Ferrari war in Frankreich nicht zu stoppen. Selbst ein defekter Auspuff brannte nur ein schwarzes Loch in den roten Ferrari von Kimi Räikkönen, konnte den Finnen aber nicht von Platz 2 hinter seinem Teamkollegen Felipe Massa abhalten. "Ferrari hat im Moment überall das schnellste Auto", sagt Mario Theissen. "Sie machen einen starken Eindruck", bestätigt Adrian Sutil. "Allerdings darf man McLaren nicht vergessen. Sie sind in Silverstone zu Hause, es ist das Heimrennen von Lewis [Hamilton], das wird ihm zusätzlichen Auftrieb geben - er wird wieder angreifen."

In Magny Cours konnte er das wegen zweier Strafen nicht. Doch die hat Hamilton abgehakt. "Uns ist klar, dass wir zuletzt unter Wert geschlagen wurden", betont Martin Whitmarsh. "Dass Lewis in den letzten beiden Rennen den Speed hatte, um deutlich mehr als null Punkte zu machen, ist offensichtlich", fügt Norbert Haug hinzu. Der Rückstand der beiden McLaren-Piloten sei noch nicht so groß, um den Titel bereits abzuschreiben. In der Vergangenheit hätten schon einige Fahrer aus schlechteren Positionen den Titel gewonnen. "Wir glauben an unsere Chance, wir haben durch gute Leistung alles in unseren eigenen Händen."

Ganz besonders in Silverstone. "Wenn ich den britischen Grand Prix gewänne, dann wäre das sicher das Highlight meiner Karriere", gesteht Hamilton. Er sieht sich bereit für diese Aufgabe. Auch Ferrari sieht vor allem die Silbernen als Gegner im Kampf um den Sieg. "McLaren ist in Silverstone immer stark", weiß Kimi Räikkönen aus eigener Erfahrung. "Ich erwarte einen engen Kampf mit ihnen." Andere Teams hat er nicht auf der Rechnung. "Aber McLaren wird ein Gegner sein", wiederholt er. Felipe Massa schließt sich dem Finnen an. "In Magny Cours haben wir im Rennen nicht die wahre Leistung der McLaren gesehen, da sie immer im Verkehr hingen", sagt er. "Sie können in Silverstone sicher viel stärker sein."

McLaren nimmt Ferrari aufs Korn., Foto: Hartley/Sutton
McLaren nimmt Ferrari aufs Korn., Foto: Hartley/Sutton

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali denkt nicht nur an McLaren, er sieht neben Ferrari noch zwei weitere Teams im Kampf um die Spitze. "McLaren mag noch etwas Performance im Ärmel haben", sagt er. "BMW war zuletzt bei den Ergebnissen sehr konstant." Den einzigen Ausrutscher hatten die Weiß-blauen in Magny Cours. Das sieht Mario Theissen aber nicht als Trend. "Man kann dort nicht unbedingt Rückschlüsse auf andere Strecken ziehen", sagt er. Magny Cours sei schon immer speziell gewesen. "Die Streckencharakteristik ist in Silverstone ganz anders", sagt Christian Klien. "Die Strecke ist sehr schnell und der Asphalt ist sehr aggressiv." Dort sollten komplett andere Verhältnisse vorherrschen als in Frankreich. Darauf baut auch Nick Heidfeld: "Ich kann mir kaum vorstellen, dass unsere Performance dort so schwach bleibt wie in Frankreich."

Alle Topteams bringen neue Teile nach Silverstone, "aber nicht alles, was wir hier getestet haben, werden wir auch am Wochenende einsetzen", verrät Räikkönens Renningenieur Chris Dyer. Der Finne war mit dem Fahrverhalten seines F2008 bei den Silverstone-Tests zufrieden. "Aber wir müssen bis zum Freitag warten, bevor wir wissen, wo wir im Vergleich zu den anderen stehen", bedient er sich einer alten F1-Weisheit. "Aber wir waren im letzten Jahr hier stark, also erwarte ich, dass wir auch diesmal eine Chance auf den Sieg haben werden."

Um diesen zu erreichen, müsse man laut Domenicali ruhig und konzentriert bleiben. Liebe zum Detail und ja keine Fehler oder Defekte seien der Schlüssel zum Sieg und letztendlich zur Weltmeisterschaft. "Wenn wir das schaffen, können wir ein gutes Ergebnis einfahren", so der Italiener. Die größte Beruhigung für Domenicali ist es, dass Ferrari in dieser Saison bislang auf jedem Streckentyp konkurrenzfähig war, auch auf jenen, die ihnen im letzten Jahr Probleme bereiteten. Die Alarmglocken von Magny Cours habe man aber vernommen. Noch ist nicht entschieden, ob Räikkönens Motor gewechselt werden muss, "aber ich glaube, dass wir das Risiko mit einem neuen Motor minimieren werden", verrät Domenicali. Der erste Motorwechsel des Jahres wäre straffrei.

Solche Sorgen hat Felipe Massa nicht. "Es ist ein schönes Gefühl, die WM anzuführen", sagte er. Für ihn bedeute es allerdings nicht viel. "Ich muss mich auf andere Dinge konzentrieren." Noch sei es ein weiter und langer Weg bis zum ersehnten Titelgewinn. "Es ist gut, Erster zu sein und als Führender zum nächsten Rennen zu reisen. Das gibt einen Schub, aber der hält nur bis zum nächsten Training an." Am Freitag geht es weiter.