Das ganze Fahrerlager spekuliert schon, wie lange Nelsinho Piquet wohl noch im Renault sitzen werde - der einzige, der von all dem überhaupt nichts wissen will, scheint der Betroffene selbst zu sein. Bescheidenheit und Selbstkritik waren ja noch nie unbedingt die Stärke des Brasilianers - und zumindest nach außen tritt er auch jetzt so auf, dass sich viele Beobachter schon ein bisschen wundern.

Davon, dass er eventuell nur noch bis zum britischen GP Zeit habe, sich mit guten Ergebnissen doch noch zu profilieren, will er nichts wissen - das seien alles Medienspekulationen, "und dass immer furchtbar viel geschrieben wird, das sieht man ja auch bei anderen. Nach den ersten zwei Rennen war Felipe Massa der Idiot, da wollte Ferrari ihn angeblich schon feuern, und jetzt sagen alle, er kann Weltmeister werden. Bei mir ist das ähnlich, da wird auch überall viel unqualifiziertes Zeug verzapft, auch und gerade in meiner Heimat Brasilien", ärgerte er sich im Gespräch mit motorsport-magazin.com.

Er habe teamintern jedenfalls keine Probleme, auch nicht mit Flavio Briatore. Der sei ja bekannt dafür, ziemlich hart und direkt zu sein, "aber ich denke, die Erfahrung mit Heikki Kovalainen hat ihn vorbereitet. Der hat letztes Jahr mehr abgekriegt - aber dann ist er plötzlich sehr gut geworden, und das hat Flavio auch gemerkt... Das ist sicher ein bisschen mein Glück, denn dieses Jahr ist er von Anfang an milder, er hat mich bis jetzt nie heftig kritisiert oder attackiert, nur normal gefragt, was los ist, wo die Probleme liegen."

Auch die Frage, woran es denn liege, dass ein Teamkollege Fernando Alonso ihn doch deutlich beherrsche, will der Renault-Pilot so gar nicht gelten lassen. So viel besser sei der doch gar nicht, neun Punkte wären schließlich auch nicht die Welt, "und zum Teil hat er die ja auch noch mehr oder weniger abgestaubt wie zum Beispiel durch das Chaos in Australien. Und in Barcelona stand er im Qualifying halt in der ersten Reihe, weil er sehr leicht war, aber im Rennen wäre er doch auch höchstens Sechster oder so geworden." Er selbst habe auch oft sehr viel Pech gehabt, dreht er sich die Realität wohl auch eigenen Wünschen zurecht. "Ich glaube wirklich nicht, dass der Unterschied so groß ist, er ist ein sehr guter Maßstab, klar, ich lerne auch viel von ihm, aber sehe nicht, dass ich so weit weg bin."

Piquet glaubt an sich, seine Chance und das eine oder andere Wunder., Foto: Sutton
Piquet glaubt an sich, seine Chance und das eine oder andere Wunder., Foto: Sutton

Nur im Qualifying gesteht er dem zweimaligen Weltmeister doch deutliche Vorteile zu: "Dass er es öfter ins Q3 schafft, ist vor allem Erfahrungssache, dass er da aus dem Auto einfach mehr rausholen kann. Da wundere ich mich manchmal, wie in Monaco, schon, wo er da plötzlich noch so eine Runde herholt. Aber gerade über die Renndistanz glaube ich nicht, dass mir so viel fehlt."

Er traut sich jedenfalls zu, aus der momentanen Situation bald herauszukommen - und zwar noch besser: "Durch Schwierigkeiten reift man immer, ich hatte auch früher schon schwierige Momente, zum Beispiel in meinem ersten Jahr in der GP2, als gar nichts klappte, als es auch im Team nicht stimmte. Auch da habe ich daraus gelernt um im zweiten Jahr ging es dann alle viel besser. Ich muss einfach weitermachen, man lernt auch nicht an einem Tag laufen, aber man braucht auch ein bisschen Glück, es muss alles im richtigen Moment passen, und dann wird es auch funktionieren", ist Piquet überzeugt.

Dass ihm neben allem anderen das Glück im Moment auch nicht gerade hold ist, ist nicht abzustreiten. Dass er auf der Anreise nach Kanada fast zwölf Stunden auf dem New Yorker La Guardia-Flughafen fest hing, weil die Air Canada mehrere Flüge nach Montreal strich und andere immer wieder verschob, ist dabei nicht einmal so wichtig. Die dreiviertel Stunde verlorene Trainingszeit am Freitag wegen Getriebeproblemen auf einer Strecke, die er bisher nicht kannte, tut noch mehr weh. Vor allem, wenn man wohl ganz im Geheimen doch weiß, dass ohne ein gutes Ergebnis bald einmal Schicht sein kann - allem nach außen getragenen Selbstvertrauen zum Trotz.