5 Sekunden Vorsprung, eine Runde später waren es nur noch 3,8 Sekunden. Vor Hamiltons Boxenstopp in Runde 21 trennten die beiden Führenden nur noch 1,2 Sekunden. Doch dann entschied sich McLaren richtig und Ferrari falsch. Hamilton wechselte beim ersten Stopp auf neue Intermediates, Räikkönen ließ die angefahrenen Reifen drauf - ein Fehler. Der Finne verlor danach bei neuerlich einsetzendem Regen mehrere Sekunden pro Runde, in Umlauf 26 hatte Räikkönen bereits 21,8 Sekunden Rückstand auf den Briten. Bald schon fiel der Ferrari mit der Startnummer 1 Platz um Platz zurück und Nick Heidfeld rückte an die Stelle des Verfolgers.

Die Fans durften wieder einen Heimsieg bejubeln., Foto: Sutton
Die Fans durften wieder einen Heimsieg bejubeln., Foto: Sutton

"Das ist bei weitem der schönste Sieg in meiner Karriere", freute sich Hamilton, "aber auch der schwierigste." Während des Rennens habe er gedacht: "Wenn ich das schaffe, lässt sich das nicht mehr überbieten. Auf der letzten Runde habe ich die Fans gesehen, die aufgestanden sind, da habe ich nur noch gebetet: lass mich ins Ziel kommen. Keiner kann sich vorstellen, was da in mir vorging. Ich wollte nur noch, dass es endlich vorbei ist."

Nick Heidfeld war mit seinem zweiten Platz sicherlich zufriedener als zuletzt in Kanada. "Aber ich würde nicht von einem BMW-Comeback sprechen, denn wir waren vor zwei Rennen noch da." Nur in Magny Cours habe man nicht die gewohnte Leistung abrufen können. Für ihn war es sowieso wichtiger, dass er seine Qualifyingprobleme hinter sich gelassen hat. "Im gesamten Rennen hat man gesehen, dass verschiedene Fahrer zu verschiedenen Zeitpunkten verschieden schnell waren." Alles habe von den Bedingungen, den Reifen und den Umgang mit den Reifen abgehangen. "Es ging hin und her."

Der Deutsche war es auch, der die beiden besten Überholmanöver des Rennens zeigte. Zunächst überholte er Timo Glock und Fernando Alonso auf einen Schlag, dann schnappte er sich Räikkönen und Kovalainen im Finnendoppelpack eingangs Start- und Ziel. An Hamilton kam Heidfeld allerdings nicht mehr heran. Er musste zwischenzeitlich sogar Rubens Barrichello ziehen lassen, der mit extremen Regenreifen schneller fahren konnte, aber noch einmal an die Box musste und so Platz 2 an Heidfeld zurückgab.

Ferrari erwischte einen schlechten Tag., Foto: Sutton
Ferrari erwischte einen schlechten Tag., Foto: Sutton

Hinter Hamilton und Heidfeld schnappte sich Barrichello das letzte freie Plätzchen auf dem Siegertreppchen. "Ich habe den Glauben nie verloren. Ich wusste, dass ich den Speed habe. Natürlich hatten wir auch Glück mit dem Wetter, aber ich mag Regen und abgesehen von einem Problem beim Boxenstopp lief alles perfekt." Die Reifenwahl mit extremen Regenreifen statt Intermediates habe sich für ihn ausgezahlt. "Ich bin innen und außen an allen vorbeigefahren."

Pole-Mann Kovalainen blieb abermals unbelohnt und belegte nach zwei Drehern nur Platz 6. Bis 10 Runden vor dem Ende lag Kovalainen noch auf Position 4, bat jedoch Fernando Alonso und Kimi Räikkönen mit seinem zweiten Dreher vorbei. Räikkönen konnte sich nach dem Reifenwechselfehler stabilisieren, allerdings nicht ohne selbst zwei Dreher auf den Asphalt zu legen. Am Ende kam er vor Kovalainen und Alonso als Vierter ins Ziel. Teamkollege Massa war noch besser dabei: er fabrizierte als absoluter Dreherkönig des Tages sechs Pirouetten.

Chaos nach dem Start

Die Strecke war nass und das Chaos in den ersten drei Runden groß. An der Spitze katapultierte sich Lewis Hamilton von Startplatz 4 auf Platz 2 nach vorne, duellierte sich sogar mit seinem Teamkollegen Heikki Kovalainen, musste dann jedoch zurückstecken. Dahinter kassierte Kimi Räikkönen den Überraschungszweiten Mark Webber, der sich danach aber (zum ersten von drei Malen) drehte und weit zurückfiel. Für ihn begann damit eine Aufholjagd vom Ende des Feldes, in deren Verlauf er einen Kontrahenten nach dem anderen überholte, letztlich aber keine Punkte sammelte.

Für Heikki Kovalainen hat es nicht sollen sein., Foto: Sutton
Für Heikki Kovalainen hat es nicht sollen sein., Foto: Sutton

Das gleiche Schicksal ereilte Felipe Massa, der sich von Position 9 bereits um einige Plätze verbessert hatte, durch zwei Dreher innerhalb von drei Runden allerdings ans Ende des Feldes zurückgereicht wurde. Von dort kam der Brasilianer, im Gegensatz zu Webber, nicht mehr nach vorne, unter anderem wegen der weiteren Dreher, die der F2008 mit der Startnummer 2 auf seiner Liste verbuchte.

Für Sebastian Vettel und David Coulthard war das Rennen schon in Runde 2 zu Ende, als der Red Bull das Heck des Toro Rosso anschob und sich beide hintereinander im Parallelflug von der Strecke drehten. "Ich habe einen Schlag von hinten links bekommen, das hat mich rumgedreht", erklärte Vettel. "Aus dem Kies gab es kein Herauskommen mehr." Das sei schade gewesen. "Denn es hätte ein sehr gutes Rennen für uns werden können. Punkte wären möglich gewesen, waren für die Bedingungen perfekt gerüstet."

David Coulthard tat der Unfall leid. "Ich bin sehr enttäuscht", sagte der Brite. "Ich habe zwei Red Bull-Autos ausgeschaltet, das ist das schlimmste Szenario." Unter solchen Bedingungen müsse man seine Chancen nutzen und Coulthard glaubte, eine Lücke zu sehen. "Leider war das eine schlechte Entscheidung."

Hamilton war schneller als Kovalainen., Foto: Sutton
Hamilton war schneller als Kovalainen., Foto: Sutton

Der nächste Ausfall traf ebenfalls einen Deutschen. Adrian Sutil verlor sein Auto im Duell mit dem zweiten Toro Rosso von Sebastien Bourdais, der knapp hinter dem Force India fuhr. Sutil drehte sich, schlitterte über die Wiese und die Strecke und strandete auf der anderen Seite im Kiesbett. "Das war schade", klagte Sutil. "Wir lagen nicht schlecht, es wäre noch etwas gegangen. Aber im Regen ist es immer riskant, manchmal muss man das Glück haben, an der richtigen Stelle zu sein." Das war bei ihm nicht der Fall. "Beim Anbremsen hatte ich Aquaplaning, ich hatte keine Chance, das Auto abzufangen."

Trotz einiger Ausritte in die Wiese war Lewis Hamilton der überlegene Mann des Tages. Er fuhr mit über einer Minute Vorsprung auf den Zweiten Nick Heidfeld über die Ziellinie. Platz 3 belegte Rubens Barrichello vor Räikkönen, Kovalainen und Alonso, die sich in den Schlussrunden ein erbittertes Duell lieferten. Die letzten beiden Punkteränge schnappten sich Jarno Trulli und Kazuki Nakajima, der Massa in Sachen Drehern in nichts nachstand und Platz 7 noch kurz vor dem Fallen der Flagge verlor. Nico Rosberg fuhr aus der Boxengasse auf Platz 9 - und das mit einem Notstopp für einen neuen Frontflügel, der er sich am Heck von Timo Glocks Toyota abgefahren hatte. In der WM-Wertung führen Massa, Räikkönen und Hamilton punktgleich mit 48 Zählern.