Barcelona. Ich weiß gar nicht, wie oft ich im Laufe meiner F1-Karriere schon hier gefahren bin, wie viele Testkilometer ich auf dem Circuit de Catalunya abgespult habe. Die Teams kennen die Strecke in- und auswendig, haben bereits ein Grundsetup von den vielen Tests in der Datenbank und müssen am Rennwochenende nur noch am Feintuning arbeiten. Überraschungen gibt es also nicht mehr viele - außer der Wind hat sich mal wieder gedreht.

Was viele vielleicht nicht wissen: ein einzelner dieser vielen Testtage in Barcelona ist anstrengender als ein Renntag. Die mentale Beanspruchung ist beim Testen vielleicht nicht ganz so hoch, da es nicht so hektisch wie am Rennwochenende ist. Es gibt nicht ständig Interviewtermine oder Paddock Club-Auftritte. Aber körperlich ist ein Testtag sehr viel anstrengender.

Schon um Viertel vor 8 steht am Morgen das erste Meeting mit den Ingenieuren auf dem Programm. Dann wird besprochen, was an diesem Tag getestet werden soll. Dadurch bekomme ich als Fahrer einen ersten Überblick, was ich zu tun habe. Ab 9:00 Uhr sitze ich, abgesehen von einer kurzen Mittagspause, fast ununterbrochen bis Testende um 17:00 Uhr im Auto.

Der Test läuft so ab: ich fahre zwischen 5 und 10 Runden, komme wieder an die Box und bespreche über Funk die Änderungen, die wir vorgenommen haben mit meinem Renningenieur. Dann geht es beispielsweise darum, ob das Auto durch die vorgenommenen Veränderungen besser oder schlechter geworden ist, in welchen Passagen ich Zeit gewonnen und in welchen verloren habe. Das Endergebnis der Besprechung sind weitere Veränderungen am Auto. Bei Aerodynamiktests werden immer wieder neue Teile ans Auto gebaut. Danach fahre ich wieder raus und drehe erneut 5 bis 10 Runden. Der Grundablauf ist immer gleich: Fahren, besprechen und wieder raus. So läuft es den ganzen Tag.

Christian kennt den Circuit de Catakunya wie seine Overalltasche., Foto: Sutton
Christian kennt den Circuit de Catakunya wie seine Overalltasche., Foto: Sutton

An so einem Testtag fahre ich locker eineinhalb bis zwei Renndistanzen, also um die 100 Runden. Mit dem Testende ist die Arbeit aber noch nicht getan. Ab halb sechs stehen wieder Meetings an, in denen ich den gesamten Tag noch einmal mit den Ingenieuren durchgehe. Wir besprechen jede Veränderung und deren Auswirkung, schauen uns gemeinsam die Daten an und analysieren, welche Verbesserungen wir für das Rennwochenende mitnehmen. Als Fahrer ist es meine Aufgabe, den Ingenieuren zu vermitteln, wie sich das Auto in der Kurve oder mit einer bestimmten Einstellung verhält, damit sie ein Gefühl dafür bekommen, was auf der Strecke passiert.

Ein Testtag dauert lange und ist anstrengend - er ist sehr harte Arbeit. Langweilig wird mir dabei nie. Es gibt immer Dinge, die ausgetestet werden müssen. Schließlich steht über allem die Herausforderung, die entscheidenden Zehntel zu finden, die beim nächsten Rennen den Unterschied ausmachen. Außerdem fährt jeder Rennfahrer gerne mit einem Formel 1-Auto. Neben der Arbeit steht immer der Spaß im Vordergrund - also die Freude am Fahren oder in diesem Fall die Freude am Testen.