Die erfolgreiche Zeit Brasiliens in der Formel 1 liegt schon einige Jahre zurück. Rubens Barrichello sorgte das ein oder andere Mal in seiner Zeit als Ferrari-Pilot für Sternstunden, der große Erfolg, in Form eines WM-Titels, blieb jedoch aus. Spanien und Finnland dominierten die Königsklasse des Motorsports in den vergangenen Jahren und ernüchternden damit nicht nur die Motorsport begeisterten Brasilianer, sondern auch die von Michael Schumachers Erfolg verwöhnten Deutschen.

Rubens Barrichello feiert seinen 257. Grand Prix., Foto: Sutton
Rubens Barrichello feiert seinen 257. Grand Prix., Foto: Sutton

Der Volksheld der emotionalen Südamerikaner darf sich an diesem Wochenende eines ganz besonderen Jubiläums erfreuen. Er ist der Mann, der so viele Formel 1-Rennen, Qualifyings und Hotelzimmer gesehen hat wie kein anderer, außer einem - Ricardo Patrese. Nach 257 Grand Prix befindet sich Barrichello in der Schlussphase seiner Karriere. Vor vielen Jahren teilte der Brasilianer, als Teenager, seinem großen Vorbild, Ayrton Senna, mit, dass er sich darauf freut, eines Tages gegen ihn in der Formel 1 zu fahren.

Mit Felipe Massa und Nelson Piquet Junior hat man bereits für die Zeit nach Barrichello vorgesorgt. Während Felipe, wie schon einst Rubens, seinen Landsleuten im siegfähigen Ferrari Freude bereiten darf, hat der Sohn des berühmten Nelson Piquet im Renault momentan nicht ganz so gute Karten in der Hand.

In Deutschland muss man dann schon etwas entscheidungsfreudiger sein, wenn es darum geht, einen neuen Liebling der Nation ausfindig zu machen. Auch hierzulande hat man einen Ex-Weltmeister-Sohn anzubieten. Nico Rosberg ist momentan einer der viel versprechendsten Piloten im Feld. Beim Qualifying in der Türkei war dieser jedoch nicht sehr glücklich über seinen elften Startplatz.

Dem Beliebtheitsranking des jungen Deutschen schadet das zwar nicht allzu sehr, doch durch den Wegfall des Super Aguri Teams muss sich Rosberg damit abfinden, im Zeittraining nicht zu den besten 50 Prozent des Feldes zu gehören. "Das ist nicht so gut, weil Red Bull und Fernando Alonso haben dieses Wochenende einen Sprung gemacht und sie sind eine ganze Ecke vor uns", sagte Rosberg. "Das ist nicht so super. Wir müssen echt aufpassen, dass wir nicht zu viel Boden verlieren."

Kein Grund Keke Rosbergs Sohn nicht als neue deutsche Hoffnung anzuerkennen, denn Adrian Sutil erreichte im, zugegebenermaßen technisch unterlegenen, Force India nur die letzte Startreihe. Doch ein Deutscher stärkt dem anderen den Rücken. Nico Rosberg ist zuversichtlich, dass Sutil seinen Teamkollegen Giancarlo Fisichella in den Griff bekommen kann. Der Römer startet nur aufgrund einer Strafe hinter der indisch-deutschen Hoffnung. "Adrian ist ein sehr guter Fahrer, das ist einmal die Basis. Man muss dann stark sein, weiter an sich arbeiten und den Grund suchen [warum der Teamkollege schneller ist]. Vom Talent her gibt es keinen Unterschied, würde ich jetzt sagen", so Rosberg.

Bei so vielen Landsleuten muss man schon einmal den Taschenrechner aus der Schublade holen, um pragmatisch zu errechnen, wer denn nun als neuer Held Deutschlands herhalten soll. Schließlich lässt sich dieser nicht per Casting-Format bestimmen und so geht die Suche nach Deutschlands neuem Superstar weiter. Hat man besagten Taschenrechner zur Hand und berücksichtigt man die Platzierungen 14 von Sebastian Vettel und 15 von Timo Glock, so kommt man schnell zu dem Schluss, dass mit vier von fünf Fahrern, ganze 80% aller deutschen Einsatzfahrer in der Formel 1, in der zweiten Hälfte des Feldes zu finden sind.

Von den Teilen, die an seinem Auto kaputt gingen, hat Timo Glock selbst noch nichts gehört., Foto: Sutton
Von den Teilen, die an seinem Auto kaputt gingen, hat Timo Glock selbst noch nichts gehört., Foto: Sutton

Vettel kann seinem Startplatz aber auch Positives abgewinnen. "Der Startplatz liegt auf der sauberen Seite. Aber es ist immer schwierig zu sagen, ob das ein Vorteil ist. Immerhin sind morgen noch einige Rahmenrennen vor uns", sagte er. Timo Glock hat eine andere Herangehensweise, um sich in Deutschland in einem etwas besseren Licht zu präsentieren. Er hatte einen Defekt an den "drive-pegs", von denen er selbst nicht so genau weiß, wo diese am Auto montiert sein sollen: "Ich habe keine Ahnung. Habe das vorher auch noch nie gehört." Ohne den Defekt hätte es angeblich sogar noch für die Top 10 gereicht, was die deutsche Statistik wieder durcheinander gebracht hätte. "Ich könnte sogar sagen: ich wäre schneller als Jarno gewesen."

Wer bis hierher mit gerechnet hat, weiß, dass es da noch einen deutschen Fahrer gibt, der unser aller Hoffnung wieder aufleben lässt. Nick Heidfeld schnitt im Zeittraining am besten ab und ist auch in der WM-Wertung an vorderster Front, also in den Top 5, anzutreffen. Doch selbst dem schnellsten Deutschen erging es an diesem verhexten Samstag nicht besonders gut. Zuerst hatte er "das gesamte Wochenende Probleme, die Reifen auf Temperatur zu bekommen", dann erkannte er, "dass es geht, wenn die Temperaturen nach oben gehen", bis Nick letztendlich ein Fazit ziehen musste. "Egal was ich machte: ich bekam die Reifen nicht zum Arbeiten."