1. - S wie Startaufstellung

Zum zweihundertsten Mal startet ein Ferrari von der Pole Position. Gleich neben Pole-Mann Kimi Räikkönen steht der zweite Ferrari von Felipe Massa. Es scheint alles gerüstet zu sein für eine Wiederholung des Vorjahresdoppelerfolges. "Das Wochenende läuft bislang wirklich gut, aber wir müssen natürlich noch den wichtigsten Teil erledigen und der ist das Rennen, in dem alles passieren kann", warnt der Weltmeister.

Die silberne Konkurrenz hat sich allerdings selbst geschwächt. Beide Fahrer wurden in der Startaufstellung strafversetzt. Im Fall von Lewis Hamilton war die Strafversetzung um 10 Plätze bereits seit Kanada bekannt. "Wir hatten die Pace, auf die Pole zu fahren", sagt Ron Dennis. Die hatten sich Hamilton und das Team gewünscht, damit er von Platz 11 hätte starten dürfen. "Wir hatten die passende Spritmenge und die passende Reifenwahl, um auf der Pole zu stehen." Doch Hamilton fuhr nur die drittschnellste Zeit, weil er im Q3 auf beiden schnellen Runden Fehler machte. "Es war ein enttäuschendes Qualifying für uns und ich muss mich beim Team entschuldigen", sagte Hamilton. "Ich habe keine gute Arbeit abgeliefert."

Damit wäre der Weg für Heikki Kovalainen frei gewesen, die Ferrari herauszufordern. Doch der Finne wurde um 5 Startplätze nach hinten versetzt. "Ich versuchte Webber aus dem Weg zu gehen, aber die Stewards haben so entschieden - mehr habe ich dazu nicht zu sagen", gab er sich wortkarg wie sein finnischer Fahrerkollege. Ähnlich uneuphorisch war die Stimmung bei BMW Sauber. Nick Heidfeld scheiterte am Q3 und Robert Kubica startet nach den McLaren-Strafen von Platz 5.

"Das ist kein bitterer Fall", meint Mario Theissen. "Stattdessen ist es das ganz gewöhnliche Auf und Ab je nach Rennstreckenzustand, Fahrzeugabstimmung und Fahrerkonstellation." Er gesteht allerdings, dass das Ergebnis enttäuschend sei. Nur Nick Heidfeld sah einen Hoffnungsschimmer: er war im Qualifying so nah wie schon lange nicht mehr an seinem Teamkollegen dran.

2. - S wie Start

Strom in Magny Cours: beleuchtete Zufluchtsorte im Fahrerlager., Foto: Sutton
Strom in Magny Cours: beleuchtete Zufluchtsorte im Fahrerlager., Foto: Sutton

Wenn ein normales, zwischenfallfreies Trockenrennen droht, wird der Start mal wieder über die einzigen Überholmanöver abseits der Boxengasse entscheiden. "Hier ist es wichtig, auf der sauberen Seite zu stehen", sagt Fernando Alonso, der sich jedoch wenige Hoffnungen macht. "An die Ferrari werden wir eh nicht herankommen." Andere müssen von Anfang an attackieren: Kovalainen und Hamilton müssen so viele Plätze wie möglich gutmachen, um dann ihre jeweiligen Strategien auszuspielen. Für den leichteren Hamilton sollte das eher möglich sein als für den womöglich vollgetankten Kovalainen.

3. - S wie Schlüsselstelle

"Auf dem Circuit de Nevers gibt es nicht viele Möglichkeiten zum Überholen", sagt Lewis Hamilton und hat damit recht. Gleichzeitig umreißt er damit sein eigenes Dilemma: wie soll er nach vorne kommen, wenn er nirgends die langsameren Autos im Mittelfeld überholen kann? "Am ehesten geht das beim Ausbremsen vor der Adelaide-Haarnadelkurve und vor der vorletzten Kurve", glaubt er.

Somit wird es wichtig, die ersten Kurven vor der langen Geraden optimal zu erwischen, um dann auf dem Weg zur Haarnadel zum Angriff anzusetzen - oder schnell genug zu sein, um dort nicht überholt zu werden. "Die Adelaide-Haarnadel am Ende der langen Geraden ist der ideale Ort zum Überholen, weil dort die Strecke sehr breit und die Auslaufzone großzügig bemessen ist", macht Willy Rampf den Fahrern Mut. Auch kann die Windrichtung den Bremspunkt vor der Haarnadel beeinflussen. Die rutschige Oberfläche kann zudem zu Fehlern führen.

4. - S wie Setup

Der Circuit de Nevers in Magny-Cours hat von allem etwas: schnelle Kurven, langsame Kurven, Schikanen, eine Haarnadel. Es gilt den richtigen Setupkompromiss zu finden, um in jedem Streckenteil schnell zu sein. Nico Rosberg wählte zum Beispiel eine relativ flache Flügeleinstellung, die ihm eigentlich höhere Topspeeds einbringen sollte. Geklappt hat es aus irgendeinem Grund nicht. Sein Teamkollege Kazuki Nakajima fuhr mit mehr Abtrieb und war trotzdem schneller auf der Geraden.

Aerodynamik Magny-Cours verlangt nach deutlich mehr Abtrieb als Montreal, wo ein niedriges bis mittleres Abtriebsniveau die richtige Wahl war. Hier ist hingegen mittlerer bis hoher Abtrieb gefragt. Dies wird wesentlich von den schnellen Kurven wie Turn 3 und den flott genommenen Schikanen der Kurven 6/7 und 11/12 bestimmt. Obwohl die Versuchung groß ist, mit flacheren Flügeln und entsprechend höherer Endgeschwindigkeit auf der langen Vollgas-Geraden hinunter zur Adelaide-Haarnadel Gegner überholen zu können, ist dies auf die gesamte Runde betrachtet keine sinnvolle Lösung. Der besagten Geraden geht die ultraschnelle Kurve 3 voraus - und wer hier mit weniger Abtrieb unterwegs ist, wird weder schnell genug durch die Kurve kommen, noch in der Lage sein, einem Gegner nah genug zu folgen.

Fernando Alonso spricht vom Podium., Foto: Sutton
Fernando Alonso spricht vom Podium., Foto: Sutton

Aufhängung Magny-Cours ist für seine äußerst ebene Fahrbahnoberfläche bekannt. Dies erlaubt den Teams, eine extrem geringe Bodenfreiheit und sehr steife Aufhängungs-Setups zu wählen. Beides unterstützt die Aerodynamik der Boliden. Zudem lassen sich die Autos mit dieser Abstimmung in den Schikanen schnell und präzise umsetzen. Wie üblich gilt es aber auch hier einen Kompromiss zu finden, denn die Strecke weist einige langsame Kurven auf, in denen eine weichere Abstimmung den Grip verbessert.

Reifen Der Asphalt von Magny-Cours reagiert sehr sensibel auf Temperaturänderungen - selbst ein paar Minuten Bewölkung an einem sonst sonnigen Tag können das Gripniveau stark beeinflussen. Bridgestone stellt den Team mit den "soft"- und "medium"-Reifen die beiden mittleren Optionen der vierstufigen Reifenpalette zur Verfügung. Für beide Varianten gilt, dass der sorgfältige Umgang mit dem "schwarzen Gold" eine entscheidende Voraussetzung für erfolgreiche Rennstrategien bildet.

Kraftübertragung Grundsätzlich werden die Autos in Magny-Cours eher kurz und mit engen Gangabstufungen übersetzt, um eine optimale Beschleunigung aus den langsamen Ecken heraus zu erzielen. Die Teams achten dabei besonders auf den Geschwindigkeitsbereich von 0 bis 250 km/h, weil gute Leistungsfähigkeit in den langsameren Sektoren mitentscheidend ist für die spätere Topspeeds auf den Geraden. Erheblich beansprucht wird die Kraftübertragung durch das Überfahren der Kerbs, was die Fahrer mehrfach und vor allem gegen Ende der Runde regelmäßig machen.

Motor Magny-Cours stellt an die Triebwerke keine ungewöhnlich hohen Ansprüche. Die V8-Motoren laufen etwa 63 Prozent der Runde mit voll geöffneten Drosselklappen. Das liegt etwas über dem Saisondurchschnitt, gilt aber als normaler Wert. Ein drehmomentstarkes Triebwerk ist auf diesem Kurs ein wichtiger Vorteil, da das Beschleunigungsvermögen aus den langsamen Kurven eine große Rolle spielt. Ebenfalls wesentlich ist eine möglichst sanfte und lineare Kraftentfaltung, damit die Balance des Chassis nicht gestört wird, wenn die Piloten mit Halb- bis Vollgas in die Schikanen oder durch Turn 3 fahren.

5. - S wie Strategie

In Magny Cours gab es schon alles: ein Stopp, zwei Stopps, drei Stopps, sogar vier Stopps führten hier für Michael Schumacher und Ferrari schon einmal zum Sieg. Die relativ kurze Boxengassenanfahrt macht's möglich. Entsprechend schwierig lässt sich die Spritmenge der einzelnen Fahrer einschätzen. "Wir gehen davon aus, dass die Autos vor uns leichter sind als wir", sagt Mario Theissen. Mit einer Einschränkung: "Außer McLaren und Ferrari." Eine Bestätigung werde man jedoch erst im Rennen erhalten.

Einer der Kandidaten für eine leichte Spritladung ist Fernando Alonso, der den Renault weit nach vorne stellte. Doch der Spanier war auch schon in den ersten beiden Qualifyingsessions vorne dabei - dort wird bekanntlich mit leichteren Autos gefahren. "Wir sind also bei der Strategie nicht so weit weg von unseren Gegnern. Das ist gut für uns", sagt er.

BMW Sauber ist in Magny Cours nicht siegfähig., Foto: Sutton
BMW Sauber ist in Magny Cours nicht siegfähig., Foto: Sutton

Nick Heidfeld gehört zu jenen Fahrern, die ihre Spritmenge noch bis zum Rennen frei wählen dürfen. "Trotzdem gibt es keine Zauberstrategie, wenn man von so einer Position startet und man nicht die nötige Pace besitzt", betont er. Bei Heikki Kovalainen griff McLaren noch während des Qualifyings in die Strategietrickkiste. "Die Zeiten sahen nicht rosig aus, aber das lag nur an meiner Strategie", verriet der Finne. "Wir passten seine Strategie an, um den Schaden durch die drohende Strafe zu minimieren", bestätigte Dennis. "Er hat angesichts seiner Spritmenge tolle Arbeit geleistet." Das sollen seine Boxenstopps im Rennen belegen.

6. - S wie Sonntagswetter

Im Fahrerlager kursiert es sich gut. Gerüchte und Spekulationen kursieren vom einen Ende zum anderen und über ein Team zum nächsten. Am Samstag kursierten diverse Wettervorhersagen für den Sonntag. Eine besagte Regen. Mario Theissen wiegelte jedoch ab: "Das stimmt, aber unseren Informationen zu Folge erst nach Rennende." So sagen die Wetterfrösche von wetter.com zum Beispiel eine zehnprozentige Niederschlagswahrscheinlichkeit voraus - allerdings erst für den Sonntagabend. Nick Heidfeld hofft trotzdem auf das kühle Nass: "Wer weiß, vielleicht gibt es ja auch Regen zum richtigen Zeitpunkt."

7. - S wie Spannung

Ferrari ist überlegen, dessen ist sich Marc Surer sicher. "In den Freien Trainings konnten sie es noch ein bisschen verstecken, aber im Qualifying ist es deutlich zu Tage getreten." Das wirft ein Problem auf: "Nachdem Hamilton durch die Strafe auch vorne raus fällt, haben sie ein leichtes Spiel." Woraus bezieht der Frankreich GP dann seine Spannung? "Aus dem Kampf zwischen den beiden Ferrari-Piloten", prophezeit Surer. "Irgendwann müssen sie sich für einen entscheiden. Dieser interne Kampf könnte das Spannendste am Rennen werden."

Dessen ist sich Kimi Räikkönen bewusst. "Wenn ich nicht gewinnen sollte, wäre ich natürlich sehr enttäuscht", sagt er, "aber das Wichtigste ist es, ins Ziel zu kommen und das Punkte-Maximum nach Hause zu bringen, denn wir brauchen sie wirklich." Ganz aufgegeben haben McLaren und Lewis Hamilton die Hoffnungen übrigens noch nicht.

"Kimi hat schon mal bewiesen, dass man von hinten vorfahren kann", klammert sich der Brite an den verbleibenden Strohhalm. "Wir haben noch immer eine gute Benzinmenge, um bis zum ersten Boxenstopp Plätze gutzumachen", fügt sein Teamchef hinzu. "Wir wollen das Rennen noch immer gewinnen." Hamilton habe aufgrund der Fehler das wahre Potenzial des Autos nicht ausnutzen können. Das Auto sei besser, "aber das hat sich nicht in unseren Positionen niedergeschlagen". Ähnliche Töne waren in Montreal von Ferrari zu hören, als Massa und Räikkönen im Qualifying Probleme mit der aufbrechenden Strecke hatten. Bis zum großen Boxenknall dominierte trotzdem Hamilton.

Aber nicht nur McLaren träumt von einer Aufholjagd. "Das Ziel ist, ordentlich in die Punkte zu fahren", sagt Mario Theissen. Ferrari sei jedoch sehr weit weg. "Das hat sich schon gestern im Training gezeigt. Offensichtlich passt deren Paket perfekt zu dieser Strecke." Mit Jarno Trulli und Fernando Alonso möchte es Robert Kubica aber aufnehmen. "Ein Podium wird allerdings extrem schwer", glaubt Testfahrer Christian Klien. "Platz 4 sollte unser Ziel sein."

Besagter Alonso hat seinerseits den großen Coup beim Renault-Heimspiel im Auge: "Wir haben zum ersten Mal in dieser Saison die reelle Chance, um einen Podestplatz zu fahren." Mit Ferrari möchte er sich nicht messen, aber Trulli und Kubica seien nicht weit weg. "Gegen sie können wir um das Podium kämpfen."