Nirgendwo wird Formel-1-Fahren so zu einem Einzelschicksal wie beim Großen Preis von Monaco. Keine Sekunde dürfen die WM-Führenden Kimi Räikkönen und Felipe Massa unkonzentriert sein, der Stadtkurs an der Cote d'Azur verzeiht nichts. Gleichzeitig zeigt sich aber auch nirgends so deutlich wie in Monte Carlo, dass die Formel 1 ein Mannschaftssport ist. Auch bei den schnellen Eingreiftruppen von Ferrari und BMW kommt es auf Konzentration und Köpfchen an, und die Fahrzeugmechaniker vertrauen dabei auf den gleichen Schutz wie die Top-Piloten - Helme der Magdeburger Firma Schuberth.

Ferrari setzt auf einen deutschen Kopfschutz., Foto: Schuberth
Ferrari setzt auf einen deutschen Kopfschutz., Foto: Schuberth

Für den Premium-Hersteller, der sein Einsatzgebiet zu Beginn des Millenniums auch auf die Königsklasse des Motorsports ausgeweitet hat, ist der Ausrüstervertrag mit der Scuderia Ferrari alles andere als ein "Nebenprodukt". Schließlich fing mit dem Arbeitsschutz die Erfolgsgeschichte der Magdeburger Helmmanufaktur an. Seit mehr als 50 Jahren vertrauen Feuerwehrleute, Bauspezialisten und Techniker in der Industrie auf die Kopfschutz-Technologie made in Germany. Wer mit High-Tech zu tun hat, sollte diese auch benutzen, wenn es um die eigene Sicherheit geht. "Die Zusammenarbeit mit dem Ferrari-Team ist für uns ein Heimspiel", sagt Marcel Lejeune, CEO der Schuberth GmbH, "für Schuberth ist der Arbeitsschutz eines der wichtigsten Geschäftsfelder." Von den 1,3 Millionen Helmen, die jährlich die Produktion in Magdeburg verlassen, entfallen mehr als 70 Prozent auf diesen Bereich. Und auch die Ingenieure, die in der Entwicklungsabteilung an Innovationen tüfteln, legen ein besonderes Augenmerk auf den Schutz im Alltag. Auch hierbei kommen die Erfahrungen aus dem Tagegeschäft dem Motorsport zu Gute, strahlen andererseits die für die speziellen Anforderungen der Formel 1 erdachten Lösungen wieder auf die Serie ab. Ein Kreisverkehr der Sicherheit.

Zurücktreten von der Bordsteinkante, planmäßige Ankunft zum Boxenstopp. Das auch im mediterranen Klima von Monte Carlo dick vermummte Ballett sorgt dafür, dass innerhalb von sechs bis zehn Sekunden Volltanken, Reifenwechsel und Flügeleinstellung vorgenommen werden. Der richtige Handgriff kann gerade im Stadtverkehr an der Cote d'Azur über den Sieg entscheiden. Deshalb ist in diesem vom Adrenalin getränkten Geschehen wirklich der Start die Mannschaft.

Beim Boxenstopp muss jeder Handgriff stimmen., Foto: Schuberth
Beim Boxenstopp muss jeder Handgriff stimmen., Foto: Schuberth

Von der Hundertschaft, die ein professionelles Formel-1-Team wie der 14-fache Konstrukteurs-Weltmeister Ferrari bei jedem Grand Prix an den Start bringt, sind vor allem jene gut 20 Mann, die sich um die schnelle Abfertigung der Rennwagen von Kimi Räikkönen und Felipe Massa kümmern, besonders geschützt. Für die Gestaltung ihrer Helme gelten ähnlich strenge Vorschriften wie im Cockpit: Ein Mix aus im Weltraum erprobten Stoffen sorgt dafür, dass Helmschale und Visiere besonders widerstandsfähig gegen Schläge und enorme Hitze sind. Es sind zum Teil die selben Hochleistungsfasern, aus denen auch das Rennwagenchassis gefertigt wird. Um den Extrembelastungen zu trotzen, werden die Visiere in der Testphase mit 500 km/h schnellen Projektilen beschossen und 45 Sekunden lang von fünf Schweißbrennern mit einer 800 grad heißen Stichflamme malträtiert. Die von Ferrari und auch BMW eingesetzten Helme Schuberth J1 PIT und R1 PIT könnten demnächst von Feuerwehrmännern in aller Welt eingesetzt werden.

Im übertragenen Sinne ist auch jeder Boxenstopp in der Formel 1 ein "Brandherd": In Sekundenbruchteilen müssen die richtigen Handgriffe getan, die richtigen Entscheidungen getroffen werden, und häufig weichen die Anforderungen der Praxis von den zuvor in Monatelangem Training einstudierten Situationen ab. Der Helm wird dabei zu einem wichtigen Arbeitsmittel, auch wenn er primär vor allem schützt: Die Luftzirkulation muss stimmen, die Sonneneinstrahlung durch einen integrierten Blendschutz reduziert werden und die Geräuschdämmung intakt sein; Vor allem aber muss im Ernstfall auf das integrierte Sprechfunksystem sein, denn schnelle und sichere Kommunikation ist - da geht es den Boxencrews von Ferrari und BMW wie den beiden Top-Piloten - ein entscheidender Bestandteil für den Erfolg in der Formel 1. Das klappt zwischen Schuberth und den beiden Formel-1-Teams wie am Schnürchen, sechs gemeinsame WM-Titel mit Ferrari sind der beste Beweis. Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali zögerte deshalb auch nicht, vor dem Beginn der Formel-1-Saison 2008 die Zusammenarbeit mit dem Helmpartner um drei weitere Jahre zu verlängern: "Für uns war es ein logischer Schritt, denn in den sieben Jahren unserer Zusammenarbeit haben wir immer perfektes Material zur Verfügung gestellt bekommen. Offensichtlich haben wir den gleichen Anspruch an unsere Arbeit: stets nach dem Besten zu streben."

Michael Schumacher entwickelt noch immer Helme für Schuberth., Foto: IDM Superbike
Michael Schumacher entwickelt noch immer Helme für Schuberth., Foto: IDM Superbike

Ob das nun die tief stehende Sonne in der improvisierten Boxengasse am Hafen von Monte Carlo ist, oder der große Sichtbereich des Visiers, der im engen und hektischen Geschehen vor den Garagen für den richtigen Durchblick sorgt - Kopfschutzsysteme von Schuberth sind unter Einhaltung aller Sicherheitsvorschriften darauf ausgelegt, die Arbeit störungsfrei zu unterstützen. Dazu gehört auch, dass die Helme der Boxen-Crews trotz aufwändiger Innenausstattung am Ende nur 1300 Gramm wiegen. Da die Mechaniker während der mehr als anderthalb Rennstunden jederzeit einsatzbereit sein müssen, nehmen sie ihre Helme in dieser Zeit nicht ab. Jedes Gramm weniger Gewicht wird da zur Komfortausstattung.

"Alle Teilnehmer in der Formel 1 stellen höchste Ansprüche, für uns ist das eine permanente technische Herausforderung", sagt Oliver Schimpf, und der leitende Ingenieur wirkt darüber alles andere als unglücklich: "Wir sind Teil der Mannschaft." Höchstleistungen im Zwei-Wochen-Takt, gerade für die Mannschaften hinter den Männern am Lenkrad - in Maranello, München und in Magdeburg. Zudem vertraut auch die Entwicklungs-Truppe von Ferrari mit dem gelegentlichen Testpiloten Michael Schumacher bei der Arbeit auf Schuberth-Produkte. Schimpf: "Der perfekte Helm fiel uns nicht in den Schoß, sondern ist das Ergebnis langer und intensiver Arbeit. Wer Weltmarktführer werden will, der muss vor allem in die Forschung und Entwicklung investieren. Das Engagement im Motorsport wirkt dabei wie ein Schrittmacher."

Es gibt in diesem Zusammenhang einen sehr puristischen Ansatz, den der Vorsitzende der Geschäftsführung, Marcel Lejeune, pflegt: "Unsere Helme sind keine Modeartikel, sondern Sicherheitsausstattung. Bei unserer Zusammenarbeit mit Ferrari und BMW geht es um das, was dahinter steckt - nämlich penibel zu sein und ambitionierte Lösungen zu finden. " Hart im Nehmen eben. Wie das im Mannschaftssport so sein muss.