An fünf Rennwochenenden hat sich in der Formel 1 ein relativ klares Bild vom Kräfteverhältnis entwickelt. Ferrari, McLaren und BMW Sauber hatten Siegchancen. Die Roten bei vier Rennen, die Silbernen bei weniger und die Weiß-Blauen noch nicht aus eigener Kraft. Ferrari scheint bei höheren Temperaturen gut zu sein, McLaren bei niedrigeren. Ferrari scheint noch immer ein Problem auf einer Runde zu haben, dafür aber auf Long Runs aufzudrehen. BMW Sauber war die größte Konstante, wobei sie immer hinter einem der Konkurrenten zurückhinkten. All das zählt am kommenden verlängerten Rennwochenende nichts mehr.

Rot vor Silber? Oder doch wieder umgekehrt?, Foto: Sutton
Rot vor Silber? Oder doch wieder umgekehrt?, Foto: Sutton

"Der Grand Prix in Monaco ist wohl das Rennen mit den größten Unwägbarkeiten", erinnert Lewis Hamilton an das Stadtrennen mit den eigenen Gesetzen. "Das Rennen in der Türkei lief super und wir wissen dass unsere Leistung stimmt, aber in Monaco kann buchstäblich alles passieren." Auffahrunfälle in Safety Car-Phasen, Überraschungssieger, langweilige Prozessionen, chaotische Ausfallrennen - in Monaco ist alles drin. "Monaco ist ein ganz spezielles Rennen mit einer Streckencharakteristik, die es schwer macht, die Kräfteverhältnisse, die bisher auf anderen Strecken herrschten, als Basis zu verwenden", sagt Norbert Haug.

Der beste Vergleich stammt aus dem letzten Jahr. Damals hatte Ferrari Probleme mit langsamen, winkligen Kursen wie Monaco und Ungarn. "Wir haben uns im Vergleich zum vorigen Jahr sicher verbessert, jetzt werden wir in Monaco genau sehen, wo wir stehen", betont Kimi Räikkönen. Wenn man das Setup hinbekomme und das Auto von Anfang an ohne technische Defekte laufe, sieht Räikkönen jedoch keine Probleme. Aber bislang habe man erst ein Wochenende ohne Probleme am Freitag gehabt.

Dennoch gewann Ferrari vier von fünf Saisonrennen. "Es ist aber nicht richtig, zu sagen, dass wir dominieren", wehrt sich Teamchef Stefano Domenicali. "Es ist sehr eng. Wir dominieren nicht." So erwarteten die McLaren-Piloten in Istanbul beide eine reelle Siegchance. Bei Lewis Hamilton machte der Reifenverschleiß einen Strich durch die Rechnung. Diese Probleme sollen sich in Monaco nicht wiederholen, obwohl dort die superweiche Mischung zum Einsatz kommen wird. Auch Heikki Kovalainen gestand sein Team in der Türkei Siegchancen zu. Doch eine Berührung mit Räikkönen am Start verhinderte größere Taten.

"Ich will ein problemloses Rennen fahren und dabei zeigen, was in unserem Auto steckt", gibt Kovalainen die Devise für Monaco vor. "Ich will um den Sieg kämpfen, aber wer weiß was passiert?" Die richtige Strategie und ein bisschen Rennglück bei Safety Car-Phasen und ähnlichem Schlamassel können entscheidend sein. So könne ein Safety Car-Einsatz nach einem Unfall jenen bevorteilen, der gerade schon getankt hat und den benachteiligen, der in den nächsten Runden an die Box muss, erklärt Haug. "Der mit dem längeren ersten Stint hat bei gleichem Speed grundsätzlich die besseren Karten, aber eben nicht, wenn das Safety Car zum für ihn falschen Zeitpunkt rauskommt." Erschwert wird all das durch die nicht existenten Überholmöglichkeiten.

Robert Kubica hofft auf die große Chance., Foto: Sutton
Robert Kubica hofft auf die große Chance., Foto: Sutton

Dies wiederum führt zur enormen Wichtigkeit des Qualifyings, wer vorne steht, hat auch bessere Chancen vorne anzukommen. "Ferrari ist insgesamt am schnellsten", gesteht Haug, "aber wenn du vor ihnen fährst, sind sie nicht schnell genug, um zu überholen." Schon gar nicht in Monaco. Dort rechnet Haug mindestens mit einer Handvoll siegfähigen Teams. "Historisch waren wir in Monaco immer sehr gut und haben im letzten Jahr komfortabel gewonnen, aber ich glaube eher, dass wir es dort ein bisschen schwieriger haben werden", so Haug. McLaren sei in Highspeed-Passagen sehr gut, Ferrari hingegen in langsamen Ecken.

Den WM-Kampf sieht Haug dennoch offen. "Wir waren bei den letzten beiden Rennen auf den anspruchsvollen Strecken in Barcelona und in Istanbul dichter am Spitzenreiter als davor noch in Malaysia und Bahrain." Die Rückstände von 7 respektive 21 Punkten auf Kimi Räikkönen seien nicht gravierend. "Raikkönen hatte im letzten Jahr zwischendurch einen größeren Rückstand als unsere Fahrer jetzt." Martin Whitmarsh glaubt an die Siegchancen seiner Fahrer. "Lewis kommt mit einem außergewöhnlichen Rennen im Rücken nach Monaco und wir werden auch hier ein konkurrenzfähiges Auto haben." Im letzten Jahr sei Hamilton nah dran gewesen, in Monaco zu gewinnen - seinen ersten Sieg in den Straßen des Fürstentums zu holen. "Jetzt wird er heiß darauf sein, dass dieses Jahr nachzuholen."

Aber auch Robert Kubica und BMW Sauber würden gerne in Monaco zum ersten Mal ganz oben stehen. Der Pole rechnet sich auf einem ungewöhnlichen Kurs wie Monaco sogar bessere Siegchancen aus als andernorts. "Ich habe dort schon in allen Serien außer der F1 gewinnen können", sagt sein Teamkollege Nick Heidfeld. "Ohne Traktionskontrolle wird es dort noch spannender." Motorsportdirektor Mario Theissen glaubt, dass BMW Sauber ein gutes Paket für den engen Straßenkurs besitzt. Das leitet er anhand der guten Performance auf den bisherigen Strecken her, vor allem auf den winkligen Streckenabschnitten. All das kann aber schon ab Donnerstag nichts mehr wert sein. Denn sobald die Kugeln in Monaco rollen, zählt das, was davor war, nichts mehr.